Der Kirche den Kampf angesagt
07.12.2018 Region OberfreiamtLesung der jungen katholischen Autorin Jacqueline Straub in Muri
Es ist ihr drittes Buch, das die katholische Theologin und Journalistin Jacqueline Straub in der Bibliothek Muri vorstellte. Der Titel: «Kickt die Kirche aus dem Koma – Eine junge ...
Lesung der jungen katholischen Autorin Jacqueline Straub in Muri
Es ist ihr drittes Buch, das die katholische Theologin und Journalistin Jacqueline Straub in der Bibliothek Muri vorstellte. Der Titel: «Kickt die Kirche aus dem Koma – Eine junge Frau fordert Reformen – jetzt». Auf dem Umschlag: die Autorin in Boxhaltung.
Sie ist nicht bereit, als junge Katholikin ihre Kirche aufzugeben. Nach den ersten beiden Büchern zum Thema Frauen und Kirche erhielt Jacqueline Straub viele Rückmeldungen, gerade auch von Jugendlichen, die sich für Glauben und Kirche interessierten, aber keinen adäquaten Zugang dazu fanden.
Einerseits wollte sie in ihrem neuen Buch der jungen Generation aufzeigen, was man in und mit der Kirche tun kann, und andererseits den Älteren Hoffnung geben, dass die Institution nach notwendigen Reformen durchaus Zukunft hat. Straub, die tatsächlich schon seit Jahren Boxsport betreibt, fordert die Kirche auf, die europäischen Katholiken nicht aufzugeben: «Afrika und Asien werden von offizieller Seite gerne als Beispiel der wachsenden Glaubensgemeinschaft angeführt. Und hier? Resigniert die Kirche in Europa lieber anstatt mit radikalen Veränderungen ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen?»
Den Nachwuchs halten
Viele Katholiken seien müde und hoffnungslos angesichts der Unbeweglichkeit der alten Strukturen. Dringendst muss die Kirche ihre Sexualmoral überdenken, das Zölibat, die Diskriminierung von Frauen, die Verurteilung von Homosexualität. Straub macht ganz konkrete Vorschläge, wo man ansetzen könnte, um den Nachwuchs zu halten.
Viele Familien sind nur an besonderen Anlässen wie Taufen, Hochzeiten oder Firmungen in der Kirche. «Diesen sogenannten Kasualienfrommen sollte man viel mehr Zuwendung schenken. Da besteht eine Möglichkeit, den Kindern eine Glaubensprägung zu vermitteln.» Auch bei Austritten lohne sich ein Nachfragen. Ein grosses Versäumnis sei es, Geschiedene von den Sakramenten auszuschliessen, damit gingen auch viele Kinder der Kirche verloren. In Italien nenne man die Firmung ironisch «Abschiedssakrament», weil zwischen Firmung und einem nächsten kirchlichen Akt Jahre oder Jahrzehnte liegen können. «Gerade für die Jungen von 17 bis 27 gibt es keine pastoralen Angebote. Der reguläre Gottesdienst allein bietet den individuellen Bedürfnissen dieses Alters viel zu wenig. Doch die Haltung der Kirche ist häufig: Vogel friss oder stirb.»
Wo bleibt die Begeisterung?
Von den Gottesdiensten der Freikirchen könne sich die katholische Kirche ruhig eine Scheibe abschneiden. Da zeige sich, dass Jugendliche zu Tausenden auch sonntags gerne früh aufstehen, um gemeinsam zu singen und zu beten. Straub vergleicht das mit ihrem bisher einzigen Besuch im Fussballstadion: «Ich musste nicht genau verstehen, um was oder wen es ging. Der Jubel der Fans, das Anfeuern der Mannschaft, das Mitfiebern während des Spiels beeindruckten mich unmittelbar. Findet ein junger Mensch Begeisterung anlässlich eines Gottesdienstes, lässt er sich gerne anstecken.»
Eine jugendgerechte Sprache sei im Gottesdienst ebenfalls wichtig. Die Jungen einzubeziehen, sie machen zu lassen, auch wenn sie es anders gestalten. Ihnen den Jugendgottesdienst oder -kirchenchor zugestehen und nicht meinen, das brauche es doch nicht. Zudem würden die vielen positiven Aktivitäten in Wohltätigkeit und Hilfsdiensten von den Jungen nicht der Kirche zugeordnet.
Katholiken sind keine Rebellen
Jacqueline Straub hält mit Kritik an der Amtskirche nicht zurück, aber auch nicht mit ihrer Zuneigung zu derselben und ihrer Hoffnung, die Dinge zum Besseren zu verändern. Im Gegensatz dazu waren die Voten der Zuhörer ernüchternd. Enttäuscht haben sich viele von der Kirche distanziert. Dem doch mehrheitlich älteren Publikum fehlte der Glaube, dass sich noch zu ihren Lebzeiten etwas Wesentliches ändern könnte. Die kämpferische junge Autorin meinte zum Abschluss: «Katholiken an und für sich sind einfach keine Rebellen. Sie sind es nicht gewohnt, aufzustehen und Nein zu sagen. Doch wenn wir jetzt aufgeben, überlassen wir die Kirche den Konservativen.» --sla

