In eine neue Ära geführt
26.11.2019 BremgartenDirigent Hans Zumstein hat den Orchesterverein Bremgarten massgebend mitgeprägt
Den Orchesterverein Bremgarten gibt es seit hundert Jahren – vierzig davon prägte der musikalische Leiter Hans Zumstein das klassische Orchester massgeblich. Nach den beiden ...
Dirigent Hans Zumstein hat den Orchesterverein Bremgarten massgebend mitgeprägt
Den Orchesterverein Bremgarten gibt es seit hundert Jahren – vierzig davon prägte der musikalische Leiter Hans Zumstein das klassische Orchester massgeblich. Nach den beiden Konzerten mit der Bremgarter Kantorei ist die Zeit reif für eine Stabübergabe.
Selina Luchsinger
Die Erfolgsgeschichte – und so darf man eine Zusammenarbeit, die vier Jahrzehnte währte und weit über 100 Konzerte zur Aufführung brachte, mit Fug und Recht nennen – begann im Jahr 1979. Der Orchesterverein hatte sich für eine Neuausrichtung entschieden – weg von der Operettenbegleitung, hin zu einem klassischen Ensemble.
Und so wurde der junge Dirigent aus Wettingen angefragt, ob er die anfänglich 14 Instrumentalisten in eine neue Ära führen wolle. Hans Zumstein erinnert sich: «Wir machten gleich zu Anfang bei einem Wettbewerb für Laienorchester in Boswil mit – und gewannen einen Preis.» Dieser bestand in einer Radio-Aufnahme: «Und der Orchesterverein wurde in einer Sendung vorgestellt.» Geprobt wurde in den Anfangszeiten in einem Schulzimmer. Das Orchester wuchs kontinuierlich auf über 50 Musiker an – und konnte in den neu restaurierten Zeughaussaal einziehen, wo es bis heute probt.
Fähigkeiten gut eingeschätzt
Ein Baustein für die Erfolgsgeschichte dieses Orchesters war und ist die Programmation. Hans Zumstein gelang es Jahr für Jahr, eine Stückauswahl zu treffen, welche Instrumentalisten und Publikum gleichermassen begeisterte. Dabei, so verrät der Dirigent, sei die Auswahl der Werke für ein Laienorchester nicht ganz einfach. «Es sollten für alle spielbare Noten sein und Streicher sowie Bläser wollen ja gleichermassen zum Zug kommen.» Dies, so findet Franziska Schmid, Präsidentin des Orchestervereins, habe Hans Zumstein hervorragend gemacht: «Er konnte die Fähigkeiten der verschiedenen Musiker sehr gut einschätzen und wusste, was das Orchester leisten kann.»
Offen für Modernes
Dabei war es ihm ein Anliegen, Stücke aus dem gesamten Repertoire der klassischen Musik zur Aufführung zu bringen. Zumstein wagte sich auch an Zeitgenössisches oder machte einen Ausflug in andere Musikstile. Wie etwa 2017, als der Orchesterverein eine Zusammenarbeit mit der Freiämter Weltmusikgruppe Ilsah einging oder 2013 mit dem Duo Calva die «Suite Alpine» von Fabian Müller aufführte. Ebenso war es Zumstein wichtig, Musikern aus der Region eine Plattform zu bieten. So gaben letztes Jahr Silvia Hunziker auf der Bratsche sowie die zwei jungen Trompeter Sandro Erni und Ganvai Friedrich Solo-Konzerte. In diesem – dem Jubiläumsjahr – war es Patrik Lüscher, der auf Blockflöte und Fagott solistisch glänzen durfte.
Ein bescheidener Dirigent
Er könnte stolz sein auf diese langjährige, vielseitige Zusammenarbeit. Aber das Attribut Stolz passt nicht zu Hans Zumstein, dem bescheidenen Dirigenten. Fragt man bei langjährigen Wegbegleitern des Maestros nach, so heben sie genau dies hervor. Klarinettist Andreas Nöthiger, der während der gesamten 40 Jahre unter Zumsteins Ägide spielte, sagt: «Dass er nie von oben herab war, sondern ruhig, freundlich und positiv, machte es möglich, über all die Jahre so gut zusammenzuarbeiten.» Und Franziska Schmid ergänzt: «Hans ist so ein freundschaftlich-zugewandter Mensch, sehr bescheiden und unglaublich zuverlässig.» Und so war für sie als Vorstandsmitglied die Teamarbeit mit ihm immer einfach.
40 Jahre im Nu vorbei
Nein, Hans Zumstein ist keiner, der ein Aufheben um seine Person, seine Leistung macht. Viel lieber rückt er das bereichernde Zusammenspiel mit dem Orchester in den Vordergrund. Dabei sei es immer sein Ziel gewesen, Musikern und Publikum die Struktur des Stückes und die Intention des Komponisten aufzuzeigen. So lange zu feilen, dass die Zuhörer ein Genuss-Erlebnis hätten. Dafür, sagt Zumstein, habe er die Orchestermitglieder nie motivieren müssen. «Hans holte viel aus dem Orchester heraus», findet Nöthiger, «dabei gelang es ihm, die Zufriedenheit von uns Musikern zu fördern.» Der Maestro wiederum weiss, dass dies genau das Schöne an seiner Arbeit ist – in jeder Probe die Freude über das gemeinsame Musizieren zu spüren. «Und so gingen die 40 Jahre im Nu vorbei.» Aber nun ist trotzdem Schluss. «Denn», so findet der Dirigent, «irgendwann ist die Zeit einfach gekommen.»
Adventskonzert in Stadtkirche
Am ersten Adventswochenende, kommenden Samstag, 30. November (19.30 Uhr), und Sonntag, 1. Dezember (17 Uhr) , musiziert der Orchesterverein Bremgarten mit der Kantorei Bremgarten in der Stadtkirche. Es ist der letzte Konzertblock zum 100-Jahr-Jubiläum des Orchestervereins und zugleich, nach 40 Jahren, auch das Abschiedskonzert von Hans Zumstein als Dirigent des Orchestervereins (siehe Artikel links).
Die beiden Vereine wollen Synergien nutzen und einheimisches Üben und Schaffen zu einem Klangteppich verweben. Traditionsgemäss singt die Bremgarter Kantorei in ihrem Adventskonzert Musik aus dem klassischen Chorrepertoire. Die Orchesterbegleitung der Christmas Carols von J. Rutter erfordert ein voll besetztes Orchester, was der Orchesterverein mit seiner Symphoniebesetzung erfüllt. Von M. A. Charpentier ertönt die bekannte Melodie aus dem Te Deum und ein Adventshymnus aus dem 14. Jahrhundert stimmt in den Dezember ein. Darauf erklingen neuere Weihnachtslieder für Kinderchor mit Orchesterbegleitung. Aus P. Hindemiths Weihnachtsmärchen «Tuttifäntchen» werden einige Stücke im Wechsel mit bekannten Weihnachtsliedern gespielt. Auch A. Corellis Concerto Grosso, fatto per la notte di Natale, darf an diesem Adventskonzert nicht fehlen.
Den Höhepunkt bilden die fünf Christmas Carols vom englischen Komponisten John Rutter für Chor und Orchester oder Orgel.