Liebe in vielen Variationen
26.02.2019 BremgartenDas Kellertheater feierte Premiere mit der Eigeninszenierung «Liebeszeiten»
Die Schauspieltruppe verbindet im neuen Stück eine Liebesgeschichte brillant mit einer Zeitreise durch das letzte Jahrhundert. Auch die Musik, das Bühnenbild, ...
Das Kellertheater feierte Premiere mit der Eigeninszenierung «Liebeszeiten»
Die Schauspieltruppe verbindet im neuen Stück eine Liebesgeschichte brillant mit einer Zeitreise durch das letzte Jahrhundert. Auch die Musik, das Bühnenbild, die Technik und die Vielfalt der Kostüme machen diese Inszenierung zum Erlebnis.
Bernadette Oswald
Es ist das Jahr 1999. Die 80-jährige Anna besucht den gleichaltrigen Jakob im Sanatorium. Die beiden haben sich 20 Jahre nicht mehr gesehen. «Jetzt bist du also doch noch gekommen», sagt der blinde Jakob (Erich Borner). «Wir müssen zusammen unsere Geschichte fertigmachen», antwortet Anna (Barbara Berner). Sie beginnen eine gemeinsame Rückschau auf entscheidende Ereignisse ihrer unerfüllten Liebe, die alle in Szene gesetzt werden.
Unter der Regie von Thomy Truttmann lassen 25 Schauspielerinnen und Schauspieler das Schicksal von Anna und Jakob inmitten von sechs Jahrzehnten Schweizer Geschichte aufleben. Das ist an der Premiere vor vollem Haus überzeugend gelungen, auch dank der Musik. Sergej Simbirev komponierte sie grösstenteils extra für diese Inszenierung und spielt sie live auf dem Akkordeon. Geschrieben hat die Geschichte Kurt Bösch.
Pro Zeitabschnitt andere Schauspieler
Anna und Jakob schweifen mit ihren Erinnerungen in die Kindheit. Die Handlung wechselt von der Nebenbühne, auf der die beiden Senioren während dem ganzen Stück mit viel Schauspielkunst agieren, auf die Hauptbühne. Dort spielen im Jahr 1930 Jakob, Moser, Hans, Baschi, Xaver, Anna und Esther auf dem Pausenplatz von Sulzbach. Dargestellt sind alle von Kindern und Jugendlichen. Im Laufe des Stücks werden diese Figuren je nach Zeitabschnitt von verschiedenen Schauspielerinnen und Schauspielern verkörpert.
Beim nächsten Blick in die Vergangenheit sagt Jakob: «Als ich aufgewacht bin im Spital, war alles schwarz. Ich wusste, es musste etwas Grauenhaftes passiert sein.» Anna sagt: «Sie fehlt mir noch immer, die Klara.» Das sind erste Hinweise auf schwere Ereignisse.
Zuerst aber kommt das Jahr 1938, in dem die Dorfchilbi gefeiert wird. Tisch und Bänke stehen auf der Bühne sowie ein «Hau den Lukas». Ausser dessen rot-weisser Skala sind die Möblierung und der Boden in elegantem Grau gehalten, was auf die Handschrift von Bühnenbildner Pe Spalinger hinweist.
Dramaturgische Kniffe
Ein Grenzübergang Deutschland-Schweiz im Jahr 1944: Jakob wird bei der Einreise verhaftet und in Untersuchungshaft gesetzt. Briefe an Anna, die von ihrem Patron im Welschland geschwängert worden ist, kommen nicht an. In ihrer Not heiratet sie Hans und bekommt drei Kinder. Jakob weiss von nichts und trifft vier Jahre später im Gemeindehaus Sulzbach den total verdutzen Hans, der als Gemeindeschreiber und Posthalter amtet. Franky Weber spielt diese Rolle ausgezeichnet.
Bei einem zufälligen Wiedersehen finden Jakob und Anna heraus, dass Hans die Briefe abgefangen hat. Die beiden gehen spazieren, gleichzeitig wie die alten Jakob und Anna. Das ist einer der vielen dramaturgischen Kniffe, die zu geniessen sind.
1958 ist Klassenzusammenkunft. Anna und Jakob tanzen zusammen und beschliessen, sich wieder regelmässig zu treffen. Ein besonderes Vergnügen sind die Auftritte der selbstbewussten Esther (Esther Schweizer). Viele Lacher bekamen auch Xaver (Nik Meyer) und Moser (Hans Jörg Gygli) für ihre deftigen Sprüche.
Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Anna will Jakob nicht mehr wiedersehen und ihre Tochter Klara trifft Jakob an einem Kongress in London. Die beiden verlieben sich ineinander. Hans stirbt und Anna, Klara und Jakob treffen sich an der Beerdigung. Es kommt zur Katastrophe. Beeindruckend ist der Trauerzug mit dem ganzen Ensemble, alle einmal mehr in perfekter Aufmachung. Dafür gesorgt haben Bernadette Meier (Kostüme), Brigitte Weber und Hildegard Hilfiger (Requisiten) und Amanda Furrer (Maske). «Es ist gut», sagt Anna im Sanatorium. Jakob fragt: «Vergibst du mir?» Anna antwortet: «Ich habe dir längst vergeben.»
Stolz aufs Ensemble
Nach der Aufführung sagte der Regisseur, er sei sehr stolz auf sein Ensemble. Aus dem Publikum waren folgende Kommentare zu hören: «Dank gutem Mix von traurig und lustig ist diese Inszenierung ein Genuss.» – «Die vielen Generationen sind eine geniale Idee und eine starke Darbietung von Jung und Alt.» – «Das ist ein Spiegel des Lebens.»
Vorstellungen und Reservationen unter www.kellertheater-bremgarten.ch. Reservationen auch bei Bär Optik, Marktgasse 25, Bremgarten, Telefon 056 633 44 22 (Dienstag bis Samstag).