Veränderung der «Bally»
19.07.2019 Region UnterfreiamtStart zur Serie «Was wurde aus?»
In der neuen Serie erklärt diese Zeitung, was eigentlich aus früheren Projekten und alten Gebäuden geworden ist. Den Auftakt macht die «Bally».
Wer schon einmal am Bahnhof Dottikon-Dintikon ...
Start zur Serie «Was wurde aus?»
In der neuen Serie erklärt diese Zeitung, was eigentlich aus früheren Projekten und alten Gebäuden geworden ist. Den Auftakt macht die «Bally».
Wer schon einmal am Bahnhof Dottikon-Dintikon durchgefahren ist, kennt es: Das grosse rote Backsteingebäude. Kaum zu übersehen. Viele können sich noch an die guten Zeiten erinnern, als täglich etwa 1000 Personen in der Schuhfabrik Bally ein und aus gingen. Der Koloss erinnert noch an diese Zeit. Doch was wurde eigentlich aus dem Gebäude? Was wird jetzt dort gemacht, nachdem die erfolgreichen Zeiten der Schuhfabrik vorbei sind? --red
Backsteinhaus mit Geschichte
«Was wurde aus...?»: Bally-Schuhfabrik in Villmergen
Im Laufe der Zeit verändert sich vieles im Leben. In der Serie «Was wurde aus...?» werden Pläne, Projekte oder Gebäude vorgestellt, die mit den Jahren eine neue Bedeutung bekommen haben. Den Anfang macht die Gewerbeliegenschaft Bally in Villmergen.
Sabrina Salm
Von Weitem sieht man es schon. Ruhig und standhaft steht es am Eingangstor zur Gemeinde Dottikon. Doch eigentlich wurde es auf Villmerger Boden gebaut. Die Rede ist vom roten Backsteingebäude im Ballygebiet. Gebaut wurde es von 1909 bis 1911 und kann als Zeitzeuge der Industrialisierung bezeichnet werden. Der Architekt war Hennebique aus Frankreich. Die Ausführungspläne wurden von Locher und Co. gemacht, die eine Schuhfabrik erstellt haben wollten. Es war die erste grosse Tagesfabrik weltweit, die in Eisen-Beton-Skelettkonstruktion erstellt wurde. 380 Tonnen Betoneisen wurden verlegt. 38 Waggonladungen Schalungsmaterial wurden benötigt. Für den Transport der doppelverglasten Fenster wurden 10 Waggons eingesetzt.
Fabrik war ihrer Zeit weit voraus
Die Bally-Schuhfabrik war ihrer Zeit weit voraus. Sie wurde als Wunderwerk der Technik und der Baukunst gefeiert.
Über 1000 Angestellte haben hier Schuhe produziert. Tagesleistungen von bis 4000 Schuhpaaren wurden erreicht. Die Hochblüte erlebte die Bally-Schuhfabrik vor dem 1. Weltkrieg. Die Jahre des 2. Weltkrieges waren geprägt von Materialmangel und Exportausfall, verbunden mit einer starken Drosselung der Produktion. Danach fiel die Militärschuhproduktion ganz weg, sodass die Beschäftigung auf einen Tiefststand sank. Die Schuhproduktion wurde 1987 eingestellt, die Maschinen und das Mobiliar wurden abtransportiert. Eine Ära ging zu Ende.
Neue Ära dank der Firma Setz Gütertransport
Der Dintiker Transportunternehmer Hanspeter Setz kaufte die alten Gebäude Stock für Stock und renovierte sie aufwendig. Heute steht es unter Denkmalschutz. Die damalige Firma Oskar Setz AG führte dort anfangs noch logistische Arbeiten durch. Seit 1999 wurde auf dem Ballyareal ein modernes Zuhause für eine Vielfalt von Unternehmen und Organisationen geschaffen. Auf rund 13 000 m2 Fläche finden heute gut 40 Mieter ihre Wirkungsstätte wie etwa der Verein Faszination Eisenbahn. Angeboten werden Gewerberäume, Büros und Lagerflächen. So geht das emsige Treiben von früher auch heute noch in den alten Mauern weiter.
2008 hat Hanspeter Setz auf dem Areal eine zusätzliche Halle für seine Oldtimer-Fahrzeuge aufgebaut. Daraus wurde das Setz-Museum «Gestern, Heute, Morgen». Es entstand nach dem Verkauf der Transportunternehmung an die Post und beherbergt eine Sammlung von Fahrzeugen aus verschiedenen Zeitepochen. Lastwagen und Personenautos sind ausgestellt. Die private Auto-Ausstellung von Hanspeter Setz hat einiges zu bieten. Sie hält für jeden Autolieb-haber ein Appetithäppchen bereit, bringt aber auch solche zum Staunen, die kein grosses Interesse an Automobilen haben. Über 80 Modelle auf 2300 Quadratmetern sind im Privatmuseum zu bewundern.
Das rote, mächtige Backsteingebäude im Ballygebiet – es war, ist und bleibt ein Wahrzeichen im Freiamt.