Mitten im Konflikt
14.02.2020 Region UnterfreiamtLukas Hupfer berichtet von seiner Zeit im Nahen Osten
Ein Jahr lang war Lukas Hupfer in Israel und Palästina als Beobachter unterwegs. Jetzt erzählt er in Villmergen von seinen Erlebnissen vor Ort.
«Die Gewalt war jeden Tag präsent», ...
Lukas Hupfer berichtet von seiner Zeit im Nahen Osten
Ein Jahr lang war Lukas Hupfer in Israel und Palästina als Beobachter unterwegs. Jetzt erzählt er in Villmergen von seinen Erlebnissen vor Ort.
«Die Gewalt war jeden Tag präsent», sagt Lukas Hupfer. Am ökumenischen Seniorennachmittag im katholischen Kirchgemeindehaus durfte er über seine Erlebnisse im Nahostkonflikt referieren. Er war Teil einer Beobachtermission in Hebron, einer palästinensischen Grossstadt. «Wir wurden von der israelischen und palästinensischen Regierung eingeladen, um das Geschehen dort zu beobachten und Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren», erklärt Hupfer.
Der Saal im Kirchgemeindehaus ist bis auf den letzten Platz gefüllt, die Gäste lauschen ihm mit grossem Interesse. Hupfer war als einer von fünf Schweizern vor Ort, in einem Team von 65 Personen. Sie durften sich frei in der Region bewegen, allerdings nur in Zweiergruppen. Zwischen 2012 und 2017 war er beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) tätig. Er studierte Geschichte und Politik, beschäftigte sich schon damals mit dem Nahostkonflikt. «Es ist sehr speziell, wie systematisch die israelischen Siedler ihr Einflussgebiet ausbauen», sagt Lukas Hupfer. So leben beispielsweise mitten in der Grossstadt Hebron 800 israelische Siedler in fünf Siedlungen. Man sagt, dass Israel ein taktisches Interesse daran hat, solche Siedlungen in palästinensischen Gebieten zu bauen. Denn die Siedlungen werden von anderen Staaten als illegal angesehen.
«Pro Monat haben wir 300 Menschenrechtsverletzungen registriert, davon kamen 90 Prozent von der israelischen Seite.» Eingreifen durften sie nicht, lediglich dokumentieren. Doch vor einem Jahr war Schluss. Die israelische Regierung wollte die unabhängigen Beobachter nicht mehr. Die israelischen Siedler fühlten sich beobachtet und kamen mit dem Bau von neuen Siedlungen nicht mehr schnell voran.
Die Krise in Gaza
Es ist ein sehr heikles Thema. Hupfer erklärt es den Senioren im Saal ausführlich, geht auch auf Fragen ein. Auch als am Schluss eine Diskussion ausbricht, bleibt er sachlich und erläutert den Anwesenden die Fakten. «Waren Sie auch in Gaza?», fragt eine Seniorin. «Ja», sagt Hupfer und führt aus: «Wir sind in gepanzerten Fahrzeugen dorthin gefahren. Zweimal war ich mit EDA-Delegationen dort. Wir haben uns mit NGOs und internationalen Organisationen ausgetauscht. Aber wir konnten nicht mit den Menschen, die dort leben, direkt sprechen.» Er macht eine kurze Pause. «Die Situation in Gaza ist eine humanitäre Katastrophe. Das Abwassersystem funktioniert nicht, die Abfallbewirtschaftung ebenfalls nicht. Sie haben nur zu bestimmten Zeiten Strom.» Gaza ist von aussen völlig abgeriegelt. Israel kontrolliert die Grenze zu seinen Gebieten und auch die Grenze zu Ägypten ist faktisch geschlossen.
Das grösste Problem ist aber, dass die Palästinenser und Israeli grösstenteils keinen Kontakt zueinander haben. «Da findet eine Entmenschlichung statt, die Fronten verhärten sich.» Die junge, heranwachsende Generation wird nur einseitig mit Informationen versorgt. Damit steigt auch das Risiko, dass der Konflikt nie ganz gelöst werden kann. «Als ich zurückkam, war ich ernüchtert», sagt Lukas Hupfer. Mit der Aussenpolitik befasst er sich nach wie vor, nicht mehr beim EDA, sondern bei der Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik. --chg