Ihm fehlen nur neun Jahre
07.12.2018 Region OberfreiamtDie Pfarrei Aristau feiert am Samstag das 75-jährige Bestehen mit einem Konzertabend
Seit 66 Jahren ist Edy Wicki Teil des Aristauer Kirchenchors. Den Grossteil der Geschichte der Pfarrei Aristau hat er also miterlebt. Die Pfarrei ist nämlich eine ...
Die Pfarrei Aristau feiert am Samstag das 75-jährige Bestehen mit einem Konzertabend
Seit 66 Jahren ist Edy Wicki Teil des Aristauer Kirchenchors. Den Grossteil der Geschichte der Pfarrei Aristau hat er also miterlebt. Die Pfarrei ist nämlich eine der jüngsten und feiert morgen Samstag, 8. Dezember, 19.30 Uhr, das 75-Jahr-Jubiläum. Mittendrin wird auch der 86-jährige Edy Wicki sein.
Annemarie Keusch
Es brauchte jeden, vor allem weil rundherum der Zweite Weltkrieg herrschte. Als die Aristauer Kirche gebaut wurde, waren viele Männer im Wehrdienst. Edy Wicki erinnert sich. Er war damals elfjährig. Und auch er hat mitgeholfen. «Erde aufladen war eine Arbeit, die auch Kinder übernehmen konnten», erinnert er sich. Rund 12 500 Fronstunden brauchte es, ganz viel Durchhaltewillen und Arbeit im Voraus, bis Aristau eine Pfarrei mit eigener Kirche wurde. «Während der Bauzeit sprachen viele immer wieder davon, was passieren würde, wenn der Krieg auch in die Schweiz käme und alles zerbombt würde», weiss Wicki.
Gemacht haben es die Aristauer trotzdem. Auch, weil sie im Vorfeld so lange dafür gekämpft haben, sich von der Kirchgemeinde Muri zu lösen und eine eigene Pfarrei zu werden. Gekämpft haben vor allem die Einwohner von Birri, wie Edy Wicki weiss. «Zuerst wollten sie die Kirche in Althäusern bauen. Das wäre für die Leute aus Birri fast so weit gewesen wie der allsonntägliche Fussmarsch in die Kirche nach Muri», erinnert er sich. Schliesslich einigte man sich auf die Mitte, auf Aristau.
Erlaubnis erst nach der Rekrutenschule
Gut 430 000 Franken kostete der Bau der Kirche mit Turm und Pfarrhaus damals. Am 11. Juli 1943 wurde sie eingeweiht. Ein riesiges Fest sei es nicht gewesen. «Der Zweite Weltkrieg trübte das Fest, auch weil viele aus dem Dorf nicht dabei sein konnten.» Nach 50 Jahren erlebte die Kirche die erste Renovation – jetzt folgt ein Jubiläumskonzert. Am Samstag, 8. Dezember, 19.30 Uhr, in der Pfarrkirche feiern der Kirchenchor Aristau, ein Ad-hoc-Orchester und Solisten den 75. Geburtstag der Pfarrei.
Nicht gleich alt, wie man denken könnte, sondern ein Jahr älter ist der Aristauer Kirchenchor. Und auch kein Jubiläum feiert Edy Wicki, aber eine stattliche Zahl an Jahren im Chor. Seit 66 Jahren singt er mit. «Eigentlich wollte ich schon früher in den Kirchenchor gehen», sagt er. Nur, der strenge Vater legte sein Veto ein – vor der Rekrutenschule gehe das nicht. Und eingetreten in den Verein ist Wicki erst, als sein Vater den Austritt gab. «Sonst hätte ich immer direkt nach der Probe nach Hause gehen müssen», meint er schmunzelnd.
