«Sternen»: Kampf um Parkplätze
29.03.2019 WohlenSeit zwölf Jahren wirten Remus Lochmann und Rita Seiler auf dem «Sternen» in Wohlen. Alles war gut – nun sollen die gebührenfreien Parkplätze vor dem Haus weg. Sie fühlen sich nicht ernst genommen.
Wirtsleute fühlen sich ...
Seit zwölf Jahren wirten Remus Lochmann und Rita Seiler auf dem «Sternen» in Wohlen. Alles war gut – nun sollen die gebührenfreien Parkplätze vor dem Haus weg. Sie fühlen sich nicht ernst genommen.
Wirtsleute fühlen sich übergangen
Restaurant Sternen: Langer Kampf um bestehende und gebührenfreie Parkplätze – und keine Einigung in Sicht
Sie wollen einfach ihre Parkplätze unmittelbar neben dem Restaurant behalten. Dafür kämpfen die Wirtsleute des «Sternen», Remus Lochmann und Rita Seiler. Nur so bleiben sie konkurrenzfähig. Die Annäherung an die Gemeindeverantwortlichen ist problematisch, ein Kompromiss ist weit entfernt.
Daniel Marti
Da staunte der Wirt. Kurz vor Weihnachten kreuzten Werkhofmitarbeiter im «Sternen» auf und wollten doch tatsächlich ein neues Verkehrsschild montieren. «Parkieren verboten» – und das auf dem offiziellen Parkplatz, der seit Jahrzehnten zum Restaurant zählt. Remus Lochmann, er wirtet zusammen mit Rita Seiler auf dem beliebten Restaurant, staunte zwar. Er fand aber schnell die Sprache wieder. Er habe zwei Möglichkeiten, sagte Lochmann zum Werkhofarbeiter. Er könne die Hinweistafel wieder mitnehmen oder dann neben dem Sternensaal am Boden zwischenlagern. Montiert werde ein solches Schild jedoch nicht. Das ist nur ein Teil einer unsäglichen Parkplatzgeschichte.
Platz vom Verkehr befreien…
Seit bald einem Jahr tragen Remus Lochmann und Rita Seiler ihren Zwist mit dem Gemeinderat aus. Anfang April 2018 wurde ihnen beiden von Gemeindeammann Arsène Perroud eröffnet, was das Projekt Sternenplatz für das Restaurant Sternen bedeutet. Der bisherige Parkplatz – direkt anschliessend an den «Sternen» – sollte eliminiert und mit einem Parkverbot versehen werden. Er habe das damals zur Kenntnis genommen, blickt Lochmann zurück und wartete geduldig. Monate lang geschah nichts mehr.
Dann wurde das Wirtepaar erneut stutzig. Praktisch gleichzeitig mit der gescheiterten «Parkverbotstafel-Installation» wurde vom Gemeinderat am 20. Dezember die neue Verkehrsanordnung öffentlich ausgeschrieben. Folgende Verkehrsbeschränkungen werden verfügt: Steingasse/Sternenplatz beziehungsweise Teilstück vor Sternensaal (Parzelle 2411), zwischen Hotel/Restaurant Sternen und angrenzender Parkierungsanlage: Parkieren verboten; weitere Parzellen (2409 und 2410): Parkieren gegen Gebühr.
«Wir setzen nur den Willen der Ortsbürgergemeinde um», sagt Gemeindeammann Arsène Perroud auf Anfrage. Er verweist auf die Vorlage betreffend Gestaltung neuer Sternenplatz. «Dort steht klar, dass der bisherige Parkplatz vom Verkehr befreit wird.» An der Versammlung der Ortsbürgergemeinde sei genau auf diesen strittigen Punkt aufmerksam gemacht worden, so Perroud weiter. «Alle Beteiligten wissen über die Sachlage Bescheid.» Ausser die betroffenen Wirtsleute, die sind keine Ortsbürger.
Vertragswerk von 1999 vom Gemeinderat genehmigt
Remus Lochmann und Rita Seiler staunten schon wieder, denn sie holten nun ihre Verträge hervor. Im Mietvertrag mit der Ortsbürgergemeinde Wohlen sind Parkplätze, die zum Restaurant zählen, aufgeführt. Ohne Angabe der Zahl. Beiliegend gibt es einen Bauplan, der festhält, dass die anschliessende Parzelle zum «Sternen» als Parkplatz dient für das Restaurant. Unterzeichnet von Gemeindeammann und Gemeindeschreiber. Und bewilligt von der Baupolizeikommission und vom Gemeinderat im November 1999. Daran orientierten sich bisher stets die «Sternen»-Wirtsleute. Dieser Plan stammt vom Umbau der Liegenschaft – und hat noch heute seine Gültigkeit. Und er garantierte mindestens zehn gebührenfreie Parkplätze – je nach Anordnung auch mehr.
