Kinder fürs Theater begeistern
14.01.2020 WohlenSternensaal lud zur «Saisoneröffnung» mit Professor Leonardo alias Thomy Truttmann
Wenn ein Kindertheater auch für Erwachsene funktioniert, dann hat man vieles richtig gemacht. Thomy Truttmann und Adi Meyer ist das ...
Sternensaal lud zur «Saisoneröffnung» mit Professor Leonardo alias Thomy Truttmann
Wenn ein Kindertheater auch für Erwachsene funktioniert, dann hat man vieles richtig gemacht. Thomy Truttmann und Adi Meyer ist das gelungen.
Chregi Hansen
Ein Versprecher ist schnell passiert im richtigen Leben. Sich aber ein ganzes Stück lang immer wieder zu verhaspeln, das ist harte Arbeit. «Ich muss mich enorm konzentrieren auf der Bühne, damit ich nicht aus Versehen plötzliche das Richtige sage», lacht Thomy Truttmann im Sternensaal, nachdem er die Rolle des verwirrten Professors abgelegt hat und mit den Gästen auf die erfolgreiche Premiere anstossen konnte.
Zuvor hat Truttmann als Professor Leonardo grosse und kleine Theaterbesucher gleichermassen begeistert. Mit seinen Ergebnissen zur Hornfischung – Verzeihung: Hirnforschung – sorgt er für viele Lacher. Sein guter Freund Adi Meyer hat ihm das Stück quasi auf den Leib geschrieben. «Adi und ich kennen uns seit über 30 Jahren und haben schon viel gemeinsam gemacht», freut sich Truttmann. «Er war es auch, der ein zweites Stück über den Professor schreiben wollte», fügt der Schauspieler an.
Der Wohler Stückeschreiber, Theaterpädagoge und Regisseur hat sich über den Auftrag gefreut. Und der Sternensaal war dabei Proberaum und Co-Produzent. «Thomy hat mir nur ganz wenige Vorgaben gemacht. Eine davon ist, dass das ganze Bühnenbild in einem Koffer Platz haben muss», erklärt Meyer. Denn Truttmann spielt oft vor Schulklassen und reist dazu mit der Bahn an. «Es ist heute nicht einfach, Kinder fürs Theater zu begeistern, aber Professor Leonardo gelingt das wunderbar», freut er sich nach der Aufführung.
Aber nicht nur die Schüler hatten ihren Spass – auch Erwachsene erlagen dem Charme dieser Figur. Das Warten auf die verschobene Saisoneröffnung hat sich also gelohnt. Und einer hat sich sogar besonders über die Verschiebung gefreut, konnte er doch gleich mitfeiern.
Besser lachen als rudern
Die nachgeholte Saisoneröffnung im Sternensaal war ein Fest für Jung und Alt
Am Freitag begeisterte er bereits mehrere Schulklassen, am Tag darauf bewies er, dass sein neues Stück «Hirnsausen» auch Erwachsene zum Lachen bringt. Für Thomy Truttmann war der Auftritt etwas Besonderes, gibt es doch enge Beziehungen zwischen ihm und Wohlen.
Chregi Hansen
Eine echte Premiere war es nun nicht mehr. Nachdem der Innerschweizer Schauspieler im September seinen Auftritt im Sternensaal aus gesundheitlichen Gründen absagen musste, hat er sein neues Stück «Hirnsausen» schon einige Male vor Schulklassen gespielt. Trotzdem war der Auftritt am Samstag etwas Besonderes. «Es ist ein Unterschied, ob ich nur vor Kindern spiele oder ob auch Erwachsene dabei sind», sagt er.
Aber auch für den Sternensaal war der Auftritt etwas Spezielles. Darum wurde das für September geplante Programm zur Saisoneröffnung auch nachträglich komplett durchgezogen. Samt der obligaten Vernissage des Schaukastens und dem traditionellen Apéro. Schliesslich ist der Sternensaal Co-Produzent der Stücks «Hirnsausen» und Truttmann hat oft hier geprobt. Und der Autor des Theaters ist mit Adi Meyer ein Urgestein des Sternensaal-Teams. Nicht zuletzt hat Edith Szabò nicht nur die wunderlichen Maschinen im neuen Stück designt, sondern auch die diesjährige Gestaltung des Schaukastens im Saal an die Hand genommen. Und sorgt dafür, dass die Lichtanlage im Theater immer funktioniert.
