Lage schonungslos aufgezeigt
15.10.2019 EinwohnerratEinwohnerrat nahm gestern Montagabend Finanzplan und Investitionsschub zur Kenntnis
Die finanziellen Aussichten der Gemeinde Wohlen sind düster. Aber keine Fraktion bestreitet die grossen Investitionen. Wie der Investitionsschub finanziert werden soll, darüber ...
Einwohnerrat nahm gestern Montagabend Finanzplan und Investitionsschub zur Kenntnis
Die finanziellen Aussichten der Gemeinde Wohlen sind düster. Aber keine Fraktion bestreitet die grossen Investitionen. Wie der Investitionsschub finanziert werden soll, darüber scheiden sich jedoch die Geister.
Daniel Marti
Die Prognosen sind klar und bekannt: 90 Millionen Franken für die Bildung, 40 Millionen für den Verkehr. Total 140 Millionen Franken muss die Gemeinde Wohlen in den nächsten zehn Jahren investieren. Diese Ausgabenflut bezweifelt niemand im Einwohnerrat. Sogar die sonst so kritische SVP schwenkte ein. «Die düsteren Wolken sehen wir auch», betonte Fraktionspräsident Peter Christen.
«Gürtel enger schnallen»
Der aktuelle Finanzplan sei sehr informativ und aussagekräftig, sagte Daniel Heinrich für die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission. Vor allem die Investitionen in den Bildungsbereich «sind absolut notwendig». Das Positive am neuen Zahleninstrument sei zudem «die grosse Erfahrung, die wir mit dem Finanzplan haben. Denn nur rund 80 Prozent aller Projekte werden auch realisiert. Dies entlastet die Finanzlage immerhin ein wenig.» Aber eine Erkenntnis ist laut Heinrich völlig klar: «Die Gemeinde Wohlen muss den Gürtel enger schnallen.»
In der Vergangenheit sei der Pflichtbedarf zu stark aufgeschoben worden, erklärte Finanzministerin Ariane Gregor. «Im Vergleich mit anderen Gemeinden hat Wohlen in den letzten 30 Jahren viel weniger investiert, aber auch viel weniger Steuern eingenommen.» Aber nichts zu tun, sei keine Option. «Werden die Investitionen nicht getätigt, dann lassen wir unsere Infrastruktur verlottern.»
Nach dem Investitionsschub müsse dann sofort dem Schuldenabbau höchste Priorität eingeräumt werden. Die Kennzahlen werden laut Gregor «bis ans Limit ausgereizt». Für gewisse Parteien werden die Limiten gar überschritten. Beispielsweise hat auch der logische Schuldenanstieg seine Grenzen. «7000 Franken Nettoschuld pro Kopf, das macht mir Angst», mahnte Peter Christen für die SVP vor dem prognostizierten Höchststand.
«Düster und beängstigend»
Trotzdem: die Investitionen sind dringend notwendig. «Der Werterhalt der Infrastruktur hat aber nichts mit Luxus zu tun», betonte Franziska Matter (Grüne). Darum brauche es eine Steuerfusserhöhung. «Denn wir wollen doch der kommenden Generation mit ruhigem Gewissen in die Augen schauen.»
Für Simon Sax (Grünliberale) hat der Finanzplan ein höheres Gewicht als das Budget. «Und dieser Finanzplan zeigt die Situation schonungslos auf.» Aber die Bevölkerung habe den Ernst der Lage noch nicht erkannt, so Sax, denn das Volk habe ja der Steuerfusserhöhung im letzten Jahr nicht zustimmen wollen. «Der Ausblick ist also düster und beängstigend.» Cyrille Meier (SP) hat andere Schuldige ausgemacht: «Die rechtsbürgerliche Strategie hat das uns eingebrockt.» Wohlens Infrastruktur sei marod, «weil vieles immer wieder verschoben wurde. Jetzt haben wir den Investitionsstau. Dieses Desaster gilt es nun auszubaden.»
FDP glaubt dem Gemeinderat eher wenig
Thomas Hoffmann (FDP) bemängelte dagegen, dass seit Jahren keine Verbesserungen sichtbar seien. Und schuldig ist wohl der Gemeinderat. Denn dieser wolle kein Tätigkeitsprogramm erarbeiten. Hoffmanns Rezept: «Die Investitionen müssen so kostengünstig wie möglich sein. Und Denkmäler des Gemeinderats darf es nicht geben.» Selbst den Prognosen des Gemeinderates glaubt er nicht. Auch mit den Erschliessungen am Rebberg und im Wil werde sich laut Gemeinderat die Lage nicht verbessern, glaubt Hoffmann. «Das aber zeigt doch, die Zahlen im Finanzplan stimmen so nicht, das sind alles nur Tendenzen.»
Die CVP ging dagegen mit dem Dorfparlament recht kritisch um. «Ich vermisse im Einwohnerrat das unternehmerische Denken», betonte Ruedi Donat. «Als Unternehmer muss ich investieren.» Alle im Finanzplan aufgeführten Projekte «werden die Attraktivität von Wohlen steigern», fügte Harry Lütolf an. «Und diese Attraktivität sollte finanziell potente Leute nach Wohlen locken.»
Das alleine liess Jonathan Nicoll (SVP) nicht gelten. Es brauche attraktiven Wohnraum und am Image von Wohlen müsse man auch arbeiten, so Nicoll. «Und dann sollten wir alle einmal daran denken, wie Gemeinde Wohlen auch Geld verdienen kann.» Er forderte alle Ratsmitglieder auf, für diesen Bereich eine Liste zu erstellen.