Frau Maria singt auch seit Jahrzehnten mit
Es ist die Kameradschaft, die ihm am Kirchenchor gefällt. «Auch nach 66 Jahren bin ich nach jeder einzelnen Probe richtig aufgestellt», sagt er. Früher war es vor allem die Abwechslung, die ihm der Chor bescherte. Wicki führte mit seinem Bruder einen Landwirtschaftsbetrieb. «Ich war froh, am Mittwochabend an etwas anderes denken zu können.» Aber auch die Religion gibt dem mittlerweile 86-Jährigen viel. Noch heute gehen er und seine Frau regelmässig in die Kirche, auch wenn sich die sonntäglichen Auftritte mit dem Kirchenchor von vier auf einen Auftritt im Monat verminderten. «Es gibt mir Kraft und Vertrauen», sagt Wicki.
Was ihm auch speziell in Erinnerung geblieben ist, sind die verschiedenen Reisen. Etwa jene nach Colmar, kurz nachdem er 1932 in den Kirchenchor eintrat. Auf Einladung von Pfarrer Kühne reiste die Aristauer Gruppe nach Frankreich. «Er fand im Zweiten Weltkrieg Unterschlupf beim Aristauer Pfarrer Suter und dankte es mit dieser Einladung.» Wie gut das Mittagessen dort schmeckte – es scheint, als habe Edy Wicki den Geschmack noch immer im Gaumen. Oder die erste Reise, die er mit dem Verein machte. Sie führte ins Südtirol. Edy Wicki schmunzelt. «Dort sind zwei vom Kirchenchor zusammengekommen», sagt er. Überhaupt, es habe viele Liebesbeziehungen im Verein gegeben, «sonst ging man kaum weg». Auch bei Wicki? Er und seine Frau Maria lachen. Nein, sie haben sich anderweitig kennengelernt. Aber Maria ist ihm in den Chor gefolgt – letztes Jahr waren sie gemeinsam hundert Jahre lang Mitglieder.
Lungenbeschwerden machen ihm zu schaffen
Mozart ist Wickis Lieblingskomponist. Neben klassischen und liturgischen Gesängen kam im Lauf der Jahre aber auch Weltliches dazu. Englisch, Rätoromanisch, Russisch. «Nicht einfach», sagt der 86-Jährige lachend. Russisch gehe besser als Englisch. «Das kann man so singen, wie es geschrieben ist.»
Seit dem Eintritt in den Chor singt Wicki in der Tonlage Tenor mit. Momentan machen ihm aber Lungenbeschwerden zu schaffen. Zu hundert Prozent funktioniert das Singen im Moment nicht. Aufhören, daran denkt Wicki aber keinesfalls. «Wegen den Proben, den Reisen, den Leuten – ich bleibe gerne dabei und singe einfach leiser», sagt er und lacht. Zuhinterst stehen muss er deswegen aber nicht. «Weil ich nicht der Grösste bin, stehe ich sowieso zuvorderst», fügt er an. Das wird auch beim Konzert am Samstag so sein. Einer, der dem Verein seit 66 Jahren die Treue hält, kann auch zuvorderst stehen, ohne am lautesten zu singen.
Chorkonzert zum Jubiläum
«Ich will singen» – so beginnt die Kantate von Sebastian Knüpfer, geschrieben für Chor und Orchester. Dies sagten sich die Aristauer schon im Jahre 1943, als die neu erbaute Kirche eingeweiht wurde. Seither gestaltet der Kirchenchor regelmässig die Gottesdienste in der Pfarrkirche mit und dies nun schon 75 Jahre lang. Das ist ein Grund zum Feiern.
Mit vier Solisten und einem 8-köpfigen Ad-hoc-Orchester führt der verstärkte Kirchenchor unter der bewährten Leitung von Daniel Staubli zwei Kantaten, ein fünfstimmiges Magnificat, den Psalm 121 von Zoltan Kodaly und Teile der d-Moll-Messe von Mozart auf. Dazwischen blickt Gemeindeleiter Stefan Heinzmann auf die spannende Geschichte des Kirchenbaus und der Pfarrei zurück.
Am Samstag ist es so weit
Mit diesen wunderbaren Werken, die von herausragenden Komponisten für den Gottesdienst geschrieben wurden, möchte der Chor die Zuhörer aus dem Alltag entführen. Am Samstag, 8. Dezember, um 19.30 Uhr gelangen die oben genannten Werke in der Pfarrkirche Aristau zur Aufführung. Alle sind dazu eingeladen. --zg