Am Erdkabel festhalten
14.02.2020 Fischbach-GöslikonRegion steht hinter dem Verein Verträgliche Starkstromleitung Reusstal
Die drei Regionalplanungsverbände im Freiamt, der Vorstand der Gemeindeammännervereinigung des Bezirks Muri sowie viele Gemeinden zeigen sich solidarisch mit dem Verein Verträgliche ...
Region steht hinter dem Verein Verträgliche Starkstromleitung Reusstal
Die drei Regionalplanungsverbände im Freiamt, der Vorstand der Gemeindeammännervereinigung des Bezirks Muri sowie viele Gemeinden zeigen sich solidarisch mit dem Verein Verträgliche Starkstromleitung Reusstal.
Erika Obrist
Konsterniert war das Publikum, nachdem das Bundesamt für Energie Ende November 2019 in Bremgarten den Planungskorridor für die 380-Kilovolt-Leitung von Niederwil nach Obfelden vorgestellt hatte. Im Vorfeld hatten sich 21 von 26 Gemeinden und Organisationen für eine Erdverkabelung der Leitung im Reusstal ausgesprochen. Das Bundesamt jedoch will eine Freileitung von Niederwil über Wohler Gebiet, an Hermetschwil-Staffeln vorbei nach Besenbüren. Von dort soll ein Erdkabel unter der Reuss verlegt werden nach Jonen und weiter mit einer Freileitung bis Obfelden. «Wir haben keine Stimme», so das Fazit von Ursula Vanal, Vorstandsmitglied des Vereins Verträgliche Starkstromleitung Reusstal (VSLR). Dieser setzt sich seit jeher für eine Verkabelung der neuen Leitung im Reusstal ein.
«Vorliegende Variante nicht mittragen»
Vorgestern verabschiedete der VSLR an seiner Generalversammlung seine Stellungnahme im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens. Der Verein hält an einer Erdverkabelung der Höchstspannungsleitung im Reusstal fest. Und er erhält Unterstützung. Wie Walter Koch, Gemeindeammann von Niederwil, informierte, haben die Regionalplanungsverbände Oberes Freiamt und Mutschellen-Reusstal-Kelleramt ihre Mitglieder aufgefordert, die Stellungnahme des VSLR zu übernehmen. «Wir stehen zur Region», so Walter Koch. Das tut auch die Repla Unteres Bünztal, wie Präsident Arsène Perroud, Wohlen, ausführte. «Wir tragen die vorliegende Variante des Bundes nicht mit; vielmehr halten wir an der Erdverkabelung fest.»
Auch für die Gemeindeammännervereinigung des Bezirks Muri ist die Variante des Bundesamts für Energie nicht akzeptabel, weil sie das Problem nur verschiebe statt löse. Der Vorstand ist der Ansicht, dass die Leitung auf der ganzen Länge verkabelt werden muss. «Das sind gute Neuigkeiten», freute sich Vereinspräsident Hans Kneubühler.
Den Kanton ins Boot holen
Stellungnahme des Vereins Verträgliche Starkstromleitung (VSLR) verabschiedet
Eine unabhängige und detaillierte Studie über technische Möglichkeiten und die finanziellen Auswirkungen einer Leitungsverkabelung im Reusstal fordert der VSLR vom Bundesamt für Energie.
Erika Obrist
Die Freiämterinnen und Freiämter trauten ihren Augen und Ohren kaum, als das Bundesamt für Energie (BFE) am 28. November die Bevölkerung in Bremgarten informierte, durch welches Gebiet die 380-Kilovolt-Leitung von Niederwil nach Obfelden geführt werden soll. In einer ersten Vernehmlassung hatte sich die überwiegende Mehrheit der Gemeinden und Organisationen für ein Erdkabel im Reusstal ausgesprochen. Und was präsentierte das BFE? Eine Freileitung von Niederwil über Wohler Gebiet nach Hermetschwil-Staffeln bis Besenbüren; eine Freileitung von Jonen bis Obfelden; zwischen Besenbüren ein Erdkabel.
