Im Schrott entwickelte sich Rauch
27.09.2019 WaltenschwilFeuerwehreinsatz bei der Wiederkehr Recycling AG – und eine kritische Beobachtung
Kürzlich wurde die Bevölkerung auf dem Gelände der Wiederkehr Recycling AG über ein Neubauprojekt informiert. Eine Tochterfirma will eine Recyclinganlage bauen, die ...
Feuerwehreinsatz bei der Wiederkehr Recycling AG – und eine kritische Beobachtung
Kürzlich wurde die Bevölkerung auf dem Gelände der Wiederkehr Recycling AG über ein Neubauprojekt informiert. Eine Tochterfirma will eine Recyclinganlage bauen, die Resh in Energie und Dampf umwandelt. Gleichzeitig stand die Feuerwehr im Einsatz – wegen Rauchentwicklung in einem solchen Resh-Haufen.
Annemarie Keusch
Es sind die brennbaren Abfälle, die bei der Autoverwertung in Schredderanlagen anfallen. Resh wird dieses Material genannt. Rund 500 bis 800 Tonnen davon sind bei der Wiederkehr Recycling AG gelagert. «Je nach Material fallen unterschiedliche Mengen an. Der Resh wird schnell umgeschlagen und standardmässig in Kehrichtverbrennungsanlagen gefahren, zur dortigen Verwertung», sagt René Schmid. Er ist stellvertretender Standortleiter der Wiederkehr Recycling AG in Waltenschwil.
Gestern vor einer Woche bemerkte ein Mitarbeiter bei einem Kontrollgang im Resh-Depot leichte Dampfbildung. Schmid erklärt: «Besonders in der klimatischen Übergangszeit von Sommer auf Herbst entsteht viel Dampf. Darum war anfangs nicht klar, ob es sich um Dampf oder Rauch handelt.» Ein offenes Feuer sei zu keinem Zeitpunkt zu sehen gewesen.
Schon länger Geruch in der Luft
Wie lange die Glutnester schon bestanden, kann René Schmid nicht sagen. «Aufgrund der Grösse der Glutnester schätzen wir weniger als 24 Stunden. Wir unternehmen regelmässig Kontrollgänge. Bei Unregelmässigkeiten werden sofort Massnahmen ergriffen.» Anderer Meinung ist Markus Burkard. Der Waltenschwiler und Angehörige der Feuerwehr sagt: «Es lag schon die ganze Woche ein stechender Geruch von Verbranntem in der Luft – je nach Windrichtung mehr oder weniger.»
Dass die Firma Wiederkehr den Mottbrand tagelang ungemeldet zulasse und die Dorfbewohner diesen deutlich riechen, sei nicht nur nicht zulässig. «Es beweist mir, dass der Bau einer Verbrennungsanlage für giftige Stoffe nicht in deren Hände gehört», betont Burkard.
Geruchsemissionen wegen Flüssigkeitsrückständen
René Schmid hält fest, der Mottbrand habe nichts mit der geplanten Recyclinganlage zu tun, mit der Resh anstatt abtransportiert zu werden vor Ort entgast und in Energie und Dampf umgewandelt werde. Geruchsemissionen könnten entstehen, wenn Fahrzeuge angeliefert und verarbeitet werden, die noch Flüssigkeitsrückstände wie Öl oder Kühlmittel enthalten. «Dies versuchen wir zu vermeiden und den gesamten Vorgang nachhaltig zu verbessern.»
Alarmierung via Kommando
Wie es der normale Vorgang sei, sei zuerst die interne Feuerwehr und dann die Feuerwehr Waltenschwil mit ihren Wärmebildkameras aufgeboten worden. Die Alarmierung erfolgte via Kommando. «Das ist eine gängige Variante bei unklaren Situationen, die keine schnelle Intervention erfordern», sagt Michael Meier, Kommandant der Feuerwehr. Dass kein Alarm an alle Angehörigen der Feuerwehr ging, sei nichts Spezielles. Bei Wasserschäden oder Wespennestern erfolgt die Alarmierung immer via Kommando. Auch warum die Fahrzeuge nicht mit Blaulicht auf den Platz fuhren, erklärt Schmid. «Das Feuerwehrmagazin ist rund 70 Meter von unserem Eingangstor entfernt. Bei keinem der Einsätze ist das Blaulicht eingeschaltet. Das hat nichts mit Vertuschung zu tun.»
Ähnlich wie bei feuchtem Heuhaufen
Von morgens, 7.30 Uhr, bis spätnachts, 3 Uhr, standen total 23 Angehörige der Feuerwehr im Einsatz. «Um an die Mottstellen im unteren Bereich des grossen Resh-Haufens zu gelangen, musste viel Material umgeschichtet werden. Dementsprechend viel Zeit nahm der Einsatz in Anspruch», erklärt Kommandant Meier. René Schmid fügt an, dass sicherheitshalber das gesamte Depot kontrolliert und umgeschichtet wurde. Drei Glutnester à 30-mal 30 Zentimeter hatte die Feuerwehr dank Wärmebildkamera gefunden. «Die Umweltauswirkung war minim. Als Vergleich könnte man einen zehn Kilo Sack Holzkohle verglühen lassen», sagt Schmid. Entstanden sei der Mottbrand wegen des organischen Staubanteils des Resh-Haufens in Kombination mit Feuchtigkeit. «Wie bei einem feuchten Heuhaufen führte das zu Wärmeentwicklung.»
Niemand bekam Einsatz mit
Während dem Einsatz führte die Eco-Carbon AG, eine Tochterfirma der Wiederkehr AG, auf dem Gelände einen Informationsanlass zur neuen Recyclinganlage durch. Dass von den Teilnehmenden niemand etwas vom Einsatz mitbekommen hatte, stuft Markus Burkard als Vertuschung ein. «Eine Firma, die betreffend eines solchen Ereignisses nicht offen kommuniziert, ist für den Umgang mit gefährlichen Stoffen nicht geeignet. Wegen solchen Beispielen ist die Bevölkerung vermutlich auch entsprechend kritisch eingestellt», sagt er. Anders sehen es René Schmid und Michael Meier. «Wir haben während der Veranstaltung versucht, die Bewegungen der Feuerwehrleute zu reduzieren, damit die Versammlung nicht unnötig gestört wird», sagt Michael Meier. René Schmid meint: «Dass wir während eines Infoanlasses der Gemeinde versuchten, möglichst wenig Lärm zu machen, ist naheliegend.»
Beide betonen, dass die Zusammenarbeit der Firma mit der Feuerwehr gut laufe und mit gemeinsamen Übungen regelmässig gestärkt werde. Und der Gemeinderat? Die zuständige Gemeinderätin Bettina Galbier sagt: «Ich wurde am nächsten Morgen vom Kommandanten über den Einsatz bei der Firma Wiederkehr informiert. Dies entspricht dem normalen Vorgehen, wie wir es in Waltenschwil immer pflegen. Die Feuerwehr erledigte ihre Aufgaben im Gelände der Firma Wiederkehr im gewohnten Rahmen, ohne Einschränkungen.»