Jugendarbeit geht neue Wege
31.03.2020 WohlenFür viele Jugendliche ist der Treff im eigenen Dorf eine wichtige Anlaufstelle. An anderen Orten sorgt die mobile Jugendarbeit für Action. Aber auch Mädchentreffs, Sunday Kids-Sports oder die Bewerbungsbüros sind gefragte Angebote des Vereins für Jugend und Freizeit, der ...
Für viele Jugendliche ist der Treff im eigenen Dorf eine wichtige Anlaufstelle. An anderen Orten sorgt die mobile Jugendarbeit für Action. Aber auch Mädchentreffs, Sunday Kids-Sports oder die Bewerbungsbüros sind gefragte Angebote des Vereins für Jugend und Freizeit, der in vielen Freiämter Gemeinden für die Jugendarbeit zuständig ist. Doch all diese Angebote haben etwas gemeinsam – sie sind wegen Corona auf Eis gelegt. Die Jugendarbeiter sind aber weiter für die Jungen da. --chh
Jugendarbeit wird digital
Der Verein für Jugend und Freizeit (VJF) hat trotz Coronakrise alle Hände voll zu tun
Die Jugendtreffs sind in allen Gemeinden geschlossen. Doch die Mitarbeiter des VJF legen die Hände nicht in den Schoss. Sie machen neue Angebote für die Jugendlichen. Und unterstützen die Gemeinden in dieser schwierigen Zeit auf vielfältige Weise.
Chregi Hansen
Tote Hose in der Jugendarbeit? Von wegen. «Wir haben mehr als genug zu tun, langweilig wird uns sicher nicht», lachen die beiden Co-Geschäftsführer Karin Stoll und Lukas Vogt vom Verein für Jugend und Freizeit. Und das gelte nicht nur für die Geschäftsstelle selber, sondern auch für die Arbeit in den verschiedenen Gemeinden. Vorerst also droht keine Kurzarbeit. «Unsere Mitarbeiter sind weiter gefordert», sagt Vogt.
Seit über zwei Wochen sind die einzelnen Treffs jetzt geschlossen. «In der ersten Woche setzten wir stark auf die mobile Jugendarbeit, unsere Mitarbeiter waren viel in den Gemeinden unterwegs», berichtet Vogt. «Aber nicht, um die Jugendlichen zu bespassen und zu unterhalten, sondern um sie auf die neuen Regeln aufmerksam zu machen», fügt er an. Dabei ging es nicht darum, quasi Polizei zu spielen, «das würde die Beziehung gefährden, die wir aufgebaut haben», sondern um die Jungen zu überzeugen, dass sie nun eben zu Hause bleiben sollen. «Zu Beginn gab es noch viele Treffpunkte im öffentlichen Raum, das hat sich aber stark gebessert», berichtet Stoll.
Grosses Know-how vorhanden
Nun gehe es darum, den Jungen zu Hause etwas zu bieten. Seien es bestimmte Challenges, gemeinsame Spiele übers Internet, Bastel- oder Kochrezepte. «Wir wollen auf diese Weise im Kontakt bleiben mit ihnen und dabei helfen, dass den Jungen die Decke nicht auf den Kopf fällt», erklärt Vogt. Dabei kommt dem VJF jetzt zugute, dass man in Sachen Informatik und Vernetzung in den letzten Jahren bereits viel investiert hat. Das Know-how unter den Mitarbeitern ist riesig. Und sie tauschen sich auch regelmässig aus, geben Tipps, was gut funktioniert», berichtet Stoll. Diesen Austausch gab es bereits früher in der «analogen Welt», aber online wird dies viel mehr genutzt. «Es ist unser Ziel, dass die Öffnungszeiten der Treffs weiter eingehalten werden, aber eben einfach in der digitalen Welt», macht Stoll deutlich.
Flüchtlinge nicht vergessen
Viele Arbeiten fallen auch trotz der Schliessung an. So etwa das Schreiben des Jahresberichts, die Erfassung der statistischen Zahlen, die Planung der kommenden Events. Einige nutzen die Zeit auch, um die Treffs auf Vordermann zu bringen, zu räumen oder zu malen. Und nicht zuletzt bietet die Jugendarbeit den Gemeinden ihre Hilfe an bei der Koordinierung der Freiwilligeneinsätze. «Ganz viele Junge möchten gerne etwas leisten in dieser Zeit. Wir können diese Einsätze koordinieren», ist Stoll überzeugt. So ist der VJF eingebunden in die Wohler Hotline, aber auch beim Villmerger Hilfsprojekt. «Wir sind für die Gemeinden da. Wo es uns braucht, machen wir Angebote», ergänzt die Co-Geschäftsleiterin.
Integriert ist dabei auch die Toolbox. «Wir sind gut vernetzt und haben Personen, die in verschiedenen Sprachen Auskunft geben können», erklärt Katharina Stäger, die für die Integrationsangebote zuständig ist. Viele der Migranten seien bestens informiert, erfahren sie doch aus ihrer Heimat, was Corona ist und bedeutet. «Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde ist sehr gut», betont Stäger. Die Toolbox laufe wie die Jugendarbeit weiter, «einfach anders». Auch mit den Freiwilligen in den verschiedenen Flüchtlingsprojekten sei man im Austausch. Deren reguläre Angebote sind vorerst auf Eis gelegt. «Aber auch da entwickelt sich Neues, zum Beispiel Online-Deutschkurse», freut sich Stäger. Leider seien viele Asylunterkünfte technisch nicht gut ausgerüstet. Und viele Flüchtlinge noch schlecht informiert. «Aber das ist Sache der Kantone. Wir sind nur für die Koordination der Freiwilligen zuständig», macht Stäger deutlich.
Der Vereinsamung begegnen
Es ist spürbar, der VJF meistert die Coronakrise bisher mit Bravour. Allerdings: Wie sich dies auf die Länge entwickelt, das könne man nicht sagen. «Wir nehmen Woche für Woche», betonen Vogt und Stoll. Und sie befürchten, dass es zu psychischen Problemen kommen kann, wenn die Massnahmen noch länger anhalten. «Es ist wichtig, der drohenden Vereinsamung aktiv zu begegnen», sagt Stoll. Das gelte nicht nur für die Jungen, sondern auch für die Erwachsenen. In diesem Sinne begrüsst es Stäger, dass die Gemeinde Wohlen die älteren Menschen aktiv anruft. «Viele freuen sich darüber. Es geht dabei gar nicht immer um das Vermitteln von Hilfe, manche wollen einfach etwas plaudern», so ihre Erfahrung. Aber nicht nur die Senioren tun sich schwer mit dem Alleinsein, auch den Jungen fehlt – trotz der Online-Möglichkeiten – der soziale Kontakt. «Im Moment halten sich die meisten an die Vorgaben. Aber wenn diese Massnahmen länger dauern, dann kommt irgendwann der Koller. Dann werden die Jungen wieder rausschleichen», ist Vogt überzeugt. Dann werden auch die Jugendarbeiter wieder gefragt sein. «Wir müssen dranbleiben», findet darum Stoll.
Und auch wenn die momentane Krise niemanden unberührt lässt, so sieht die Geschäftsleitung des VJF durchaus auch positive Aspekte. «Wir lernen momentan sehr viel für die Zukunft», sind Lukas Vogt und Karin Stoll überzeugt. Es benötige eben Engagement und Kreativität, um neue Angebote zu schaffen. Und eine Botschaft ist den beiden besonders wichtig. «Wir sind für die Gemeinden da, man darf uns für Hilfe anfragen.» Einige haben das schon getan, andere dürfen gerne folgen.