Zu Besuch bei der «Wilden Hilde»
03.12.2019 WohlenChaostheatergruppe feierte mit «Es Puff i de WG» ein gelungenes Comeback
Nach drei Jahren Pause und diversen Abgängen präsentierte der Verein eine weitere höchst amüsante Eigenproduktion. Autorin Janine Meier hatte ihren Kolleginnen und ihrem ...
Chaostheatergruppe feierte mit «Es Puff i de WG» ein gelungenes Comeback
Nach drei Jahren Pause und diversen Abgängen präsentierte der Verein eine weitere höchst amüsante Eigenproduktion. Autorin Janine Meier hatte ihren Kolleginnen und ihrem Kollegen die Rollen quasi auf den Leib geschneidert. Sehr zur Freude des Publikums.
Chregi Hansen
In der Zürcher WG von Michel (Marc von Flüh), Pia (Silvia Etterlin) und Sarah (Janine Meier) geht es drunter und drüber. Während Michel mit seinem Erotikgeschäft Konkurs macht und die verbliebenen Artikel für die Weihnachtsdeko nutzt, fiebert die angehende Schauspielerin Sarah ihrem ersten Auftritt in einem Werbespot für Käseschnitte entgegen und macht alle nervös. Und die seriöse Geschäftsfrau Pia steht zwar vor einer Beförderung zum CEO, muss davor aber abnehmen, damit sie in die Kleider der Vorgängerin passt. «Also wenn ich eine Diät mache, dann immer zwei gleichzeitig, sonst wird man nicht satt», so der Kommentar von Mitbewohnerin Sarah.
Schon allein diese Konstellation sorgt natürlich für «Es Puff i de WG», so der Titel des neuen Stückes der Chaostheatergruppe. Doch Stückeschreiberin, Schauspielerin und Regisseurin Janine Meier-Berger dreht noch munter weiter an der Chaos-Schraube. Denn plötzlich taucht Hilde Wild (Agnes Wüthrich) auf, die Schwester der Vermieterin, und will das Trio auf die Strasse setzen. Dummerweise erbt Hilde die Wohnung nur, wenn sie sich als erfolgreiche Geschäftsfrau ausgeben kann. Und so bietet sie den WG-Bewohnern einen Deal an: Wenn sie ihre natürlich zufriedenen Mitarbeiter spielen, dürfen sie länger wohnen bleiben.
Viel Puff im Puff
Was bleibt dem Trio anderes, als auf den Deal einzusteigen? Doch so einfach wollen sie es der neuen Vermieterin nicht machen. Und so beschliessen sie, für den Kontrollbesuch der Willensvollstreckerin Anna (Nathalie Abt) ein ganz spezielles Dienstleistungsunternehmen in der Wohnung einzurichten. Und was passt besser in diese mit Erotikartikeln dekorierte Wohnung als ein Puff? Hilde muss so gegen ihren Willen die Puffmutter spielen. Dumm nur, dass als erster Gast nicht etwa die Kontrolleurin, sondern Pias Chefin (Sandy Peters) auftaucht, was deren Karrierechancen erheblich mindert und sie zur Flasche greifen lässt. Jetzt ist das Chaos perfekt und die WG-Bewohner lassen Hilde nur allzu gerne in ein Fettnäpfchen nach dem anderen treten – aber natürlich wartet am Schluss ein Happy End auf (fast) alle Beteiligten.
Schrullige, aber liebenswerte Figuren
Es ist nicht ganz einfach, mit nur sechs Schauspielern eine turbulente Komödie auf die Beine zu stellen. Nach einer längeren Kreativpause und verschiedenen Abgängen von langjährigen Mitgliedern wollte die Chaostheatergruppe aber unbedingt zurück auf die Bühne. Und mit Janine Meier hat der Verein ja eine erfahrene Theaterautorin in ihren Reihen, deren Stücke inzwischen auf vielen Bühnen der Schweiz zu sehen sind. Und die genau weiss, was das Publikum mag: überdrehte Charaktere, ganz viel Verwirrung, viel Tempo und pointenreiche Texte.
All das hat sie nun in ihr neues Stück verpackt. Und ihre Kolleginnen und ihr Kollege spielen die schrulligen, aber liebenswerten Figuren hervorragend und haben auch keine Scheu, sich in Reizwäsche zum Affen zu machen. Marc von Flüh als einziger Mann im Verein holt sich als Travestie-Künstler die meisten Lacher ab, aber auch Agnes Wüthrich als unfreiwillige Puffmutter sorgt für beste Unterhaltung. Janine Meier wiederum überzeugt nicht nur als Autorin, sondern schlüpft auch perfekt in die Rolle der hypernervösen Sarah, und Silvia Etterlin erhält für ihren mimischen Kampf gegen die Pizza einen Sonderapplaus. Nathalie Abt wiederum lässt sich von Michel nur allzu gern umgarnen, während Sandy Stutz nur zu drei Kurzeinsätzen kommt, bei diesen aber durchaus zu gefallen weiss.
Beste Unterhaltung
Natürlich gibt es in einem Stück über ein Puff so manchen Witz knapp oberhalb der Gürtellinie. Aber nie darunter. Und auch wenn nicht jede Pointe sitzt und die Geschichte auch einige Längen hat, wird das Publikum an den beiden Abenden bestens unterhalten. Immer wieder gibt es Zwischenapplaus, immer wieder wird schallend gelacht. Das beweist, dass die Komödie bei den Zuschauern ankommt. Bleibt zu hoffen, dass es nicht wieder drei Jahre dauert, bis die Theatergruppe zur nächsten Aufführung lädt.