Er wechselt jetzt die Uniform
16.04.2019 BremgartenWalter Friedli bleibt Marktchef, die Polizeiuniform wird er bald ablegen
Das neu geschaffene Teilpensum für das Marktwesen erfüllt ein Bedürfnis der Stadt und freut auch Walter Friedli. Den sanften Übergang in den Ruhestand schätzt ...
Walter Friedli bleibt Marktchef, die Polizeiuniform wird er bald ablegen
Das neu geschaffene Teilpensum für das Marktwesen erfüllt ein Bedürfnis der Stadt und freut auch Walter Friedli. Den sanften Übergang in den Ruhestand schätzt er. Es eilte ihm nicht, die Funktion des Marktchefs abzugeben.
Lis Glavas
Offiziell wird er sie am Ostermontag im Ostermarkt erstmals tragen, seine Marktchefuniform. «Die Hosen der Polizeiuniform kann ich weiterhin verwenden», sagt Walter Friedli, «die sind ja nicht angeschrieben.» Wie lange er die neue Uniform tragen wird, weiss er noch nicht. Bis Ende Jahr soll ein Nachfolger für diese Funktion gefunden sein. «Im nächsten Jahr werde ich ihn einarbeiten, im darauf folgenden Jahr soll er von mir begleitet die Organisation übernehmen. Wenn ich Ende 2021 abgebe, werde ich 35 Jahre Marktchef gewesen sein.» Falls die Übergabe nicht wie geplant klappt, ist er bereit, ein bis zwei Jahre anzuhängen. «Spätestens mit 70 will ich aufhören. Als Sesselkleber will ich nicht gesehen werden.»
Pöstler und Hilfspolizist
Als Polizist wird er es jetzt auf 32 Jahre gebracht haben. Es war eine Nebenbeschäftigung, die er zur Eröffnung des Parkhauses Obertor im April 1987 annahm. Rund 30 Stunden pro Monat arbeitete er als Parkhaushelfer und Hilfspolizist. Im Hauptberuf war er seit 1974 Pöstler in Niederrohrdorf.
Seine Polizeiaufgaben bestanden in der Kontrolle des ruhenden Verkehrs und im Verkehrsdienst an neuralgischen Stellen. Noch beherrschten die Blechlawinen den Altstadtverkehr. An Wochentagen war er von 11.55 bis 12.15 Uhr beim Restaurant Adler zu regeln, von 16.30 bis 18.45 Uhr auf der Kronenplatzkreuzung, wie der Obertorplatz früher genannt wurde. «Ein tägliches Chaos, unvorstellbar wäre das heute mit den viel grösseren Lastwagen.»
Gereizt hätte es ihn, eine kleine Poststelle als Verwalter und Briefträger zu führen. Eine neue Möglichkeit eröffnete sich, als Stadtpolizist Bruno Notter ging. «Chef war Kurt Widmer. Ich denke, dass er keine befriedigende Bewerbung bekommen hat», erzählt Walter Friedli. «Du wärst der Mann, den ich suche, sagte er. Es war an einem Samstag. Meine Bewerbung wollte er bis Sonntag, 20 Uhr, haben.» Er nahm das Angebot an und half Francis Gottet, dem früheren Bauverwalter Bremgartens, eine Woche später bei der Durchführung des Herbstmarktes. Dann begann er seine Ausbildung zum Verkehrsinstruktor, die berufsbegleitend zwei Jahre dauern sollte. Am 3. Januar trat er seine Polizeiausbildung in Neuenburg an.
Zuerst aufräumen
Eine zusätzliche Polizistenstelle, die vierte, hatte zur Diskussion gestanden, wurde aber abgelehnt. «Es sei wichtiger, fand man, die Verkehrserziehung und das Marktwesen gut zu organisieren. «Ich übernahm zwei Ruinen. Und Besseres hätte mir nicht passieren können.» Nebst der Verkehrserziehung und der Organisation und Durchführung der Märkte bekam er Polizeiaufgaben im ruhenden und fliessenden Verkehr.
Drei Jahre brauchte er, um in den Märkten aufzuräumen. Trickreich gaben Marktfahrer Standplätze unter der Hand weiter. «Die mussten merken, dass das mit dem Friedli nicht geht. Heute weiss jeder, wie ich es haben mag», sagt er bescheiden. Tatsächlich verschafft er sich mit natürlicher Autorität und Gradlinigkeit grossen Respekt unter den Marktfahrenden. «Jammernden Marktchefs muss ich manchmal sagen, sie seien selbst schuld, weil sie keine klare Linie haben.»
Per 1. März ist das Marktwesen von der Repol ins Departement von Stadträtin Monika Briner übergegangen, ins Ressort Kultur. Seine Jahresarbeitszeit entspricht einem 40-Prozent-Pensum in welchem der Ferienanspruch bereits enthalten ist. Das sei aufgrund langjähriger Erfahrungswerte berechnet worden, erklärt er.
Nicht minder erfolgreich fand Walter Friedli bei der Verkehrserziehung auch den Zugang zu den Kindern. «Ich ging natürlich auf sie zu und vermittelte den Unterricht altersgerecht. Dass ich selbst drei Kinder habe, machte es mir sicher leichter.»
Polizeiuniform schafft Distanz
Ältere Schüler sollen ihn mal in die Reuss gestossen haben. Erstaunt widerspricht er. «Nein, das stimmt nicht. Manche Töffiibuben hatten mit mir Probleme. Aber nass geworden bin ich deswegen nicht», lacht er.
Es ging meistens um frisierte oder nicht verkehrstaugliche Mofas. «Einer fuhr öfter mit 100 km/h auf seiner Schrottmühle, ohne Kontrollschilder, ohne Licht und mit kaum noch funktionsfähigen Bremsen. Er entwischte uns öfter. Schliesslich ging uns dann sein Kollege ins Netz, der das Mofa ausgeliehen hatte. Die Mutter des Besitzers verlangte, dass wir das Mofa in seinem Beisein zur Verschrottung bringen. Er weinte. Andere mussten ihr eingezogenes Mofa beim Strassenverkehrsamt abholen. In der Regel blieb ihnen das Chassis ohne frisierten Motor.» Einmal stellte ihm ein Mann seine Frau und seine zwei kleinen Kindern vor. «Zweimal war ich Ihr Kunde, erzählte er mir. Wie Sie sehen, ist trotzdem etwas aus mir geworden. Eines seiner Kinder war zu der Zeit bei mir im Verkehrsunterricht.» Die meisten Sünden konnten die Töffiibuben mit Frondienst beim Schulhausabwart aus der Welt schaffen.
Mittlerweile hat Walter Friedli vier Enkel. Ihr junges Alter lässt ihn noch zögern, seine Modelleisenbahn mit fünf gleichzeitig fahrenden Zügen aufzubauen. In der gewonnenen freien Zeit wird er mit seiner Frau Monika wandern, velofahren und Zugreisen unternehmen. Zudem sammelt er Fossilien. Wird das Ablegen der Polizeiuniform etwas verändern in seinem Umfeld? «Das hoffen meine Frau und ich. Manche Bekannte gingen wegen meiner Tätigkeit auf Distanz. Es wäre schön, wenn sich Beziehungen zukünftig etwas lockerer pflegen liessen.»