Doppelte Premiere
08.10.2019 WohlenSolistenrolle für Julia Frischknecht aus Wohlen
Der Aargau ist ein Operetten-Kanton. Vor allem Bremgarten, Beinwil und Möriken-Wildegg pf legen dieses Genre der Unterhaltung seit Jahrzehnten. Wie bereits 1995 inszeniert die Operette Möriken-Wildegg diesen Herbst ...
Solistenrolle für Julia Frischknecht aus Wohlen
Der Aargau ist ein Operetten-Kanton. Vor allem Bremgarten, Beinwil und Möriken-Wildegg pf legen dieses Genre der Unterhaltung seit Jahrzehnten. Wie bereits 1995 inszeniert die Operette Möriken-Wildegg diesen Herbst «Die lustige Witwe» von Franz Lehár. Premiere dieses bekannten Werkes ist am 19. Oktober. Eine doppelte Premiere wird dieser Abend für die Wohlerin Julia Frischknecht. Die junge Sopranistin, die in Bern Gesang studiert, wird erstmals auf einer Operettenbühne stehen. Für sie hat der ebenso junge Regisseur sogar eine neue Rolle erfunden. --chh
Jungpolitikerin als «Puffmutter»
Julia Frischknecht tritt in Möriken-Wildegg erstmals als Solistin in einer Operette auf
Anstrengende Zeiten für die junge Wohlerin: Studium in Bern, Proben in Möriken, Dirigieren in Beinwil, politische Arbeit in Wohlen. Für Letzteres bleibt derzeit wenig Zeit. Am 19. Oktober steht die Premiere von «Die lustige Witwe» auf dem Programm. «Für mich eine ganz neue Erfahrung», sagt sie.
Chregi Hansen
Da eine kurze Umarmung, dort ein freundliches Lächeln, ein schnelles Winken oder ein frecher Spruch. Als die Wohlerin an diesem Abend den Gemeindesaal in Möriken betritt, wird deutlich, dass sie angekommen ist in diesem Ensemble. Mit ihrer fröhlichen Art und ihrem breiten Lachen hat Julia Frischknecht sofort Anschluss gefunden in der Fremde.
«Wir fanden, es brauche noch eine Solistin aus dem Aargau», scherzt Regisseur Simon Burkhalter, «darum haben wir sie angefragt.» Er kennt Frischknecht gut, beide studieren Gesang an der Hochschule der Künste Bern. Den Bachelor hat die Wohlerin schon im Sack, jetzt ist sie an ihrem Master of Arts in Performance. «Es ist schon gerade etwas anstrengend, alles unter einen Hut zu bringen», gibt sie zu. Aber sie nimmt den Aufwand gerne auf sich. «Ich habe noch nie in einer Operette mitgemacht, hier kann ich viel Neues lernen.»
An der Wohler Budgetdebatte wird sie wohl fehlen
Leiden muss derzeit ihr weiteres Steckenpferd, die Politik. Frischknecht sitzt für die Grünliberalen im Einwohnerrat. «Die Budgetdebatte werde ich wohl verpassen», bedauert sie. Aber diese findet genau in der Woche vor der Premiere statt. Und dann wird im Gemeindesaal in Möriken täglich geprobt. Am 19. Oktober geht die erste von 20 geplanten Aufführungen über die Bühne. Und die Erwartungen sind hoch – Operetten haben in Möriken-Wildegg Tradition. Seit 1925 gibt es sie, gespielt wurde damals das «Dreimäderlhaus». Alle zwei Jahre wird der Ort zur Operetten-Hochburg, welche Zuschauer weit über die Region anlockt. Früher organisiert durch den Männerchor, hat heute ein Verein die Fäden in der Hand.
Inzwischen steht Julia Frischknecht auf der Bühne. Geprobt wird der dritte Akt. «Da bin ich fast die ganze Zeit über im Einsatz. Zuvor bin ich allerdings nur kurz im ersten Akt aktiv», berichtet sie. Sie spielt zwar keine der grossen Rollen, aber dafür eine ganz spezielle. «Die Figur der Susanne gibt es im Stück eigentlich gar nicht. Die hat Burkhalter extra für mich hineingeschrieben», lacht sie. Susanne ist die Ober-Grisette im Cabaret Maxim. Sozusagen die «Puffmutter», wie sie selber sagt.
Zu unrecht belächelt
Doch was bringt die Wohlerin, die gerne mit klassischen Werken vor das Publikum tritt, dazu, sich in der leichten Gattung der Operette zu versuchen. Erstens werde diese Art der Unterhaltung zu unrecht etwas belächelt, findet sie. Sowohl Oper wie Operette wollen unterhalten. Und zweiteres sei nicht nur komisch, sondern habe durchaus auch Tiefgang. «Zweitens mag ich Gesang und Schauspiel. Hier kann ich beides kombinieren. Und dann kommt noch der Tanz dazu, das reizt mich», sagt sie. Das Schauspielern hat sie im Blut, schon in jungen Jahren hat sie im Theater Bünzen mitgemacht. «Ich muss sagen, ich hatte bisher wenig mit Operetten zu tun, aber es macht wirklich Spass.»
Zurück zur Probe. Eben hat die Sopranistin ihr erstes Solo gesungen. «Dirigierst du in dieser Szene? Weil ich sehe dich nicht», ruft sie nach vorne. «Ich höre dich auch nicht gut. Du kannst also machen, was du willst», gibt der Dirigent scherzhaft zurück. Die Stimmung ist entspannt, trotz der immer näher rückenden Premiere. «Ich fühle mich wirklich wohl hier im Ensemble. Und ich staune, welchen Aufwand die Mitglieder zum Teil auf sich nehmen. Vor allem die Laien im Chor – da gibt es solche, die noch 100 Prozent arbeiten daneben», berichtet sie. Auch für sie ist es eine neue Erfahrung. «In Bünzen sind wir mit dem Theater auch mehrfach aufgetreten. Aber hier haben wir in einem Monat 20 Aufführungen», erklärt sie.
Trotzdem, das Studium muss auch in dieser Zeit Platz finden. Schon im kommenden Sommer will Julia Frischknecht ihren Master abschliessen. Und dann? «Das ist noch offen», lacht sie. Ein Master allein garantiere noch keine Karriere als Sängerin, weiss sie. Und sie sei offen für vieles, fügt sie an. Sowohl musikalisch wie auch in beruflicher Hinsicht. Ob im Ensemble einer Oper oder als Konzertsängerin. Oder auch ein weiteres Studium – die 24-Jährige kann sich vieles vorstellen. «Mir gefällt die Abwechslung, darum hat mich die Anfrage für die Operette auch gefreut», sagt sie. Und kann sie sich auch vorstellen, einmal in Bremgarten aufzutreten? Schliesslich hat dort die Operette ebenso Tradition wie in Möriken-Wildegg. «Warum nicht», meint sie. «Bisher hat mich aber noch nie jemand angefragt.» Gut möglich aber, dass sich das nach dem 19. Oktober schnell ändert.
Mehr Informationen: www.operette.ch.