Fakten und Fiktion
08.11.2019 BremgartenGianna Schläpfer und Jacqueline Wick befassen sich mit drei Bremgarter Kriminalfällen
Mit der Bezichtigung einer angeblichen Hexe, einem Mordfall und dem Diebstahl einer Brunnenstatue befassen sich der Geschichtsband und die Audioarbeit der zwei Bremgarter ...
Gianna Schläpfer und Jacqueline Wick befassen sich mit drei Bremgarter Kriminalfällen
Mit der Bezichtigung einer angeblichen Hexe, einem Mordfall und dem Diebstahl einer Brunnenstatue befassen sich der Geschichtsband und die Audioarbeit der zwei Bremgarter Kantonsschülerinnen in ihrer Maturarbeit.
André Widmer
Ein schmuckes, rund 80-seitiges Buch und eine Website mit Vertonungen sind das Ergebnis der aufwendigen Maturarbeit der beiden 19-jährigen Gianna Schläpfer und Jacqueline Wick. Mit gleich drei Kriminalfällen aus der Stadt Bremgarten haben sich die beiden jungen Frauen befasst. Das Konzept des literarischen Werks: Die drei realen Fälle wurden nach Fakten recherchiert, die Lücken mit Fiktion gefüllt und aus jeweils zwei unterschiedlichen Perspektiven erzählt. «So besteht noch Interpretationsspielraum», sagt Co-Autorin Gianna Schläpfer.
Aufwendige Arbeit
Eigentlich hatten beide Autorinnen – Gianna Schläpfer und Jacqueline Wick – zunächst eine Einzelarbeit geplant, doch das Thema vereinte sie schliesslich. Mit dem Thema Hexenwahn in Bremgarten hatten sich die zwei Kantonsschülerinnen vor geraumer Zeit im Rahmen einer Arbeit mit einer dritten Autorin bereits befasst.
Viele Fragen zu den Fällen
Von der Idee bis zur Umsetzung dauerte es einige Monate: Im Januar bestand erst die Idee, danach legten Schläpfer und Wick den Lehrern das Grundgerüst ihrer Idee vor. Nach der Recherche zu den drei realen Kriminalfällen – Wicks Grossvater Heinz Koch konnte Quellen zugänglich machen – erfolgte im Spätsommer der Schreibprozess insbesondere von Gianna Schläpfer, während Jacqueline Wick für die Erstellung von Webpage und der Vertonung verantwortlich zeichnete.
«Was treibt Menschen dazu, an etwas so Abwegiges wie Hexen zu glauben und jemanden aus den eigenen Reihen als solche zu denunzieren? Wer verübte den grausamen Mord an der blutjungen Albertine Stöckli? Warum wurde eine gewöhnliche Brunnenstatue zweimal hintereinander gestohlen?» – das sind die Fragen, denen die beiden Autorinnen auf den Grund gehen. Sie spannen mit den drei Fällen aus Bremgarten einen zeitlichen Bogen von mehreren Jahrhunderten: Bei der angeblichen Hexe Agnes Muschin handelt es sich um eine damals 80-jährige verwitwete Frau, die 1574 mit einigen unglücklichen Vorkomnissen in Zusammenhang gebracht wird und deshalb als Hexe angeklagt wird. Jacqueline Wick und Gianna Schläpfer fiel auf, dass lediglich eine Zusammenfassung des Geständnisses besteht – vermutlich unter Folter entstanden. Eine Version der Geschichte wird aus der Sicht des Sohnes des Schuhmachers erzählt – der Muschin als Hexe bezichtigt. Die zweite Sicht nimmt eine Krankenpflegerin ein – Agnes Muschin lebte als Pfründerin im städtischen Spital.
Der zweite Fall befasst sich mit einem Mord von der vorletzten Jahrhundertwende, zu welchem sich am 7. September 1901 eine Mitteilung im «Bremgarter Bezirks-A nzeiger» unter dem Titel «Der entsetzliche Mord» findet. Die 21-jährige Albertine Stöckli war schrecklich verstümmelt in einer Matte, wo der Fussweg nach Wohlen beginnt, tot aufgefunden worden. Festgenommen wurde deswegen der Metzger Johann Meierhofer – beim Barbier sitzend. Sowohl seine fiktive Sicht als auch diejenige des Mädchens wird geschildert. Und schliesslich befasst sich die Geschichte «Die Delfine in der Marktgasse» mit einem doppelten Diebstahl. 1996 wurde die Grauguss-Metallstatue vom Brunnen beim Hirschengässli an der Marktgasse gestohlen, vier Jahre später die Nachbildung aus Bronze. Die fiktionalen Perspektiven der Enkelin des Künstlers und einer verärgerten Nachbarin sind hier die Story.
Literarischer Spaziergang
«Mysteriöse Geschichten und historische Fakten, gespickt mit fiktionalen Ausschmückungen» nennen die beiden Autorinnen Gianna Schläpfer und Jacqueline Wick ihren literarischen Spaziergang durch Bremgarten. «Es sind drei total unterschiedliche Fälle zu total unterschiedlichen Zeiten», beschreibt Gianna Schläpfer die interessante Konstellation im Buch. Warum ein Buch und der grosse Aufwand mit den Audiodateien, die auch Geräusche von den Originalschauplätzen in Bremgarten enthalten? «Es soll nicht einfach im Schrank verschwinden», erklärt Jacqueline Wick. Eigentlich war sogar noch eine Art theaterszenische Stadtführung dazu geplant, aufgrund der zeitlichen Konstellation und des Aufwandes verwarf man diese Idee aber. Mit Buch und Vertonung sind nun der Öffentlichkeit zugängliche Werke entstanden.
An der Erzählnacht in Bremgarten heute Abend ab 20 Uhr im Stadtratssaal (3. Stock) werden Jacqueline Wick und Gianna Schläpfer aus ihrem Werk vorlesen. Das Buch ist in einer kleinen Auflage im Eigenverlag erschienen.
Mehr zum Buch und die Audiodateien: maturaarbeitjwgs.wixsite.com/ bremgarterverbrechen.