Ehrung der Jubilare durch die Gemeinde

Die ewige Liebe in der heutigen Zeit zu �nden, scheint eine grosse Kunst zu sein. Dem stimmen auch Ehepaare zu, die seit mehr als einem halben Jahrhundert verheiratet sind. Doch was hat es mit der langjährigen Liebe auf sich? Weshalb ist die Suche danach heute so schwierig?

Um das Wunder namens Liebe zu sehen, muss man vielleicht zuerst daran glauben. Die Berichterstatterin hat als Kind mit Papier und Stiften in den Händen auf ihre Eltern gewartet. Rot und blau, die Fingerknöchel des Vaters, der ihre ersten Zeichnungen stolz in seinen rauen Händen hielt. Der Vater, der um zwei Uhr morgens neben dem Kinderbett einschlief, während ihre zwei Hände seine hielten. Der Vater, der wenige Stunden später wieder zur Arbeit ging.

Sie hat als Kind mit Büchern in den Händen auf ihre Eltern gewartet. Violett und blau, die Schatten unter den Augen der Mutter, als sie ihr beim Lesen zuhörte. Die Mutter, die wenige Stunden später wieder zur Arbeit ging. Ihre Eltern, die so viel aufgegeben haben, um ihr den Weg zu einem wundervollen und glücklichen Leben zu ebnen.

Die Elternliebe ist nur eine Dimension von vielen, welche der Begriff «Liebe» umfasst. Es scheint einigen nicht klar zu sein, dass Liebe in so vielen Formen existiert. Demnach beschränken gewisse Personen ihr Verständnis von der Liebe bloss auf die Partnerschaft. Eine falsche Vorstellung, die besonders der sogenannt «beziehungsunfähigen» Generation schaden könnte. Von einer einzigen Person nicht geliebt zu werden, bedeutet nämlich nicht, dass man von anderen Menschen nicht geliebt und wertgeschätzt wird.

Liebe ist eine individuelle Erfahrung

Am Jubilarenanlass in Sarmenstorf hat die Berichterstatterin Ehepaare, die mehr als 50 Jahre lang verheiratet sind, nach ihrem Rezept für die ewige Liebe gefragt. Das Geheimnis hinter der 55-jährigen Ehe von Emil und Bernadette Koch ist Dauerhaftigkeit: «Wir haben in schwierigen Situationen nicht gleich aufgegeben. Man muss aufeinander eingehen und weitermachen.» Eine andere Person hat offen und ehrlich gestanden: «Es braucht so viel Geduld.»

Auch eine weitere Jubilarin, die seit 60 Jahren verheiratet ist, erzählte, welchen Rat sie kürzlich gegeben hat: «Letztens hat meine Enkelin geheiratet und ich habe ihr Folgendes geschrieben: «Liebe verzeiht immer.» Vergangene Probleme werden in guten Momenten wieder vergessen.» Ein weiterer Jubilar fügt schelmisch hinzu: «Man muss nur brav bleiben.»

Annelies und Bernhard Ruepp-Poffet feierten am Tag des Jubilarenanlasses ihren Hochzeitstag und wurden dafür speziell geehrt. «Toleranz ist ein Kunstwerk, welches von beiden Seiten kommen muss. Man hat sich die Ehe überlegt und kann sie nicht so leicht aufgeben. Wichtig ist, dass man sich entgegenkommt», erklärt Annelies Ruepp-Poffet.

Das Leben ist keine Instagram-Story

Doch die Jubilare sind sich bewusst, dass die ewige Liebe heute immer mehr eine Seltenheit geworden ist: «Vor 60 Jahren war die Welt anders», erinnert sich eine Jubilarin zurück. «Heute habe ich das Gefühl, dass die Gesellschaft nicht mit der Technologie mitkommt. Es gibt nun so viele Möglichkeiten, die wir damals nicht hatten.» So können zum Beispiel Social Media unrealistische Erwartungen in vielen Hinsichten kreieren. Auch die Vorstellung von einer erfolgreichen Beziehung ist davon betroffen.

Indem zum Beispiel auf Instagram nur die schönen Momente des Lebens veröffentlicht werden – weil schliesslich nur solche gesehen werden möchten –, fallen die Schattenseiten des Lebens in den Hintergrund. Dadurch kann bei Social-Media-Nutzern die Illusion entstehen, dass diese Scheinwelt der Norm entspricht und dass nun einmal das eigene, ungefilterte Leben mit allen Höhen und Tiefen nicht erfüllend ist.

Aber wie die Jubilare es erwähnt haben, ist das Rezept für die ewige Liebe alles andere als einfach und unkompliziert, wie es auf Social Media gerne vermittelt wird. --mnj