Der Mensch ist manchmal unerwünscht
31.03.2020 Wohlen«Die Menschen nicht vergessen», Leserbrief von Walter Oettli in der Ausgabe vom 27. März.
«Die Menschen nicht vergessen», «die Menschen werden nicht gehört in der Politik und bei den Verwaltungsangestellten», «die Wünsche der ...
«Die Menschen nicht vergessen», Leserbrief von Walter Oettli in der Ausgabe vom 27. März.
«Die Menschen nicht vergessen», «die Menschen werden nicht gehört in der Politik und bei den Verwaltungsangestellten», «die Wünsche der Einwohner werden selten erfüllt»: Solche Leserbriefaussagen tönen auf den ersten Blick volksverbunden, betroffen fühlend, ja sogar richtig empathisch. Wenn jedoch die Menschen gehört und deren Wünsche erfüllt würden, wäre das doch sicher viel besser, oder? Der Regenwald im Amazonasgebiet zum Beispiel brennt ja nur, weil die Wünsche der arbeitsplatzschaffenden Holzindustrie erfüllt werden. Und die Meere sind vielerorts bereits leergefischt, gerade weil Regierungen die Steuern der Fischindustrie nicht vergessen. Nur zwei von Hunderten anderer Beispiele aus aller Welt, die zeigen, was passiert, wenn «die Menschen nicht vergessen werden».
Es ist jetzt natürlich wieder einmal typisch, den Büelisackerkanal in Wohlen mit dem Regenwald in Brasilien zu vergleichen, aber es ist nun halt mal so: Die «legitimen Forderungen der Menschen vor Ort» dürfen zumindest hier, wo wir es uns leisten können, nicht mehr das Mass aller Dinge sein. Und gerade weil das so sein sollte, wird ja auch «extrem lang geplant» und die «Interessen der Vögel, Fische, Kröten, Frösche, von Flora und Fauna» in den Arbeitsgruppen diskutiert. Im Wissen darum, dass gelegentlich, aber zum Glück immer öfter die Menschen und deren Bedürfnisse «links liegen gelassen» werden müssen. Nicht vergessen, wohlverstanden, aber einfach als weniger hoch gewertet als die Bedürfnisse anderer Anspruchsgruppen. Weil diese Anspruchsgruppen aber nicht selber an den «unendlichen Sitzungen» teilneh- men und sich dort äussern können, sind «Aussenstehende», die ihre eigennützigen Interessen durchdrücken wollen, manchmal unerwünscht. Interessen wie dasjenige, «ghaue oder gstoche», den Büelisackerkanal trockenen Fusses überqueren zu wollen. Da kann man nur hoffen, dass die Verantwortlichen sich nicht von diesem irregeleiteten Vorwurf der «Verhöhnung unserer demokratischen Strukturen» beeinflussen lassen und endlich ganz öffentlich sagen: «Wir haben die Interessen abgewogen und das ‹trockenen Fusses›-Argument für zu leicht befunden.»
Peter Keller, Bremgarten