Zählt denn dieses Vertragswerk nicht mehr für den Gemeinderat? Perroud: «Es gibt eine Baubewilligung, welche die öffentlich-rechtlichen Belange unabhängig von der Parteistellung der Involvierten regelt. Der Mietvertrag andererseits regelt die privatrechtlichen Mietbedingungen zwischen den Parteien, also zwischen Ortsbürgergemeinde und Mieterschaft. Der Gemeinderat hält sich immer an die geltenden Mietverträge. Details aus privatrechtlich abgeschlossenen Mietverträgen kommentiert der Gemeinderat allerdings nicht in der Öffentlichkeit.»
Mehr Umsatz gleich höherer Pachtzins
Remus Lochmann und Rita Seiler reichten nun eine Beschwerde ein. Sie verweisen dabei auf den Pachtvertrag mit der Ortsbürgergemeinde und auf den bewilligten Auflageplan.
Ein Umstand macht die Sache erst recht paradox: Der «Sternen» gehört der Ortsbürgergemeinde. Und die «Sternen»-Wirtsleute setzen sich für die Ortsbürgergemeinde ein. Je höher der Umsatz ist, desto höher fällt der Miet- oder Pachtzins aus.
Mit der Streichung der gebührenfreien Parkplätze würde der Umsatz im Restaurant unweigerlich Schaden nehmen. Auch einen gemeinderätlichen Vorschlag kann der Wirt nicht akzeptieren: Es wurden ihm sechs Gratisparkkarten für Hotelgäste vorgeschlagen. Und jährlich 3000 Franken Pauschalentschädigung, die er an die Gäste weitergeben könnte, welche für gebührenpflichtige Parkplätze auf dem benachbarten Sternenplatz zahlen müssen. Das löst aus Sicht der Wirtsleute das Problem allerdings bei Weitem nicht.
Neue Lösung anstreben – nur welche?
Dagegen ist Perroud enttäuscht, dass dieser Vorschlag keine Akzeptanz findet. «Dann müssen wir offenbar eine andere Lösung anstreben», sagt er. Und in einem weiteren Schritt müsse dann das gesamte Vertragswerk angepasst und bereinigt werden.
Aus betriebswirtschaftlichen Gründen sei er auf die gebührenfreien Parkplätze vor dem Haus angewiesen, sagt der Wirt mit Nachdruck. Deshalb fordert er Vertragssicherheit. Und ein Einlenken des Gemeinderates. Es sei vollkommen klar, dass das Restaurant geeignete Parkplätze braucht, signalisiert der Gemeindeammann Entgegenkommen. Trotzdem: Die Lösung scheint in weiter Ferne zu liegen.
«Wir geben für die Ortsbürgergemeinde und den ‹Sternen› immer das Beste», hadert Lochmann, «und nun will man uns die Parkplätze vor dem Restaurant wegnehmen.» So drastisch sieht es Perroud nicht, der darauf hinweist, dass in unmittelbarer Umgebung genügend Parkplätze zur Verfügung stehen – mit den Aufwertungsmassnahmen sogar noch mehr als bisher. Allerdings gebührenfrei sind sie nicht.
Interesse an hoher Qualität des Restaurants
Die Vorwürfe, dass der Gemeinderat nicht die Interessen der Ortsbürgergemeinde wahrnimmt, weisst Arsène Perroud in aller Deutlichkeit zurück: «Die Ortsbürgergemeinde hat dem vorliegenden Projekt in dieser Form an einer Versammlung zugestimmt. Der Gemeinderat setzt Entscheide der Ortsbürgerversammlung um. Und der Gemeinderat hat selbstverständlich Interesse daran, dass der Gastbetrieb gut funktioniert, eine hohe Qualität liefert und gute Umsatzzahlen vorweisen kann.»
Dass es noch weitere «Baustellen» rund ums beliebte Restaurant gibt, das ist eine andere Geschichte. Entlang der Steingasse wurden neue Bäume gepflanzt. Zwei wurden so platziert, dass die Einfahrt zum «Sternen» zu den bestehenden Parkplätzen nur erschwert möglich ist.