«Begründung nicht nachvollziehbar»
Die Leute verstanden die Welt nicht mehr. Erst recht, als ihnen von Vertretern des Bundesamts beschieden wurde, dass es sich bei der Festsetzung des Planungskorridors nicht um einen demokratischen Prozess handle, sondern um ein gesetzlich festgelegtes Verfahren der Bundesbehörden. Immerhin: Im Rahmen der Anhörung und Mitwirkung können Private, Gemeinden und Organisationen bis 29. Februar Stellungnahmen zur vorgeschlagenen Variante des Bundes abgeben.
Der Verein Verträgliche Starkstromleitung Reusstal (VSLR), der sich seit Jahren für eine Verkabelung der Leitung im Reusstal einsetzt, hat eine Stellungnahme ausgeschaffen. «Die Begründung des Bundes zur vorliegenden Variante und der Kostenvergleich Freileitung oder Erdkabel sind zum Teil nicht nachvollziehbar», sagte Präsident Hans Kneubühler an der Generalversammlung vorgestern in Fischbach-Göslikon. «Auch fehlen Überlegungen zu alternativen Kabelvarianten.»
Noch viele offene Fragen
Im Wissen, dass die Stellungnahme des Vereins fundiert sein muss, hat der Verein den Bericht des Bundes den deutschen Professoren Heinrich Brakelmann und Lorenz Jarass zur Prüfung vorgelegt. Sie sollten klären, ob der Bericht des Bundes eine objektive Beurteilung der Frage «Freileitung oder Kabel?» zulasse, welche zusätzlichen Angaben notwendig wären und ob die Variante Verkabelung optimiert werden könnte. Das Fazit der Fachexperten: Es gibt eine Reihe von offenen Fragen, die vom Bundesamt für Energie beantwortet werden sollen. Erst wenn die Antworten vorliegen, könne abschliessend geprüft werden, inwieweit eine Freileitung oder eine Erdkabellösung kostengünstig und umweltverträglich umgesetzt werden kann.
Basierend auf den Erkenntnissen der Experten hat der VSLR eine umfassende Stellungnahme zuhanden des Bundesamts für Energie erstellt. Sie umfasst 17 Punkte und drei Forderungen. Erstens verlangt der Verein, dass das Bundesamt alternative Möglichkeiten der Verkabelung neu, fachmännisch und kostenbewusst prüft. Zweitens sollen die von den Professoren Brakelmann und Jarass gestellten Fragen beantwortet werden. Drittens wird eine unabhängige, detaillierte Studie über technische Möglichkeiten und die finanziellen Auswirkungen einer Leitungsverkabelung zwischen Niederwil und Obfelden verlangt. «Sollte, entgegen unserer Forderung, eine Vollverkabelung nicht zustande kommen, muss der Freileitungskorridor so geändert werden, dass die grösstmögliche Distanz zu Wohngebieten und Einzelhöfen eingehalten wird», heisst es abschliessend.
Stimme des Kantons hat Gewicht
In der anschliessenden Diskussion wurde von verschiedenen Personen gefordert, den Kanton mit ins Boot zu holen. «Wenn der Aargau hinter dem Erdkabel steht, wird es gut», sagte ein Teilnehmer. Walter Koch, Gemeindeammann von Niederwil, sagte, der Kanton Aargau habe sich in der Begleitgruppe bei der Bewertung der möglichen Korridorvarianten für die Verkabelung eingesetzt. «Aber er hat nur eine Stimme in dieser Expertengruppe.» Präsident Hans Kneubühler versprach, nochmals Kontakt mit dem Kanton aufzunehmen. «Für ihn ist wichtig, was die Region sagt – und seine Stimme hat Gewicht im Rahmen des Sachplanverfahrens Übertragungsleitungen.»
«Die Verkabelung ist die richtige Lösung», sagte Markus Dietschi, Grossrat der Grünen aus Widen. Er versprach eine parteiübergreifende Unterstützung für das Anliegen des Vereins. Worauf Wohlens Gemeindeammann Arsène Perroud, Grossrat SP, meinte, dass bereits ein parteiübergreifender Vorstoss von kantonalen Parlamentarierinnen und Parlamentariern in Arbeit sei.
Vorstandsmitglied Ursula Vanal informierte, dass das Forum Hermetschwil eine Stellungnahme verfasst hat, die von annähernd zweihundert Personen unterzeichnet worden ist.