Für Thomy Truttmann war es aber auch ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten. Er und Meyer kennen sich seit über 30 Jahren. Zusammen haben sie neben vielen gemeinsamen Stücken in den 90er-Jahren mehrere Programme des Circus Monti kreiert. Im Publikum waren denn auch alle drei Monti-Brüder: Johannes, Nick und Andreas Muntwyler. Letzterer feierte gleich noch Geburtstag an diesem Abend – und offerierte allen Zuschauern einen Apéro. Kein Wunder, strahlten nach dieser verspäteten Premiere alle um die Wette.
Fortsetzung war nicht geplant
Das lag nicht zuletzt an der Figur von Professor Leonardo, der zuvor auf der Bühne nicht nur die Kinder mit seinen Erkenntnissen zur Hirnforschung bestens unterhielt. Vor zwei Jahren schlüpfte Truttmann das erste Mal in die Rolle des zerstreuten Professors und hielt ein Referat über das Ohr. Geschrieben hatte das Stück damals Ueli Blum. «Eigentlich war das als einmalige Sache geplant. Aber Adi Meyer hat die Figur so gut gefallen, dass er sie wieder verwenden wollte», erklärt der Schauspieler nach der Aufführung. «Diese Figur eignet sich wunderbar für ein Stück für Kinder. Allein die Tatsache, dass der Professor sie zu Kollegen macht und sie mit Sie anspricht, gefällt ihnen total», sagt der Autor.
Tatsächlich gelingt es Truttmann wunderbar, das Publikum ins Stück einzubinden. Schon vor der Vorstellung begrüsst der Professor viele «Kollegen» unter den Zuschauern. Immer wieder fragt er sie im Verlauf des Abends nach ihrer Meinung und bindet sie in seine Experimente ein. Und mehrfach macht er den Faktencheck und lässt das Publikum über den Wahrheitsgehalt gewisser Aussagen zur Hirnforschung abstimmen. So lernen die Schüler (und an diesem Abend auch die Erwachsenen) sehr viel über den Menschen. So ist es beispielsweise zutreffend, dass eine Minute Lachen gleich viel Endorphine freisetzt wie 15 Minuten Rudern. Und dabei ist Lachen sicher angenehmer.
Gelacht wurde viel an diesem Abend. Die vielen Versprecher, die wunderlichen Maschinen und die passenden Vergleiche – sie machen «Hirnsausen» zu einem Erlebnis für Gross und Klein. «Für Kinder muss man anders schreiben als für Erwachsene», sagt Meyer. «Umso schöner darum, wenn beide ihren Spass haben.» Und auch Truttmann strahlt nach den Auftritten in Wohlen. «Es war toll, wie das Publikum mitgemacht hat. Sowohl bei den Schüleraufführungen am Freitag wie auch heute Abend», freut er sich. Auch nach so vielen Jahren hat er noch immer Spass daran, auf der Bühne Geschichten zu erzählen. «Und Adi hat eine wunderbare Geschichte geschrieben. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es noch weitere Stücke mit Professor Leonardo gibt.» Auch wenn es ganz schön anstrengend sein kann, einen zerstreuten Professor zu spielen, der sich dauernd verspricht.
Vorbildlicher Aargau
Beide finden es wichtig, dass schon die Kinder in Kontakt mit dem Theater kommen. «Der Aargau ist dabei mit dem Projekt Kultur macht Schule vorbildlich», findet Meyer. Und auch Truttmann schätzt die Auftritte an den verschiedenen Schweizer Schulen. «Die Kinder lassen sich immer auf die Geschichte ein und reagieren darauf», freut er sich. Und das Spielen vor Kindern halte ihn jung. So weiss er jetzt, dass die Jungen kaum noch Französisch, dafür schon früh Englisch sprechen. «Wenn ich nur vor Klassen spiele, lasse ich den Professor darum Englisch sprechen», erklärt er lachend, nachdem er in Wohlen sich radebrechend in Französisch versucht hat. Und dabei erst noch ein Wort falsch geschrieben hat. Sehr zum Gaudi des Publikums. «Das war gar keine Absicht, ich habe es nicht mal gemerkt. Aber es passt zum zerstreuten Professor», lacht er, bevor er mit dem Geburtstagskind anstösst.




