Nach der Landi ist vor der Krise
27.09.2019 WohlenAm Sonntag wird die neue Sonderausstellung im Strohmuseum im Park eröffnet
Was wäre, wenn sich Johann Rudolf Isler und Iwan Bally 1939 getroffen hätten? Dieser Frage geht das Strohmuseum nach.
Chregi Hansen
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Am Sonntag wird die neue Sonderausstellung im Strohmuseum im Park eröffnet
Was wäre, wenn sich Johann Rudolf Isler und Iwan Bally 1939 getroffen hätten? Dieser Frage geht das Strohmuseum nach.
Chregi Hansen
Ob sich die beiden Industriellen aus Wohlen und Schönenwerd wirklich zu einem Gespräch ins Kaminzimmer der Villa Isler zurückgezogen haben, weiss niemand. «Voeinander gewusst haben Johann Rudolf Isler und Iwan Bally aber sicher. Schliesslich haben ihre beiden Firmen 1939 an der Landesaustellung in Zürich zum Erfolg des Modepavillons auf der Landiwiese beigetragen», sagt Miriam Rorato vom Büro imRaum, welches die neue Ausstellung konzipiert hat.
Das Strohmuseum lädt die Besucher ein zu einer Zeitreise. Heraus kommen diese im Oktober 1939. Die Landi hat eben ihre Tore geschlossen, doch der Beginn des zweiten Weltkrieges beängstigt die Menschen. Die politische Situation lässt die Exporte einbrechen, was die Umsatzzahlen der Strohfabriken und der Bally-Schuhe nach unten drückt.
In einem stilgerecht eingerichteten Salon, der durch ganz viele Details fasziniert, sprechen die beiden Industriellen in einer audiovisuellen Show über die Situation. Lassen die Zuhörer teilhaben an ihren Sorgen und Nöten. Und diskutieren auch eine mögliche Zusammenarbeit der Firmen Isler und Bally. Auch hier gilt – es gibt keine Belege, dass dies je ein Thema war. «Aber man weiss heute, dass die Wohler Strohfabriken in der Zeit des Weltkrieges tatsächlich über die Produktion von Schuhen nachdachten», sagt Rorato.
Sich fühlen wie ein Strohbaron
Die neue Sonderausstellung im Strohmuseum im Park bietet etliche Attraktionen
Bally zu Gast in der Villa Isler: In der neuen Sonderausstellung treffen zwei Unternehmen aufeinander, die einst zu den Grossen der Modebranche gehörten. Rund um die neue Ausstellung haben die Macher ein tolles Programm kreiert.
Chregi Hansen
Ein Museum kann auf lange Sicht nur Erfolg haben, wenn es sich immer wieder neu erfi ndet. Nur so lassen sich die Besucher erneut anlocken. Dieser Devise lebt das Wohler Strohmuseum seit dem Umzug in die Villa Isler wunderbar nach. In regelmässigen Abständen lädt das Museum zu einer neuen Sonderausstellung ein. Am Sonntag ist dies wieder der Fall.
Unterstützung erhielt das Museum vom Büro imRaum mit den eng mit Wohlen verbundenen Ausstellungsmachern Fabian Furter und Miriam Rorato. Die Kombination verspricht Erfolg. Das Büro imRaum hat schon seinerzeit beim Umzug die neue Dauerausstellung gestaltet und war 2015 für die Sonderausstellung «Frisch geflochten» verantwortlich. Nun also präsentiert imRaum «Au revoir à Chly Paris» – die Ausstellung feiert am Sonntag Vernissage und wird bis zum 27. September 2020 zu sehen sein.
Im Salon Platz nehmen
Kernstück ist die audiovisuelle Show, welche im Salon der Villa Isler eingerichtet ist und in der sich die Industriellen Johann Rudolf Isler und Iwan Bally zum Kamingespräch treffen. Die virtuelle Szene spielt im Oktober 1939. «Wir haben versucht, das Zimmer möglichst zeitgemäss einzurichten», erklärt Ausstellungsmacherin Miriam Rorato. Neben Originalobjekten aus dem Hause Isler und dem Museum der Bally wurde man auch in Brockenhäusern fündig. So erblickt der Besucher beispielsweise ein altes aufziehbares Grammofon, einen alten Filmprojektor, Ausstellungskoffer der beiden Firmen und sogar alte Rechnungsbücher.
Die neue Ausstellung entstand auch in Zusammenarbeit mit einer Theater- und Kostümbildnerin. Während die Besucher den Salon durchforsten und sich an den vielen Details erfreuen, es sich in den alten Sesseln bequem machen und sich sozusagen in die Rolle eines Strohindustriellen einfühlen, können sie das Gespräch der beiden Unternehmer verfolgen. Eben haben sie an der Landesausstellung in Zürich grosse Erfolge gefeiert, nun geraten sie wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges in eine Krise. Der Export bricht ein – und dieser machte bei der Firma Bally rund 50 und bei der Firma Isler gar über 90 Prozent des Umsatzes aus. Gestreift werden in dem fi ktiven Gespräch auch andere Themen, etwa der Umgang mit Arbeitern oder das Eindringen ausländischer Unternehmen in den Schweizer Markt. Zu sehen sind zudem originale Filmszenen von der Landi 39, kommentiert von den beiden Herren.
Führungen und Ausfahrten
Den beiden Unternehmern kann man aber auch «live» begegnen. Im Winterhalbjahr laden die beiden Schauspieler Walter Küng und Peter Ender als Johann Rudolf Isler und Iwan Bally regelmässig zu einer szenischen Führung ein. Im Sommer stehen dann Oldtimer-Fahrten nach Schönenwerd auf dem Programm, samt szenischen Interventionen an verschiedenen Haltestellen. In Schönenwerd selber kann dann die Ballyana-Ausstellung oder der Bally-Park besichtigt werden.
Schmuckstücke aus der Bally
«Unsere neue Ausstellung ist Teil des Aargauer Themenjahres Zeitsprungindustrie, zu dem in den kommenden Monaten rund 40 Projekte lanciert werden», erklärt Rorato. Und die Wohler Museumsleiterin Petra Giezendanner lobt die gute Zusammenarbeit mit dem Museum Ballyana. Dank dieser konnte nicht nur der Salon stilgerecht eingerichtet werden, im Obergeschoss wird zudem eine Nachahmung des Spiegelsaales gezeigt, mit welchem Bally an der Landi 1939 für Aufsehen sorgte. Samt einigen sehr exquisiten Ausstellungsstücken, die damals gezeigt wurden.
Neues für Schüler und Kinder
Die neue Sonderausstellung eignet sich für alle Generationen. Das ältere Publikum hat die Zeit der Landi und des Zweiten Weltkrieges wohl selber erlebt und wird vieles wiedererkennen. Die mittlere Generation erfährt viel Spannendes über die Geschichte der Schweizer Wirtschaft in den Kriegsjahren. Aber auch an die Jüngeren wurde gedacht. Für Schulklassen wurde rund um die Villa Isler ein Rätsel-Parcours konzipiert, auf dem sie spielerisch vieles über die Bewohner der Villa und die damalige Zeit erfahren. Und die ganz Kleinen können sich im Salon auf die Suche nach dem Eingang zur Wohnung des Museum-Maskottchens Zaggli machen. Und darin spielen und malen, während ihre Eltern das Gespräch der beiden Unternehmer verfolgen. Langweilig dürfte diese besondere Zeitreise also für niemanden werden.
«Au revoir à Chly Paris» – Bally zu Gast in der Villa Isler: Vernissage: Sonntag, 29. September, 11.30 Uhr. Kindervernissage ab 11.45 Uhr.