Jazz trotzt dem Regen
18.06.2019 WohlenWohler Jazz-Fans erleben ihr grosses Déjà-vu. Kurz vor Beginn der ibw-Jazz-Night vom Samstag ziehen dunkle Wolken auf. Jede Menge Regen fällt über Wohlen. So stellte sich das Organisator Beat Koch nicht vor. «Das ist kein super Plausch nach einem Jahr Vorbereitung», ...
Wohler Jazz-Fans erleben ihr grosses Déjà-vu. Kurz vor Beginn der ibw-Jazz-Night vom Samstag ziehen dunkle Wolken auf. Jede Menge Regen fällt über Wohlen. So stellte sich das Organisator Beat Koch nicht vor. «Das ist kein super Plausch nach einem Jahr Vorbereitung», sagt er. Das Wetter macht aber den Veranstaltern trotzdem keinen Strich durch die Rechnung. Die Stimmung bei Musikern und Zuschauern ist trotz der Wetterkapriolen gut. Und so erlebt Wohlen erneut qualitativ eine fantastische Jazz-Night. --red
ibw-Jazz-Night: Bands trotzen der sintflutartigen Stimmung
Sechs Standorte, 13 Bands. Aber nur ein Niveau: ein ganz hohes. «Ich würde keine einzige Band ersetzen, die Erwartungen sind voll erfüllt», sagt OK-Präsident Beat Koch von der ibw. Und dies obwohl Wohlen das grosse Déjà-vu erlebt.
Simon Huwiler
Aufgewachsen im Engadin. In New York die Musik entdeckt. Seit über 30 Jahren auf den Bühnen dieser Welt präsent. Pius Baumgartner, Berufsmusiker. Eigentlich Klarinettist. Doch nicht an diesem Abend. Inspiriert von Grössen wie Miles Davis oder John Coltrane spielte er auf der Bühne vor dem «Rössli» sein goldenes Saxofon.
Dass für einmal kaum Fans mitwippen, sondern die Regentropfen tanzen, stört ihn kaum. «Ob 1 oder 1000 Zuschauer: Wir haben ein höllisches Set gespielt – I don’t care: es hat Spass gemacht.» Die Jazz-Welt in Wohlen ist eine kleine Welt. Eine, in der sich Baumgartner wohlfühlt. Er ist zum dritten Mal mit dabei. «Es ist ein Musikertreffen hier, das ist schön. Und auch die Infrastruktur ist viel musikerfreundlicher als beispielsweise in einer Grossstadt.»
«Wenn ich spiele, was ich höre, bin ich happy»
Baumgartner lebt von der Musik seit er 20 Jahre alt ist. «Jetzt bin ich 51. Ich warte nicht auf die Pension, sondern hoffe, dass ich das noch bis ich 80 bin machen kann.» Was ihn antreibt, ist die Musik an sich. «Wenn ich spielen kann, was ich höre, dann bin ich happy. Dann, wenn zwischen Hirn und Finger keine Barriere ist.» Eine Lebensaufgabe für den Bündner. Eine, an der er arbeitet. «Ich bin noch dran – Halftime», witzelt er. Seine Soli an diesem Abend sind lang, emotional, zeitlos: Vergisst man das regnerische Setting rundherum, könnte man sich gut vorstellen, in einem altehrwürdigen spärlich beleuchteten und verrauchten Jazz-Club irgendwo zwischen Chicago und New York diesen Klängen zuzuhören. Und dann fragt man sich, wie einer Abend für Abend solche Auftritte hinlegen kann. «An deinem schlechtesten Tag musst du immer noch gut genug sein – das ist der Trick. Unter allen Umständen musst du gut spielen. Aber wir sind alle auch nur Menschen.»
Sternenplatz, kurz nach 19 Uhr. Der Londoner Rock Choir ist bereit, die Jazz-Night zu eröffnen. Die Zuschauer auch. Das Wetter nicht. Schon beim zweiten Song schüttet es vom Himmel, was das Zeug hält. Mit vollem Elan singen die 200 Frauen und Männer «Don’t stop believin’». Glauben, hoffen, beten. Doch spätestens als der Chor «Hallelujah» anspielt, wars um die Hoffnung geschehen. Es flüchtet, wer kann, während sich über Wohlen die heftigsten Regenfälle des Jahres ergiessen. «Nicht schon wieder!», denkt sich da so mancher Jazz-Fan. Wohlen erlebt sein grosses Déjà-vu.
Wohlen erlebt sein Déjà-vu
So stellte sich das Organisator Beat Koch nicht vor. «Das ist kein super Plausch nach einem Jahr Vorbereitung», sagt er, der sich aber auch davon nicht kleinkriegen lässt. «Mich stellt es auf, wie die Musiker das aufnehmen. Die finden es einfach lässig, dass die Leute dennoch da sind. Jene, die da waren, wurden entlöhnt.» Denn trotz des zweiten Streichs von Petrus erlebt Wohlen qualitativ eine fantastische Jazz-Night. «Ich bin sehr zufrieden. Ich sehe es ja an den Reaktionen des Publikums. Ich würde keine einzige Band ersetzen, die Erwartungen sind absolut erfüllt.»






