Interesse nimmt weiter zu
27.09.2019 Wohlen5. Ausgabe von Berufe Wohlen+
Ruth Salzmann, die Initiantin von Berufe Wohlen+, kam trotz der Anstrengungen der letzten Wochen nicht aus dem Strahlen. Denn die 5. Ausgabe präsentierte Rekordzahlen. So meldeten sich die 346 Schüler und Schülerinnen aus 20 Klassen ...
5. Ausgabe von Berufe Wohlen+
Ruth Salzmann, die Initiantin von Berufe Wohlen+, kam trotz der Anstrengungen der letzten Wochen nicht aus dem Strahlen. Denn die 5. Ausgabe präsentierte Rekordzahlen. So meldeten sich die 346 Schüler und Schülerinnen aus 20 Klassen für über 1800 Blöcke an – im Schnitt also mehr als 5 pro Person. 86 Betriebe und Organisationen öffneten ihre Türen und nahmen sich viel Zeit für den Anlass und die Fragen der Schüler. Erstmals war auch die Repol dabei – und konnte sich vor Anmeldungen kaum retten. Auch der Coiffeuse-Beruf war gefragt. für die sechs Plätze gab es 21 Interessentinnen. Es gibt also weiter Luft nach oben. --chh
Nicht bloss Haare schneiden
Berufe Wohlen+: Zu Besuch bei Creative Hairlounge Intercoiffure
Sechs junge Mädchen erfuhren bei ihrem Besuch, dass der Beruf der Coiffeuse viel schwieriger ist als gedacht. Inhaberin Cornelia Fabbricatore ermunterte die Schülerinnen, sich bei der Auswahl der Lehrstelle Zeit zu nehmen. «Ihr müsst Freude an eurer Arbeit haben», sagte sie.
Chregi Hansen
Bereits zum dritten Mal ist Creative Hairlounge Intercoiffure bei Berufe Wohlen+ dabei. Inhaberin Cornelia Fabbricatore findet die Aktion gut. Zum einen ist sie gerne Botschafterin ihres Berufs. Zum anderen hat sie selber profitiert. «Eine Teilnehmerin des Vorjahres wird im nächsten Sommer die Lehre bei mir anfangen», freut sie sich.
Sechs Anmeldungen gingen in diesem Jahr ein – alles junge Mädchen. «Der Anteil der Männer in unserem Beruf liegt bei fünf bis zehn Prozent», erklärt Fabbricatore. Das sei nicht verwunderlich, erklärt sie den Schülerinnen. «Es geht eben um viel mehr als nur um das Haareschneiden. Als Coiffeuse müsst ihr kreativ sein, euch für Mode interessieren, Trends setzen und neue Looks kreieren.» Sie selber ist seit 40 Jahren in ihrem Beruf tätig und durfte schon mehrere Preise in Empfang nehmen. «Ich liebe das, was ich tue. Das ist die wichtigste Voraussetzung» sagt sie.
Kunde steht im Mittelpunkt
Die Chefin führt die sechs Teilnehmerinnen gleich persönlich durch den Morgen. «Coiffeuse ist ein sehr anspruchsvolles Handwerk. Und das sollt ihr heute bei mir erfahren», machte sie gleich zu Beginn deutlich. So durften die jungen Frauen an Puppenköpfen das Waschen, Frisieren, Föhnen, Hochstecken und Zöpfeln ausprobieren. Und merkten schnell, dass es gar nicht so einfach ist, Kamm, Bürste, Föhn und die Haare der Kundin gleichzeitig im Griff zu haben. «Es ist schon viel schwieriger als gedacht», müssen sie zugeben.
Auch einen anderen Aspekt betont die Inhaberin des Salons. «Unsere Kunden wollen sich wohlfühlen. Der Besuch bei der Coiffeuse soll für sie wie Wellness sein, eine Auszeit aus dem Alltag», erklärt sie. Darum kümmere man sich intensiv um die Wünsche der Kunden, sei stets freundlich, frage immer wieder nach. Auch die Beratung und die Kenntnisse von Produkten, Farben und Schminke sind enorm wichtig. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Sauberkeit. «Und was viele unterschätzen – in unserem Beruf steht man fast den ganzen Tag über.»
Die sechs Schülerinnen freuen sich, dass sie nicht nur zuhören müssen, sondern ganz vieles ausprobieren dürfen. «Frau Fabbricatore hat alles sehr gut erklärt, es hat Spass gemacht, all die Arbeiten selber zu erledigen», meint etwa Lara am Schluss des Besuchs. Der Abstecher in den Coiffeursalon war für die Teilnehmerinnen bereits die vierte Station. Davor lernten sie Berufe wie etwa Kauffrau oder Polymechaniker kennen. «Und heute Nachmittag schaue ich noch bei einem Zimmermann vorbei», erzählt Alina. Die Abwechslung gefällt den Achtklässlerinnen. Und bringt sie auch zum Nachdenken. «Vor dieser Woche dachte ich eigentlich, dass ich schon weiss, was ich nach der Schule mache. Jetzt aber bin ich mir nicht mehr ganz sicher», gibt Noémie zu.
