Der Fluss der Erinnerung
29.11.2019 Wohlen«Crossing the Bünz»: Ausstellung und Performance von Christof Burkard im Schlössli am 14. und 15. Dezember
Christof Burkard lebt schon lange in Zürich. Eine berufliche Veränderung und familiäre Verpflichtungen führen dazu, dass er ...
«Crossing the Bünz»: Ausstellung und Performance von Christof Burkard im Schlössli am 14. und 15. Dezember
Christof Burkard lebt schon lange in Zürich. Eine berufliche Veränderung und familiäre Verpflichtungen führen dazu, dass er vermehrt wieder im Freiamt ist. Hier wird der Waltenschwiler mit Erinnerungen konfrontiert – diese hat er in Bilder und Worte umgesetzt.
Chregi Hansen
«Als ich wegging, war die Bünz noch in einen engen Kanal gepresst. Jetzt hat sie sich wieder befreit. Diesen Anblick finde ich wunderbar, jetzt ist sie wieder ein attraktiver Ort», sagt Christof Burkard.
Weil er das Haus seiner Eltern in Waltenschwil räumen muss, ist der Jurist und Kulturschaffende wieder vermehrt im Freiamt anzutreffen. Oft nutzt er dabei die Gelegenheit für lange Spaziergänge die Bünz entlang. Je nach Wetter und Jahreszeit präsentiert sich der Fluss immer wieder anders. In seinen Bildern versucht Burkard, diese verschiedenen Stimmungen einzufangen. «Für mich ist dieses Projekt in erster Linie Erinnerungsarbeit. Wenn ich zurück im Freiamt bin, dann kommen mir viele Bilder von früher in den Sinn», erklärt der Maler. Und Erinnerungen sind wie das Flusswasser, sie suchen sich einen eigenen Weg. Darum passen die Bünz-Bilder bestens.
Die eigensinnige Jukebox
Am 14. und 15. Dezember zeigt Burkard seine neuen Werke erstmals im Schlössli in Wohlen. «Eigentlich gehört diese Ausstellung nach Waltenschwil, aber ich habe dort keinen passenden Ort gefunden», erklärt er. An einem Klassentreffen hat Daniel Güntert ihm dann das Wohler Schlössli gezeigt. «Ein tolles Gebäude, ein Haus wie eine Skulptur, voller Erinnerungen und dennoch neu in seiner Gestaltung», findet Burkard. Und dadurch der ideale Raum für seine Ausstellung.
Wobei Ausstellung das falsche Wort ist. Denn der Waltenschwiler zeigt nicht nur seine Bilder, er hat verschiedene weitere Aktionen geplant. So tritt er am Samstag in einen Dialog mit einer eigensinnigen Jukebox. Gefunden hat er sie in der Scheune in Waltenschwil. «Sie funktioniert, aber sie lässt sich nicht programmieren, sondern spielt einfach, was sie will», lacht er. Auch das passt – denn auch menschliche Erinnerungen lassen sich nur bedingt steuern.
Er lässt sie also spielen und wird zwischendurch von seinen Erinnerungen erzählen. Dabei benutzt er verschiedene Anknüpfungspunkte. Etwa Segatinis Bild «Ave Maria a trasbordo», welches zu Hause an der Wand hing und das ebenfalls eine Flussszene zeigt. Oder die Werke von Walter und Erika Burkart – das «t» am Schluss zeigt, dass sie nicht mit Christof Burkard verwandt sind. Von beiden aber hat der Jurist und Mediator, der bis vor Kurzem als stellvertretender Geschäftsführer des Personalverbands «Angestellte Schweiz» tätig war, viel gelesen. «Beide haben sich auch immer mit dem Thema der Erinnerung befasst», weiss er.
Wie sich Bilder verändern können
Beide Burkarts werden in der Ausstellung ihren Platz finden. «Der Reiherjäger vom Gran Chaco» heisst das Buch von Walter Burkart, des ehemaligen Wirtes auf dem Chapf. «Und Reiher findet man heute wieder sehr viele an der Bünz. Da hätte er genug zu jagen gehabt», so Burkard. Nach seiner Rückkehr aus Südamerika hat Burkart im Freiämter Sumpfgebiet seine neue Heimat gefunden, die Erinnerungen an seine Zeit in der Ferne aber ist er nie losgeworden.
Wie sich Erinnerungen überlagern und verändern können, wie man manchmal gar falschen Eindrücken unterliegt, das hat der in Zürich lebende Freiämter vor Kurzem selber erlebt. Ein alter Schulfreund hatte ihn darum gebeten, einen Nekrolog über den verstorbenen Vater zu schreiben. «Dabei wurde mir bewusst, dass ich als Jugendlicher ein ganz anderes Bild von diesem Menschen hatte, als es sich mir jetzt präsentierte», erzählt er. Eine Erinnerung, so Burkard, sei eben eigentlich nichts anderes als der Versuch, sich selber zu erzählen, was passiert ist.
Musik und Erzählungen
Viel erzählt wird darum auch am Sonntag. Neben der Ausstellung ist auch eine Performance geplant. Mit dabei ist auch Burkards Partnerin Hildegard Keller, die beiden bilden das Künstlerduo «Maulhelden», welches vor Kurzem ein Buch veröffentlicht hat. Mit dabei ist aber auch der Musiker Wieslaw Pipszynsli, besser bekannt als «Pip». Er spielt an diesem Nachmittag Klavier und Theremin, ein altes elektronisches Musikinstrument, welches berührungslos gespielt wird, und tritt ebenfalls in einen Dialog mit Keller und Burkard.
Für den Waltenschwiler ist die Ausstellung und Performance eine Art Heimkehr. Inzwischen hat er sich im ehemaligen Laden seiner Eltern ein Atelier eingerichtet und malt wieder mehr als früher. In der «Sonne» in Büelisacker hat er vor vielen Jahren seine «Flaschenbilder» gezeigt, natürlich taucht auch in der neuen Ausstellung dieses Sujet wieder auf. Wie so viel anderes aus seiner Biografie, das lange verborgen war. «Die Bünz hat sich aus ihrem engen Korsett befreit. Vielleicht muss ich mich jetzt auch befreien», sagt der Künstler am Schluss. Das Malen kann ein Schritt dazu sein. Das reden darüber ein weiterer.
«Crossing the Bünz»: Ausstellung und Performance im Schlössli Wohlen.
Öffnungszeiten: Samstag, 14. Dezember, 16 bis 21 Uhr (Performance zwischen 17.30 und 18 Uhr). Sonntag, 15. Dezember, 16 bis 21 Uhr (Performance zwischen 17 und 18.30 Uhr). Eintritt frei, Kollekte.