«Bete, lies und arbeite»
28.05.2019 Hermetschwil-StaffelnOrtsbürger zu Besuch im Kloster St. Martin in Hermetschwil
Der gepflegte Garten, der Kreuzgang, der Innenhof: Am Bürgertag konnten die Ortsbürger diverse Stationen im Kloster besichtigen.
André Widmer
«Emotional und ...
Ortsbürger zu Besuch im Kloster St. Martin in Hermetschwil
Der gepflegte Garten, der Kreuzgang, der Innenhof: Am Bürgertag konnten die Ortsbürger diverse Stationen im Kloster besichtigen.
André Widmer
«Emotional und ein merkwürdiges Gefühl»: So oder ähnlich wie Stadtammann Raymond Tellenbach in der Kirche Bruder Klaus dürften auch weitere Besucher des Bremgarter Bürgertages gedacht haben, die der anschliessenden Führung durch das Kloster St. Martin zu Hermetschwil beiwohnen durften. Tellenbach hatte in dieser Kirche, die baulich zum Klosterensemble, aber auch zur katholischen Kirchgemeinde Hermetschwil-Staffeln gehört, vor rund 25 Jahren geheiratet. Kurz vor Tellenbachs Worten beendeten die Klosterschwestern gerade ihren wundervollen Gesang zum Vesper. «Ora, lege et labora, auf Deutsch: Bete, lese und arbeite» – dies sei die verkürzte Form der Regel des heiligen Benedikt, erklärte Kloster-Stiftungsrat Martin Egli. Sechsmal am Tag werde gebetet.
Private Gebete in der Kapelle
In vier Gruppen aufgeteilt, machten die rund 150 Ortsbürgerinnen und Ortsbürger an diversen Stationen im Kloster halt und vernahmen allerlei Wissenswertes von den Schwestern. So erklärte Priorin Pia das Ensemble mit der Einsiedler Mutter Gottes in der sogenannten Gartenkapelle. Das Gebäude, das sich im südlichen Teil des Klosterareals befindet und für dessen Besuch man auf einem Fussweg den Garten durchqueren muss, wird von den Schwestern hauptsächlich für private Gebete genutzt. Auf den kleinen Tafeln an der Wand ist zudem der Kreuzweg dargestellt. Der grosse Garten präsentiert sich in einem wunderbar gepflegten Zustand. Hier bauen die Schwestern neben Gemüse, Kartoffeln und Salaten auch Erbeeren für den Eigengebrauch an. Eine Mischwiese sorgt für Bienenflug; im Kloster gibts deshalb auch eigenen Honig. Die Obstbäume indes befinden sich ennet der Klostermauern. Letztes Jahr kamen 850 Liter Most für Eigenbedarf zusammen.
Die Gemäuer des Klosters Hermetschwil atmen sprichwörtlich Geschichte. Dies wurde auch aus den Ausführungen von Martin Egli klar. Er schilderte unter anderem auch, wie sich um 1300 Hermetschwil aus der totalen wirtschaftlichen Abhängigkeit Muri befreien konnte. «Ein eigenes Siegel taucht 1309 erstmals auf einem Vertrag mit dem Bremgarter Müller auf. Der Abt von Muri vertrat das Kloster gegen aussen, ihm standen auch das Visitationsrecht und die Wahl der Meisterin zu», so Egli. Die Reformation setzte dem Kloster schwer zu, das Kloster wurde geplündert. Offenbar blieben dann bei den Villmergerkriegen im 17. und 18. Jahrhundert einige wenige Schwestern zurück, die weitere Plünderungen abwenden konnten. Später, im 19. Jahrhundert, dann die staatliche Willkür: Das Dekret zur Einschränkung der Aufnahme von Novizen (1817), das Verbot der Aufnahme (1835) und die Aufhebung der Klöster (1841). 1843 wurde es wieder hergestellt. Zwar lebten einige Schwestern noch in Hermetschwil, aber erst 1909 kam wieder eine Priorin. Und erst 1985 wurde nach über einem Jahrhundert wieder eine Äbtissin in Hermetschwil geweiht.
Im Kloster finden sich noch Gegenstände aus der bewegten Zeit. So ein Baldachin von 1730, Gemälde, Reliquienkästchen, Stiche. Besonders erwähnenswert auch das Hermetschwiler Krippenspiel: Es ist rund 350 Jahre alt und besteht aus 33 Figuren. Im Innenhof des Klosters gibt es einen Brunnen, vier Wege führen kreuzartig hinzu. Wandmalereien über den Fenstern im Innenhof, welche erst nach und nach bei Renovationen freigelegt wurden und die fünf Sinne des Menschen darstellen, sind ebenso zu sehen wie zwei Sonnenuhren: eine für die Morgensonne, die andere für die Abendsonne.
Besuch im Kinderheim
Die Ortsbürger besuchten zudem das benachbarte Kinderheim. Die Institution nennt sich heute «St. Benedikt leben und lernen». Gesamtleiterin Pia Iff erklärte Konzept und Grundsätze des Sonderschulheims. Die verschiedenen Disziplinen in der Betreuung versteht man gemäss Iff als «eine pädagogische Einheit». Ein respektvoller, wertschätzender und empathischer Umgang ist ein Grundsatz, denn das Ziel ist eine «gelingende Reintegration in die Gesellschaft». Heute leben 37 Kinder und Jugendliche im St. Benedikt, betreut von 62 Mitarbeitern.