Historischen Charakter bewahrt
28.06.2019 WohlenDas Seckelmeisterhaus an der Steingasse: Nun erstrahlt es in einem neuen Gewand
Der Erneuerungsprozess läuft schon lange. Und der Besitzer des Seckelmeisterhauses, Simon Heusser, kann das nächste Etappenziel feiern. Die Liegenschaft präsentiert sich nun mit ...
Das Seckelmeisterhaus an der Steingasse: Nun erstrahlt es in einem neuen Gewand
Der Erneuerungsprozess läuft schon lange. Und der Besitzer des Seckelmeisterhauses, Simon Heusser, kann das nächste Etappenziel feiern. Die Liegenschaft präsentiert sich nun mit einem neuen Erscheinungsbild.
Wer in diesen Tagen an der Kreuzung Steingasse / Wagenrainstrasse vorbeikommt, erkennt auf den ersten Blick, dass in den vergangenen Monaten eine grosse Veränderung stattgefunden hat: Wo einst eine dem Abbruch geweihte, zusehends zerfallende Liegenschaft während Jahren unbewohnt ihr Dasein fristete, erstrahlt nun das imposante Seckelmeisterhaus in neuem Glanz.
Nachdem es jahrelang still war um das altehrwürdige Haus an der Steingasse 47, hat es nun ein völlig neues äusseres Erscheinungsbild erhalten. Nach dem Entfernen der schützenden Jutetücher und des Holzgerüsts kommt sein neues äusseres Kleid nun endlich richtig zur Geltung – ein Meilenstein für den Bauherrn und sein Team.
Das Seckelmeisterhaus und seine Historie
Das markante Haus wurde 1803/1805 vom damaligen Seckelmeister und Kantonsrat Anton Isler erbaut und lag damals an der Verbindungsstrasse von Bern nach Zürich. Es diente seinen Bewohnern während Jahrzehnten nicht nur als Wohnhaus, sondern wurde auch als Gaststätte genutzt. Reisende, die auf der Route Bern–Zürich unterwegs waren, konnten hier einen Zwischenhalt machen – nicht nur um sich selber auszuruhen, sondern auch um die Pferde vor dem steilen Anstieg der Steingasse wieder zu Kräften kommen zu lassen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging das Haus an die Familien Lüthy über. Die beiden gleichnamigen, aber nicht verwandten Familien führten beide einen Bauernbetrieb. Nicht nur das Haus wurde geteilt, sondern auch die Scheune nebenan. Gut miteinander auszukommen war unabdingbare Voraussetzung dafür, so nahe beieinander wohnen und wirtschaften zu können. Gemäss den Erzählungen von Frau Vock-Lüthy, einer Tochter der Familie, die ihren Hausteil später verkaufte, war dem auch tatsächlich so.
Die damaligen Eigentümer hatten keine Nachkommen oder jemanden, der den Landwirtschaftsbetrieb weiterführen würde. Aus diesem Grund stand das Haus anschliessend beinahe 20 Jahre lang leer, bis es dann auf einen neuen Besitzer gestossen ist.
Neues Leben für das geschichtsträchtige Haus
Vor ein paar Jahren hat die Liegenschaft mit dem Schreiner Simon Heusser einen neuen, tatkräftigen Besitzer gefunden und wird seither von ihm und seinem Team in unzähligen Arbeitsstunden wieder auf Vordermann gebracht. Er hat sich zum Ziel gesetzt, das unter kantonalem Denkmalschutz stehende Gebäude mit viel Herzblut unter Berücksichtigung des historischen Befundes und unter möglichst weitgehendem Erhalt der originalen Bausubstanz wieder bewohnbar zu machen.
Dabei kann der Bauherr auf die fachkundige Begleitung durch die kantonale Denkmalpflege zählen. Schliesslich werden im geschichtsträchtigen Haus drei grosszügige Mietwohnungen entstehen.