Unterstützung erhält der VSLR auch von den Freiämter Regionalplanungsverbänden. «Die Repla Oberes Freiamt und Mutschellen-Reusstal- Kelleramt hat die Gemeinden aufgefordert, die Stellungnahme des VSLR zu übernehmen und dem Bund zukommen zu lassen», sagte Walter Koch. «Die Gemeinden stehen zur Region – das ist ein Zeichen der Stärke im Reuss- und Bünztal.»
Auch die Repla Unteres Bünztal halte an der Verkabelung der Leitung auf der ganzen Länge fest, so Präsident Arsène Perroud. Der Gemeinderat Wohlen habe seine Stellungnahme noch nicht verabschiedet. Er habe aber den Auftrag des Einwohnerrats, sich gegen die vom Bund geplante Variante auszusprechen. Eine dringliche Motion dazu war im Einwohnerrat im Januar überwiesen worden.
Vereinspräsident Hans Kneubühler freute sich über die Unterstützung. «Es ist wichtig, dass wir mit unserem Anliegen breit abgestützt sind, denn es geht um viel.» Um den Erhalt intakter Landschaften, «in denen auch unsere Nachfahren noch wohnen können», wie es Ursula Vanal ausdrückte.
Vorstand wurde bestätigt
Stephan Bärtschi ersetzt Monika Küng
Die letzten drei Jahre fiel die Generalversammlung des Vereins Verträgliche Starkstromleitung Reusstal (VSLR) aus. Weil sich der Bund Zeit liess mit dem Sachplan Übertragungsleitungen (SÜL).
Vorgestern kamen die Mitglieder wieder zur Jahresversammlung in der «Schnüzi-Schür» in Fischbach-Göslikon zusammen. In seinem Jahresbericht zeigte Präsident Hans Kneubühler auf, was sich inzwischen getan hat. So waren im Jahr 2017 zwei Fachleute von Swissgrid, der nationalen Netzgesellschaft, vor Ort und haben über die Kabeltechnik referiert. Auch die vom Bund eingesetzte Begleitgruppe im SÜL-Verfahren besuchte das Reusstal und schaute sich die Situation vor Ort an. Weiter sprach der Vereinsvorstand beim kantonalen Amt für Energie vor.
Warten und geduldig sein hiess es im Jahr 2018. Dafür endete das Jahr 2019 mit einem Paukenschlag, als das Bundesamt für Energie im November den Planungskorridor vorstellte. «Es war dramatisch, was dort passiert ist», so Hans Kneubühler.
Da in den letzten drei Jahren keine Mitgliederbeiträge eingezogen wurden, nahm das Vermögen leicht ab. Das Budget 2020 rechnet mit einem Verlust von 5400 Franken. In diesem Jahr erhalten die Mitglieder wieder eine Rechnung; die Jahresbeiträge bleiben unverändert.
Das Wissen erhalten
Im Vorstand kam es zu einem Wechsel. Monika Küng, ehemalige Grossrätin der Grünen aus Wohlen, trat zurück. «Sie war sehr aktiv und hat vor allem die Politik in Aarau für unser Anliegen sensibilisiert», so Hans Kneubühler. Aktiv war sie auch bei der Petition «Hochspannung im Reusstal in den Boden». Neben Dank und Applaus erhielt sie einen Korb mit Feinem aus der Region. Neu in den Vorstand gewählt wurde Stephan Bärtschi aus Niederwil. Die restlichen Vorstandsmitglieder wurden einstimmig wiedergewählt. Es sind dies Hans Kneubühler, Peter Stenz, Isabella Braunwalder, Esther Marty, Gottfried Stöckli und Ursula Vanal. Als Präsident bestätigt wurde Hans Kneubühler. «Der Vorstand hat enorme Arbeit geleistet», sagte Tagespräsident Alois Waser. «Es ist wichtig, dass dieses Wissen erhalten bleibt.»
Zum Schluss genehmigten die Mitglieder einstimmig die Stellungnahme des Vereins zum vom Bund vorgeschlagenen Planungskorridor der Höchstspannungsleitung. --eob