«Live ist live»
31.12.2019 WohlenMein Jahr: Paul Fischer, Wohlen, Fernseh-Regisseur
«Nei! Das geds jo ned. Das glaubi jo ned!», schrie ich in mein Regie-Mikrofon, als Sven Epiney am 30. März am Ende der Tanz-Show «Darf ich bitten» vor seinem Partner Michael auf die Knie ...
Mein Jahr: Paul Fischer, Wohlen, Fernseh-Regisseur
«Nei! Das geds jo ned. Das glaubi jo ned!», schrie ich in mein Regie-Mikrofon, als Sven Epiney am 30. März am Ende der Tanz-Show «Darf ich bitten» vor seinem Partner Michael auf die Knie ging.
«Achtung an alle! Der macht ihm einen Heiratsantrag!» Alle Kameras richteten sofort ihren Fokus auf die zwei. Mein Puls stieg. Denn normalerweise proben wir im Schweizer Fernsehen für eine solche grosse Live-Show alle Details genau durch, damit dann abends keine Fehler passieren. Die Show an jenem Abend lief auch super und fehlerlos. Und jetzt das! Es war wirklich eine Überraschung für alle. Keiner wusste davon, nicht mal die Moderatorin Sandra Studer.
Nach der Show kam Sven Epiney zu mir und wollte sich bei mir für diese ungeplante Aktion entschuldigen. «Sven», sagte ich ihm auf die Schulter klopfend, «es war mir eine Ehre, bei deinem Heiratsantrag live dabei gewesen zu sein.» Es war auch für mich ein ganz besonderer Abend – noch nie in meiner 34-jährigen TV-Zeit hatte ich so etwas erlebt. Es wurde mir aber auch wieder einmal ganz klar bewusst, was Live-Fernsehen heisst: Alles, was wir im Studio machen oder was dort passiert, sehen die Zuschauer gleichzeitig zu Hause. Da kann nichts mehr geändert oder korrigiert werden. Draussen ist draussen oder ganz unter dem Motto: «Live is Live».
Und «Live is Life» (Leben) – unter diesem Motto stand etwas anderes, das mir dieses Jahr grosse Freude machte: Die zwei Konzerte mit meiner «alten» Rock-Band «NH3». Ich weiss, ich weiss... wir haben schon so oft gesagt, dass es das letzte Konzert ist… Aber wenn uns halt jemand anfragt, dann juckt es uns schon wieder in den Fingern.
Es ist für mich immer wieder ein besonderes Erlebnis, zuerst im Übungsraum unsere vor 40 Jahren selbst geschriebenen Songs zu proben und danach auf einer Bühne vor Leuten zu spielen. Das ganz Besondere daran ist, dass ich dann wieder eintauche in meine (wilde) Jugendzeit, als wir zu viert durch unsere Nachbarländer zogen und mit unseren Songs in vielen Clubs für super Stimmung sorgten. Es ist echt schön, dieses Gefühl im späten Rock-Alter (sozusagen «When I am 64») mit meinen drei besten Freunden nochmals zu durchleben. Eben: Live(-Music) is Life!»
Leben heisst für mich aber auch: draussen sein. Die Natur und den Körper spüren, wie man so schön sagt. Auch in dieser Beziehung habe ich mir dieses Jahr selber eine grosse Freude gemacht. Ich habe mir ein neues Touren-Rennvelo gekauft (mit Motor – bitte nicht weitersagen!). So bin ich halt wieder mal mit meinem Vehikel rund um den Zugersee gefahren. Wie früher, als ich noch Bubenund Juniorenrennen für den Velo-Club Wohlen fuhr.
Es machte mir wieder riesig Spass. Und ich fühlte mich auch wieder jung – bis am anderen Tag, als der Muskelkater mir wieder deutlich machte, wie alt ich bin. Aber da gibt es nur eines: wieder aufs Velo und ab die Post.
Paul Fischer arbeitet als Regisseur beim Schweizer Fernsehen und ist dort verantwortlich für ganze viele Shows und Live-Sendungen.

