Zum Ausbruch motivieren
17.12.2019 WohlenAusstellung und Performance von Christof Burkard im Schlössli
Genau so, wie die Bünz in den vergangenen Jahren ihr enges Korsett gesprengt hat und sich jetzt neue Wege sucht, so will auch der Waltenschwiler Jurist und Künstler Neues wagen. Die Ausstellung im ...
Ausstellung und Performance von Christof Burkard im Schlössli
Genau so, wie die Bünz in den vergangenen Jahren ihr enges Korsett gesprengt hat und sich jetzt neue Wege sucht, so will auch der Waltenschwiler Jurist und Künstler Neues wagen. Die Ausstellung im Schlössli fordert die Betrachter auf, sich selbst neu zu betrachten.
Chregi Hansen
Als Christof Burkard als junger Mann das Freiamt verliess, da floss die Bünz als schnurgerader Kanal Richtung Norden. «Ein Kanal ohne Seele in einer leeren und öden Landschaft», wie es Christof Burkard in seinen Erinnerungen beschreibt.
Inzwischen ist der in Zürich lebende Burkard wieder öfter im Freiamt. Und hat festgestellt, dass sich sehr vieles verändert hat. «Die Bünz hat ihr Bett verlassen. Sie windet sich jetzt durch das Tal und hat dabei so manches Ufer unterspült. Sie ist heute wieder Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen, sogar Partys von Jugendlichen finden an ihrem Ufer statt. Das hätten wir uns zu unserer Zeit nicht vorstellen können», hält er in seinen Notizen fest. Vorgelesen werden diese an der Ausstellung durch Partnerin Hildegard Keller, die beiden bilden seit einiger Zeit das Duo Maulhelden. Und dieses Duo hat zum Anlass im Schlössli geladen.
Auch als Duo gewohnte Pfade verlassen
«Maulhelden schwatzen nicht nur, sie tun auch etwas», fasst Keller das Konzept zusammen. Sie, die Literaturprofessorin, und er, der studierte Jurist, verbinden ihre Leidenschaft für die Kultur, die Literatur, die Geschichte und vor allem auch das Kochen und organisieren Events, Seminare, Führungen oder eben auch Ausstellungen. «Wir sind heute wie die Bünz breit unterwegs, haben unseren eigenen Kanal verlassen», findet Keller eine Parallele zu den Bildern von Christof Burkard.
Für diesen heisst das konkret: Er malt heute wieder mehr als früher. «Viele fragen mich, wie ich als Jurist zum Malen gekommen bin. Aber eigentlich müsste man sich fragen, wie einer wie ich Jurist werden konnte», erzählt der Künstler anlässlich der Ausstellung. Denn gemalt hat der Waltenschwiler schon immer. Schon als Kind. «Das hatte für die Eltern den Vorteil, dass ich ruhig war. Umgekehrt bekam ich für meine Bilder Lob und Bestätigung», erinnert er sich. Und: Bilder geben dem Künstler immer etwas zurück, ist er überzeugt. Und sie haben immer auch mit Erinnerungen zu tun.
Um Erinnerungen geht es auch in seiner neuen Ausstellung. «Erinnerungen müssen täglich neu erschaffen werden», sagt er. Das heisst: Seine alten Bilder, die er von der kanalisierten Bünz hat, sind zu überdenken und zu korrigieren. Und darum hat er immer wieder den Fluss gemalt und ihn dabei verknüpft mit anderen Erinnerungen aus seinem Kopf. «Ich habe beim Aufräumen im Elternhaus in Waltenschwil viel gefunden, was mich an früher erinnert hat», erklärt er. Etwa Walter Burkarts Buch «Der Reiherjäger vom Gran Chaco» – ihn verpflanzt er samt Tochter Erika Burkard von Südamerika ins Dickicht der neuen Bünz. Oder seine vielen unverkauften Flaschenbilder («ein Schatz und gleichzeitig ein Fluch»), die er in jungen Jahren in der «Sonne» ausgestellt hat. Jetzt lässt er diese Flasche symbolisch die Bünz herunterfliessen.
Das Rudern und Steuern nicht ganz vergessen
«Diese Ausstellung ist auch eine Art Erinnerungsarbeit», gibt er zu. Die Bilder würden ihm helfen, die eigene Geschichte greifbar zu machen, sie festzuhalten und sie allenfalls gar zu verstehen. Gleichzeitig soll sie ein Aufruf sein. «Die Bünz flüstert uns zu: Renaturiert euch. Was sie kann, können auch wir Menschen. Unseren fest vorgegebenen Kanal verlassen und unser Leben weiter und abwechslungsreicher gestalten», ist der Maler überzeugt. Wie das Wasser soll der Mensch durch sein Leben mäandrieren – aber dabei nicht ganz vergessen, zwischendurch zu rudern und zu steuern.
Das Thema Befreiung prägte das ganze Wochenende im Schlössli. So stand eine alte Jukebox im Raum, die zwar noch funktioniert, aber ihre Musik rein zufällig abspielt. Auch sie hat sich befreit vom Zwang der Programmierung.
Aber auch das Thema Kulinarik darf an einem Anlass der Maulhelden nicht fehlen. Dazu hatte Burkard zusammen mit Freunden extra eine schmackhafte Bünzwurst kreiert. Für den passenden musikalischen Rahmen sorgte an diesem Abend der Musiker Wieslaw Pipszynsli, besser bekannt als «Pip». Ob am Klavier, an der Handorgel oder am Theremin, er fand immer die passenden Melodien zu den Texten. Auch er befreite so manche bekannte Melodie aus ihren vorgegebenen Noten und überraschte mit spannenden Improvisationen. Und setzte damit dem gelungenen Anlass die Krone auf.