Übung macht den Meister
Für die Suche nach einer Lehrstelle hat Cornelia Fabbricatore noch einen Tipp auf Lager: «Schnuppert nicht nur in einem Betrieb, sondern in mehreren. Nur so findet ihr genau das, was zu euch passt.» Und dann stimme meist auch die Motivation. «Ich beispielsweise will Auszubildende, die mich mitziehen, nicht solche, die ich durchschleifen muss», sagt sie. Ihr ist es ein grosses Anliegen, die jungen Mitarbeiterinnen zu fordern, aber auch zu fördern. Und letztlich sei es im Coiffeursalon eben wie in jedem Beruf: Übung macht den Meister. «Von nichts kommt nichts», gibt Fabbricatore den jungen Frauen zusammen mit einem kleinen Geschenk mit auf den Weg. Ob eine von ihnen später die Ausbildung zur Coiffeuse macht, wird sich erst in einigen Monaten zeigen. Fabbricatore würde sich freuen. «Auch nach 40 Jahren liebe ich meinen Beruf noch immer», sagt sie strahlend.
Fast wie ein kleines Juwel
Berufe Wohlen+ zieht eine positive Bilanz
Die 5. Ausgabe verzeichnete Rekordzahlen. Initiantin Ruth Salzmann durfte viel Lob für ihr Engagement entgegennehmen.
Während zweier Tage erhielten die Achtklässler aus den Schulen in Wohlen, Villmergen und Niederwil Einblick in ganz verschiedene Berufe. Und sie haben die Chance genutzt. Über 1800 Besuche wurden dieses Jahr registriert. «Dahinter steckt ein riesiger Aufwand und ein grosses Engagement vonseiten der Schulen und der Lehrbetriebe», weiss Initiantin Ruth Salzmann. Und auch wenn es jedes Jahr enorm viel zu tun gibt – «wenn man sieht, was in diesen beiden Tagen passiert, dann lohnt sich der Aufwand», fügt sie an.
Den Mut haben, sichere Pfade zu verlassen
Zum Abschluss des Events waren die Vertreter der Lehrbetriebe und der Schule zum Apéro geladen. Im Rahmen dieses Anlasses erinnerte Musiklehrer Micha Dettwyler daran, dass der Schritt in die Berufswelt von den Jungen Neugier, Offenheit und Begeisterung verlangt sowie den Mut, sichere Pfade zu verlassen. Dies müssten sich die Erwachsenen bewusst sein und den Jungen dazu den Boden bereiten und ihnen Vertrauen schenken. «Wenn ein Schüler zu mir in den Unterricht kommt, kann ich auch nicht erwarten, dass er bereits Schlagzeug spielen kann», so Dettwyler. «Aber er möchte es lernen, und diese Begeisterung gilt es zu nutzen.»
Für Jonas Wermeliger von der Flex AG in Hägglingen gibt es in Sachen Berufsbildung keinen Königsweg. «Heute kann man nach einer Lehre immer noch an die Uni und es gibt Personen, die nach der Kanti eine Lehre machen», weiss er. Zudem hat er als Verantwortlicher für die Berufsbildung in seinem Betrieb erfahren, dass es in einer Lehre viele Hochs und Tiefs gibt. «Solange wir spüren, dass ein Jugendlicher will, finden wir eine Lösung», berichtet er. Und die Eltern mahnte er, den Lead bei der Berufswahl den Jungen zu überlassen. «Sie müssen die Verantwortung übernehmen, denn sie müssen nachher in diesem Beruf arbeiten. Aber natürlich dürfen wir ihnen einige mahnende Worte mit auf den Weg geben.»
Denn Lernenden frühzeitig Verantwortung übergeben
Für Claudia Rüttimann, Hotelière bei Aargauhotels, sind drei Elemente in der Berufsausbildung besonders wichtig. «Wir müssen den Jungen Zeit schenken. Sie sind am Anfang noch nicht so schnell, aber sie haben ja vier Jahre Zeit, es zu werden», erklärte sie. Und man soll viele Gespräche mit den Lernenden führen. «Ein Ausbildner, der gleich beim Start der Lehre in die Ferien geht, ist vielleicht suboptimal.» Und nicht zuletzt solle man den Jungen schon früh Aufgaben übergeben, die sie selbstständig erledigen können. So übernehmen sie Verantwortung und werden Teil des Teams. Sie lobt die Aktion Berufe Wohlen+. «Für uns ist es wichtig, dass wir Lernende aus der Region finden. Davon profitieren alle», ist Rüttimann überzeugt.
Berufswahl erhält noch grösseren Stellenwert
Paul Bitschnau, Schulleiter der Bez Wohlen, erklärte, dass die Berufswahl in der Schule heute schon einen grossen Stellenwert einnimmt. Und mit dem neuen Lehrplan wird dieser sogar noch grösser. Berufe Wohlen+ sei ein wichtiger Stein in diesem Projekt. «Eigentlich ist es mehr als ein Stein, wir können schon fast von einem Rubin sprechen», erklärte er. Denn die zwei Tage seien für die Jungen, die Eltern und die Schulen fast wie ein Startschuss, ab dann startet der intensive Prozess. Die Schule sei gerne bereit, Zeit für Schnupperlehren zur Verfügung zu stellen. Aber es helfe natürlich, wenn man die Richtung schon kenne. In dieser Hinsicht leiste Berufe Wohlen+ einen wichtigen Beitrag. --chh



