«Dieser Politstil passt nicht zu Bremgarten»
24.01.2020 BremgartenReaktionen der Parteien auf das Referendumsbegehren zur Steuererhöhung
Noch ist das Nichtzustandekommen des Referendums gegen die Steuerfusserhöhung nicht rechtskräftig, da das Komitee der Initianten eine Beschwerde einreicht. Eines ist aber klar: Die Art der ...
Reaktionen der Parteien auf das Referendumsbegehren zur Steuererhöhung
Noch ist das Nichtzustandekommen des Referendums gegen die Steuerfusserhöhung nicht rechtskräftig, da das Komitee der Initianten eine Beschwerde einreicht. Eines ist aber klar: Die Art der geführten Diskussionen passt nicht allen Ortsparteien.
Zumindest in den politischen Kreisen Bremgartens war das Referendumsbegehren der SVP und eines überparteilichen Komitees in den letzten Wochen ein grosses Thema. Bereits während der Unterschriftensammlung gab es Meinungsäusserungen, auch über die Leserbriefspalten. Nun liegt das Resultat vor. Gemäss Stadtverwaltung sind 100 Unterschriften ungültig und das Referendum ist damit nicht zustande gekommen. Dagegen wird nun eine Beschwerde eingereicht (siehe Artikel oben).
Die Ortsparteien neben der SVP anerkennen unisono die Meinungsäusserung, die die über 700 Bürger mit ihrer Unterschrift gegen die Steuererhöhung von 94 auf 97 Prozent getätigt haben. Cyril Lilienfeld (FDP) bestätigt: «Die Tatsache, dass in so kurzer Zeit eine so grosse Anzahl an Unterschriften gesammelt werden konnte, zeigt sicherlich, dass dieses Thema die Menschen in Bremgarten bewegt und eine Volksabstimmung dazu gewünscht wurde. Dass das Referendum nun an formalen Gründen scheitert, ist sicherlich bedauerlich und trägt nicht zu einer definitiven Klärung der Sache bei.» Er erklärt weiter, dass es schon bedenklich sei, wenn beide Seiten in einer politischen Diskussion den anderen vorwerfen, sie würden undemokratisch handeln, obwohl alles völlig demokratisch zu und her gegangen sei. Zur aktuellen Finanz- und Steuerpolitik des Stadtrates erklärt Lilienfeld: «Wie wir schon an der Gemeindeversammlung gesagt haben, wünschen wir uns, dass der Stadtrat auf erhöhte Ausgaben nicht einfach mit einer Steuererhöhung reagiert, sondern versucht, die Ausgaben zu reduzieren.» Die Ausgaben sollten den Einnahmen angepasst sein, meint er.
«Ernstzunehmendes Resultat»
Karin Koch Wick (CVP) sieht dies nicht ganz so: «Der Stadtrat steht seit Jahren konstant für eine sparsame, umsichtige Finanz- und Steuerpolitik ein. Er geht mit den ihm anvertrauten Steuergeldern sehr verantwortungsvoll um. Dies kann ich als ehemaliges Mitglied der Finanzkommission mit Überzeugung bestätigen.» Und: «Dass so viele Unterschriften zusammenkamen, ist möglicherweise ein Zeichen dafür, dass ein grosser Teil der Bevölkerung zu wenig über die Notwendigkeit der Steuererhöhung und die finanztechnischen Zusammenhänge eines Gemeindebudgets informiert waren. Deshalb hätten die von der SVP «verbreiteten ‹Scheininformationen› die Stimmbürger verunsichert. Und: «Dieser Politstil passt nicht zu Bremgarten.»
Stefan Dietrich (SP) erklärt, dass bei über 5000 Stimmberechtigten 770 gültige Unterschriften «ein ernstzunehmendes Resultat» seien. «Grundsätzlich ist ein Referendum bei strittigen Themen ein legitimes demokratisches Mittel. In der Regel gibt es jedoch schon viel früher sachliche und mit Argumenten untermauerte öffentliche Debatten. Diese blieben dieses Mal aus.» Er kritisiert die SVP: «Zusammengefasst muss man sich fragen, welche Art Politik die SVP-Ortspartei praktizieren möchte. Als fair, sachlich und konstruktiv kann man sie nicht bezeichnen. Eher im Gegenteil.» Durchdacht wirke das Referendum jedenfalls nicht. «Unwissenheit über finanzpolitische Abläufe und Handelsspielräume haben hier sicher auch einen grossen Anteil.» Die veröffentlichte «Wunschliste» zu Streichungen zeigt dies deutlich.
Matthias Kuoni von «Läbigs Bremgarten» meint: «Die Gründe, weshalb jemand das aktuelle Referendum unterstützt hat, können verschiedener Natur sein. Auf weite Sicht hinaus gesehen spricht jedoch nichts gegen die Steuerfusserhöhung.» Eine Abstimmung an der Einwohnergemeindeversammlung zähle genauso zu demokratischen Mitteln dazu wie ein Referendum. «Wenn sich die Parteien, Gruppierungen und Einwohnerinnen und Einwohner im Vorfeld einer Gemeindeversammlung informieren, nachfragen und Absprachen mit dem Stadtrat treffen, können allerdings viele solcher langwierigen, behindernden und nervenaufreibenden Nachgänge vermieden werden.» Und: «Wichtig erscheint uns, dass die Finanzpolitik und die damit verbundenen Steuerfussanpassungen transparent sind.»
«Die 770 Unterschriften sind sicher ein Achtungserfolg des Initiativkomitees, welchen es zu respektieren gilt. Nichtsdestotrotz haben auch mehr als 90 Prozent der Stimmberechtigten das Referendum nicht unterschrieben, was positiv zu werten ist», hält Dominik Peter (GLP) fest. «Meines Erachtens hat die SVP nicht verstanden, wie budgetiert wird und wo der Gemeinderat Handlungsspielraum hat und wo nicht.» Anhand der Wortwahl der SVP in ihren Flyern sei es ihr seines Erachtens nicht um eine demokratische Legitimation, sondern darum gegangen, «mit plakativen Argumenten mögliche Wähler zu finden. Die von ihr nachträglich vorgeschlagenen Sparmassnahmen waren entweder nicht umsetzbar – weil gebundene Ausgabe – oder hatten keinen Einfluss auf den Steuerfuss von 2020, weil Investitionsrechnung.» Er sei der Ansicht, dass der Stadtrat sowie die Finanzkommission ihre Aufgaben sehr ernst nehmen würden, so Peter weiter. --aw