«Joggen ist nicht verboten»
31.03.2020 WohlenMit 84 Jahren hat Chabi Burkart schon einiges erlebt, das Coronavirus ist aber etwas ganz Neues
Er gehört im hohen Alter zur Risikogruppe. Chabi Burkart geht trotzdem mit dem Hund spazieren, joggen und in den Garten. «Ich begegne niemandem», sagt der Wohler ...
Mit 84 Jahren hat Chabi Burkart schon einiges erlebt, das Coronavirus ist aber etwas ganz Neues
Er gehört im hohen Alter zur Risikogruppe. Chabi Burkart geht trotzdem mit dem Hund spazieren, joggen und in den Garten. «Ich begegne niemandem», sagt der Wohler und erinnert sich zurück an den Zweiten Weltkrieg, als ebenfalls Ausnahmezustand herrschte.
Stefan Sprenger
«Ich kann nicht immer zu Hause sitzen», sagt Kaspar Burkart. Er ist 84 Jahre alt, seine Frau Paulette feierte vor wenigen Tagen ihren 85. Geburtstag. In Zeiten des Coronavirus gehören sie zur Risikogruppe. «Wir sind meistens in der Wohnung», erzählt er. Und da gibt es so einiges zu beobachten. Aus seiner Küche sieht er auf den Spielplatz der Turmstrasse in Wohlen. Dort konnte er letzte Woche mitansehen, wie sich Jugendliche trotz Verbot in grösseren Gruppen trafen. «Die Polizei musste anrücken und sie zurechtweisen», so Burkart. Mittlerweile sei es besser geworden.
Der Einkauf für das Paar erledigt die Tochter. Der agile Senior kann aber nicht die ganze Zeit in der Wohnung sitzen. Das konnte er noch nie. Er geht mit dem Hund seiner Schwester spazieren, geht in den Schrebergarten gleich neben seiner Wohnung – und er macht das, was er die letzten Jahrzehnte praktisch jeden Tag getan hat: joggen. Burkart meint: «Joggen ist ja nicht verboten.» Bei seinen Tä- tigkeiten an der frischen Luft begegne er niemandem. Und wenn, dann weicht er aus. «An die empfohlenen Vorschriften sollten sich alle halten. Wir sitzen nämlich alle im gleichen Boot.» Wie einfach, wie weise.
Rationierungen gegen Klopapier-Kauf?
Normalerweise kommt Chabi Burkart mehrere Male pro Woche auf die Redaktion dieser Zeitung. Er bringt die neusten Berichte zur Läuferriege Wohlen vorbei. Geschrieben mit Schreibmaschine. Das tut er schon seit über 50 Jahren. Doch nun kommt er nicht mehr. Der Grund: «Der Verein ist lahmgelegt. Es finden keine Läufe statt. Man darf nicht einmal mehr miteinander trainieren», erzählt er. Für den passionierten Läufer, der in seiner Karriere 1358 Wettkämpfe bestritt, ein Ausnahmezustand, an den er sich nur schlecht gewöhnen kann.
Chabi Burkart, Jahrgang 1935, er erinnert sich zurück an seine Kindheit. Dort gab es eine vergleichbare Situation des Ausnahmezustands. Der Zweite Weltkrieg von 1939 bis 1945. Just als der Krieg ausbrach, zügelte die Familie Burkart nach Wohlen. «Wir gingen trotzdem zur Schule, eine Ausgangssperre gab es nicht. Allerdings musste wir abends das Zimmer verdunkeln», erzählt er. Die Verdunkelung war eine Massnahme, damit die feindlichen Flieger die Orientierung nicht hatten und sie somit die Ziele nur schwer erkennen konnten.
Ganz anders als heute: In Wohlen habe während des Kriegs kein Geschäft schliessen müssen. «Es gab Rationierungen für die Lebensmittel. Eine Mutter mit Kindern erhielt beispielsweise mehr Milch als andere.» Eine Massnahme, die gemäss Chabi Burkart heute auch noch gut funktionieren würde. «Dann würden nicht alle Toilettenpapier zu Hause hamstern», meint er lachend.
Respekt, aber keine Angst
Den Humor hat er trotz den aktuell schwierigen Umständen nicht verloren. Es sei für alle «en Seich». Angst habe er keine. «Aber Respekt vor diesem Virus. Denn Zustände, wie sie momentan herrschen, habe ich noch nie erlebt in meinen 84 Lebensjahren.» Wichtig sei, dass man mit einem Lächeln durchs Leben geht. Also nicht vergessen: Wenn Sie einen älteren Herrn mit weissem Haar an der Bünz entlangjoggen sehen, sollten Sie erstens Abstand halten und zweitens lächeln.