«Ein Glücksfall für Bremgarten»
21.05.2019 BremgartenDas Stadtmuseum zeigt eine Wechselausstellung mit eindrücklichen Fotografien von Willi Wettstein
Der Fotograf Willi Wettstein hat während 50 Jahren das gesellschaftliche und kulturelle Leben im Städtli dokumentiert. Nun ist ihm und seinem Schaffen eine ...
Das Stadtmuseum zeigt eine Wechselausstellung mit eindrücklichen Fotografien von Willi Wettstein
Der Fotograf Willi Wettstein hat während 50 Jahren das gesellschaftliche und kulturelle Leben im Städtli dokumentiert. Nun ist ihm und seinem Schaffen eine Ausstellung im Stadtmuseum gewidmet.
André Widmer
Rund 300 von Tausenden von Fotografien haben es schliesslich in die Wechselausstellung «Bremgarten in Fotos von 1920–1970» geschafft, die seit dem Wochenende und während zwei Jahren im Stadtmuseum gezeigt wird. Und zwar auf drei Etagen. Es ist eine Auswahl des Schaffens von Willi Wettstein, der von 1902 bis 1982 gelebt hat und in der Altstadt ein Fotofachgeschäft betrieb. Willi Wettstein, der am Bogen 10 aufgewachsen ist, fotografierte schon während Schulzeiten am Kloster Einsiedeln die dortigen Kirchenleute: Entstanden sind beeindruckende Porträtaufnahmen, die im Stadtmuseum nun in einem Album gerahmt begutachtet werden können. Wettstein hatte übrigens mit einem Theologiestudium begonnen, heiratete dann aber Maria von Moos und eröffnete sein Geschäft.
Bewegte Zeiten
Willi Wettstein dokumentierte das gesellschaftliche und kulturelle Leben Bremgartens während eines halben Jahrhunderts. Es waren bewegte Zeiten, wie ein nur kleiner Einblick in seine Fotografien verrät: 1926 fotografierte Wettstein einige Doppeldecker-Flugzeuge auf der Fohlenweid, als die 4. Division ein Manöver abhielt. Auf einer anderen Aufnahme sieht man die Bruggmühle mit dem Hochkamin (1927). Oder die Stippvisite von General Henri Guisan während des Zweiten Weltkrieges, als er in der Unterstadt vor den aufgereihten Soldaten steht. Zu sehen sind das schöne Gebäude der Reussbadi (zirka 1938) und das Geschäft des Konsumvereins, damals noch mit Verkaufstheke (um 1950er-Jahre). Eine historische Aufnahme sicher auch das dichte Verkehrsaufkommen und parkierte Autos in der Altstadt in den 60er-Jahren. Damals, noch vor der Eröffnung der Teilstrecke der Autobahn N1, führte die Strassenverbindung Bern–Zürich noch durch das Städtli. Die Freiämter Gewerbeausstellung von 1934 wurde ebenso festgehalten wie das Baumsterben 1931 vor dem Schulhaus.
Willi Wettstein war in Bremgarten wohlbekannt, wie an der Vernissage auf dem Kornhausplatz mit Heinz Koch ein Zeitzeuge verriet. «De Wettstein war ein Begriff», so Koch, der Wettstein noch kannte. «Er war überall. Mit einem Stumpen eines Stumpen, der Brille und einem weissen Hündchen», erinnerte er sich.
«Ein kulturhistorischer Schatz»
Wettstein dokumentierte in der Tat fast alles: Jugendfeste, Operettenund Theateraufführungen, Ereignisse. So ist denn auch im ersten Stock des Stadtmuseums ein Teil der Ausstellung thematisch aufdividiert in die Bereiche Kirche/Schule/Militär, Verkehr, Feste, Märkte/Ausstellungen, Ereignisse und auch Erhalten/ Verschwunden. Fridolin Kurmann, Präsident des Stadtmuseums Bremgarten, sagte: «Das ist ein wertvoller kulturhistorischer Schatz, ein Glücksfall für Bremgarten.»
Dass dieser Glückfall noch besteht und nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte, ist das Verdienst von Wettsteins Neffe Alois Stutz. Er hütete viele Erinnerungsstücke in einem Metallschrank. Es existierten beispielsweise 100 Fotoglasplatten. Auch sonst halfen Familienmitglieder mit bei der Bearbeitung des Archivs: Alois’ Tochter Franziska digitalisierte die Fotos, Sohn André erstellte die Printabzüge. «Fotografieren und festhalten. Wenn er fotografiert hat, war er Perfektionist», sagte Alois Stutz.
Begrüssenswerte Horizonterweiterung
«Das Wissen um die Vergangenheit zeigt uns ja auch die Zusammenhänge im Hier und Jetzt auf, die Begründungen, wieso was wie gelaufen ist», erklärte Stadtammann Raymond Tellenbach und wies damit auf die Wichtigkeit solcher Zeitdokumente hin. «Ich meine das Verständnis, welches nötig ist, um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft zu gestalten.» Eine Horizonterweiterung sei in jedem Falle zu begrüssen. «Dass wir dies im wahrsten Sinne des Wortes vor unserer Haustüre präsentiert erhalten, finde ich bemerkenswert und schätze ich ganz besonders.»
Stadtmuseum Bremgarten: «Bremgarten in Fotos 1920–1970», Fotoausstellung von Willi Wettstein. Geöffnet jeweils Samstag und Sonntag je 14 – 17 Uhr. Während der Sommerferien sowie zwischen Weihnachten und Neujahr geschlossen. Eintritt frei.