Intensive Arbeiten an der Gebäudehülle
Parallel zu den Arbeiten am Dach wurde die Renovation der Fassade in Angriff genommen. Begonnen haben die Vorbereitungsarbeiten für die Fassade bereits im Frühling des vergangenen Jahres, als die Temperaturen die entsprechenden Arbeiten wieder zuliessen. Nach dem Anbringen des Stopfmörtels und des Grundputzes ruhten die Fassadenarbeiten während der kalten Wintermonate, da aufgrund der Kälte an ein Arbeiten mit Kalk im Freien nicht zu denken ist. Während dieser Zeit konnten Stopfmörtel und Grundputz vollständig austrocknen, was das Risiko von späteren Rissbildungen auf der fertigen Putzoberfläche vermindert.
Den aufgetragenen Putz haben Simon Heusser und sein Team grösstenteils selber gemischt, unter Verwendung von Sand aus einem lokalen Kieswerk. Die Idee der historisch korrekten Vorgehensweise bei den Umbauarbeiten findet auch in der Fassade ihren Niederschlag, indem ausschliesslich Kalk als (natürliches) Bindemittel zum Einsatz kam.
Abgerundet wird das neue äussere Erscheinungsbild der Liegenschaft durch insgesamt 44 nach traditionellem Vorbild handgefertigte Fensterläden. Die sogenannten Bretterläden wurden aus regionalem Lärchenholz gefertigt und anschliessend mit Ölfarbe gestrichen. Zum Erhalt des historischen Charakters des Hauses tragen zusätzlich auch die Fenster bei, die zu einem grossen Teil sogar noch aus der Bauzeit stammen. Dies ist gemäss dem Bauberater der kantonalen Denkmalpflege, Jonas Kallenbach, im Kanton Aargau eine Seltenheit.
Auch beim Innenleben geht es voran
Trotz der intensiven Arbeiten am äusseren Erscheinungsbild des Hauses ist auch der Baufortschritt im Inneren des Hauses nicht zu kurz gekommen. So sind insbesondere die Brandschutzmassnahmen zwischen den einzelnen Stockwerken bereits abgeschlossen und die Restaurierung des alten Täfers ist ebenfalls weit fortgeschritten.
Als nächste Etappe stehen die gesamten Sanitär- und Elektroarbeiten auf dem Programm, für die Heusser neben den eigenen Mitarbeitern lokale Handwerker beiziehen wird. Daneben gibt es auch am äusseren Erscheinungsbild des Hauses noch einige Kleinigkeiten zu erledigen.
Eine 101-jährige Zeitzeugin erinnert sich
Bereits jetzt hat das Haus eine enorme Veränderung erlebt, was mit Sicherheit auch Trudi Vock-Lüthy bestätigen würde, die im imposanten Seckelmeisterhaus geboren wurde und sich noch sehr genau daran zu erinnern vermag, wie ihr Geburtshaus in früheren Zeiten aussah. Bei ihrem Besuch im Haus kurz vor ihrem 100. Geburtstag wusste sie Interessantes zum damaligen Innenleben des Hauses zu erzählen und kam später noch einmal vorbei, um den restaurierten Kachelofen – ihren früheren Lieblingsplatz – zu begutachten. Sein Versprechen, Trudi Vock-Lüthy nach Abschluss der Bauarbeiten zu einem erneuten Besuch zu empfangen, wird Simon Heusser mit Freude einlösen. Vorerst wünschen Simon Heusser und sein Team der Jubilarin alles Gute zu ihrem morgigen 101. Geburtstag.
«Es bleibt noch einiges zu tun, bis die drei Wohnungen im Seckelmeisterhaus bezugsbereit sein werden», so Heusser. Bis es so weit ist, kann der Fortschritt der Umbauarbeiten jederzeit auf dem bebilderten Blog des Bauherrn verfolgt werden. --red
Weitere Informationen: www.steingasse47.ch.