Sorge um das Trinkwasser
30.08.2019 WohlenInterpellation von SP-Grossrat Thomas Leitch-Frey betreffend Chlorothalonil-Rückstände im Trinkwasser
«Trinkwasser ist unser wichtigstes Gut und eine Verunreinigung mit Fremdstoffen gibt Anlass zur Sorge.» Dies schreibt der Wohler Grossrat Thomas Leitch ...
Interpellation von SP-Grossrat Thomas Leitch-Frey betreffend Chlorothalonil-Rückstände im Trinkwasser
«Trinkwasser ist unser wichtigstes Gut und eine Verunreinigung mit Fremdstoffen gibt Anlass zur Sorge.» Dies schreibt der Wohler Grossrat Thomas Leitch in seiner Interpellation. Er geht damit das Chlorothalonil-Problem zusammen mit Ratskollege Martin Brügger aus Brugg aktiv an.
Chlorothalonil ist ein Wirkstoff, der in Pflanzenschutzmitteln seit den 1970er-Jahren gegen Pilzbefall als sogenanntes Fungizid in der Schweiz bis jetzt noch zugelassen ist. Er wird im Getreide-, Gemüse-, Wein- und Zierpflanzenbau eingesetzt, aber auch von Industrie und Privaten verwendet. Der Wirkstoff beschützt die Pflanze vor Pilzbefall. Im Jahr 2017 wurden in der Schweiz rund 45 Tonnen chlorothalonilhaltige Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Dieser Stoff sickert durch den Untergrund, und heute können seine Abbauprodukte, sogenannte Metaboliten, auch im Trinkwasser in erhöhten Konzentrationen nachgewiesen werden.
Wohl noch 20 Jahre im Boden
All dies beunruhigt Grossrat Thomas Leitch. Denn das Mittelland ist wegen der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung der Felder von den Chlorothalonil-Rückständen im Wasser besonders betroffen. Neuste Forschungsergebnisse kamen zum Schluss, dass Chlorothalonil möglicherweise krebserregend ist. Deshalb hat der Bund das Mittel nun auf die Liste der relevanten Stoffe gesetzt, was bedeutet, dass ein Höchstwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter im Trinkwasser nicht überschritten werden darf. Die EU hat das fragliche Fungizid bereits im April 2019 verboten.
Auch der Bundesrat erwägt, die Bewilligung von rund 15 Pflanzenschutzprodukten mit dem Wirkstoff Chlorothalonil zu widerrufen. Ein Entscheid soll im Herbst fallen. «Doch auch wenn ein Verbot kommen sollte», warnt Leitch, «der Stoff hat sich längst abgelagert und wird wohl noch während den nächsten 20 Jahren aus den Böden herausgewaschen und gelangt ins Trinkwasser.» In den bisher untersuchten 108 Wasserproben sind Chlorothalonil-Rückstände in rund einem Drittel der Proben in geringen Spurenkonzentrationen nachweisbar.
Nicht alle sind bei der Info so vorbildlich wie die IB Wohlen AG
Bei rund zehn Prozent der Proben liegt der Messwert über dem vom Bund definierten Höchstwert von 0,1 Mikrogramm pro Liter. Zwei Proben sind mehr als das Zehnfache über dem neuen Grenzwert gelegen, weswegen diese umgehend vom Netz genommen wurden.
«Welche Gemeinden betroffen sind, will das Amt für Verbraucherschutz aus Datenschutzgründen nicht bekannt geben», schreibt Thomas Leitch. Vorbildlich ist hier laut Leitch die ibw. «Die Wasserversorger selber informieren unterschiedlich.» Während die IB Wohlen AG in einer Medienmitteilung darüber informiert, dass sie das Grundwasserpumpwerk Eichholz, das sich in einem landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiet befindet, wegen starker Überschreitung des Chlorothalonilwertes als vorsorgliche Sofortmassnahme umgehend und bis auf Weiteres ausser Betrieb genommen hat (siehe auch Ausgabe vom vergangenen Freitag), orientieren andere Wasserversorger nicht oder geben gar auf Nachfrage keine Auskunft.
Leitch erinnert daran, «wenn die Grenzwerte nicht kurzfristig innert eines Monats gesenkt werden können, müssen alternative Methoden geprüft werden». Für solche Fälle setzt der Bund den betroffenen Gemeinden und Kantonen eine Frist von zwei Jahren, um die Grenzwerte zu senken.
Wie gefährlich ist der Wirkstoff Chlorothalonil?
SP-Grossrat Thomas Leitch formuliert zusammen mit Martin Brügger in seinem Vorstoss zehn Fragen an den Regierungrat. Nachfolgend die wichtigsten Fragen zusammengefasst: Welche Mengen an Pflanzenschutzprodukten mit dem Wirkstoff Chlorothalonil werden im Kanton Aargau jährlich eingesetzt (und welchen Anteil daran haben Private und Industrie)? – Welche alternativen Pflanzenschutzmittel werden eingesetzt? – Als wie gefährlich stuft der Regierungsrat Chlorothalonil beziehungsweise dessen Abbauprodukte in Boden und Trinkwasser ein? Unterstützt der Regierungsrat das vom Bundesrat beabsichtigte Verbot von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Chlorothalonil? – Wie viele landwirtschaftliche Betriebe in welchen Branchen im ganzen Kanton Aargau wären von einem Verbot von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Chlorothalonil betroffen? Und mit welchen Massnahmen könnten betroffene Landwirte kurz- und mittelfristig unterstützt werden? --red

