Das grosse Feilschen
16.10.2018 EinwohnerratDer Einwohnerrat behandelte gestern Abend das Budget – Debatte war bei Redaktionsschluss noch im Gang
Dass das vorliegende Budget mit einer Erhöhung des Steuerfusses nicht bei allen gut ankommt, das war zu erwarten. Vor allem von FDP und SVP gab es Kritik ...
Der Einwohnerrat behandelte gestern Abend das Budget – Debatte war bei Redaktionsschluss noch im Gang
Dass das vorliegende Budget mit einer Erhöhung des Steuerfusses nicht bei allen gut ankommt, das war zu erwarten. Vor allem von FDP und SVP gab es Kritik und Sparanträge. Und so kämpfte sich das Parlament Seite um Seite durch den Voranschlag.
Chregi Hansen
Auch wenn etliche Politiker keine Freude an den vorgelegten Zahlen hatten – diskutieren wollten sie an diesem Abend dennoch. Ein Rückweisungsantrag der SVP fand keine Mehrheit. Diese wollte dem Gemeinderat die Möglichkeit geben, die Prioritäten neu zu setzen und selber nach Sparmassnahmen zu suchen. Das Problem der Finanzen nur über eine Steuerfusserhöhung zu lösen, das sei etwas gar simpel, fand Sprecher Peter Christen. Doch mit dieser Meinung stand die SVP ganz alleine da.
Zuvor hatte Anna Keller, Präsidentin der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission, das Budget als ausgewogen beurteilt. «Es stehen grosse Projekte an, einige sind sogar schon fertig gestellt», hielt sie fest. Der Einwohnerrat könne jedoch mitbestimmen. «Wie hoch wollen wir die Schulden steigen lassen?», fragte sie in die Runde. Eine Steuerfusserhöhung sei schon lange im Raum gestanden, so Keller weiter. «Jetzt ist es aber an der Zeit, diesen unangenehmen Schritt zu machen.» Dieser Meinung ist auch die Mehrheit der Kommission. Dem Budget mit einer Steuerfusserhöhung auf 115 Prozent simmten fünf Kommissionsmitglieder zu, zwei waren dagegen, weitere zwei Mitglieder waren abwesend.
Vieles ist vorgegeben
Gemeinderätin Ariane Gregor begründete nochmals, warum eine Erhöhung des Steuerfusses notwendig sei. Sie zeigte auf, dass die grössten Brocken des Mehraufwandes auf Bereiche entfällt, bei denen der Betrag durch Reglemente oder Gesetze festgelegt ist. Etwa das Kinderbetreuungsgesetzt, beim KESB, bei den Spitex-Beiträgen oder den Verlustscheinen bei den Krankenkassenprämien. Und die anstehenden Investitionen lassen sich nicht länger aufschieben.
Notwendiger Schritt oder fehlender Sparwillen?
Die Parteien äusserten sich unterschiedlich zu den Zahlen. Für Stefanie Dietrich von der CVP ist die Steuerfusserhöhung notwendig. «Unsere Grossprojekte kosten etwas, machen Wohlen aber attraktiv», fand sie. Und das sei wichtig, um gute Steuerzahler anzulocken, wichtiger jedenfalls als ein tiefer Steuerfuss. Auch für Julia Frischknecht von der GLP war die Erhöhung «kein Schock. Sie wurde schon letztes Jahr angekündigt.» Und Alex Stirnemann von der SP sprach von einen sorgfältig ausbalancierten Budget. «Unser Ziel muss es sein, die Schulden im Griff zu haben», betonte er. Die Erhöhung des Steuerfusses sei zwar ein unpopulärer Schritt, so Stirnemann, «aber der einzig richtige Weg.» Und auch die Grünen haben Verständnis für den Anstieg der Steuern. Der Gemeinderat habe in dieser Hinsicht in der Vergangenheit immer klar kommuniziert, so Franziska Matter.
Kritik gab es hingegen von Seiten der FDP. Sprecher Thomas Geissmann machte den Vergleich mit Baden. Da wollte der Stadtrat den Steuerfuss letztes Jahr um 8 Prozent erhöhen. Schliesslich gelangen dem Einwohnerrat Einsparungen in der Höhe von 1,5 Millionen Franken. «Die Situation lässt sich mit Wohlen vergleichen», so Geissmann, «mit dem Unterschied, dass unser Steuerfuss jetzt schon viel höher liegt.» Wie in Baden sei auch in Wohlen die Regierung nicht bereit, von sich aus zu sparen.
Darum sei das Parlament gefordert. Letztlich sei, so Geissmann, der Steuerfuss keine mathematische Grösse, sondern eine politische. Die FDP werde eine Steuerfuss von 113 Prozent beantragen. «Wir werden genügend Anträge stellen, damit die zwei Prozent kompensiert werden können», versprach er.. Für Fraktionskollege Mika Heinsalo sind 113 Prozent der richtige Wert. «Wir müssen uns auch überlegen, was beim Volk durchkommt», mahnte er.
Erste Einsparungen erzielt
Ab diesem Moment begann dann das grosse Feilschen, welches bei Redaktionsschluss noch im Gang war. Der erste Streichungsantrag betraf, wie so oft in den vergangenen Jahren, das Personal. Die FDP wollte, dass die für individuelle und leistungsbezogene Lohnerhöhungen vorgesehen 100 000 Franken halbiert werden. Fand aber damit keine Mehrheit.
Auch keine Mehrheit fand der FDP-Antrag, bei den Verwaltungsentschädigungen (beispielsweise für die Musikschule, den Sprachheilkindergarten oder beim Abwasser) 25 000 Franken mehr Einnahmen zu budgetieren. «Da sind wir an Verträge gebunden, das können wir nicht so schnell ändern», mahnte Gemeindeammann Arsène Perroud. Schiffbruch erlitt auch der Vorschlag, bei der Anschaffung neuer Monitore auf billigere Modelle umzuschwenken.
Ein erstes Erfolgserlebnis feierte die FDP hingegen bei den externen Dienstleistungen für die Informatik. Hierfür stehen neu nur 90 000 Franken zur Verfügung. Also muss der Gemeinderat 28 000 Franken streichen – wo er das tun will, ist ihm überlassen. Der Entscheid fiel mit 18:17 denkbar knapp. Auch eine Auffrischung des Gemeinderatzimmers in der Höhe von 30 000 Franken wurde ein Opfer des Rotstiftes. Verzichtet wird im Stadion Niedermatten auf eine Umnutzung eines Taktikraums in eine Trainergarderobe, damit wurden weitere 25 000 Franken gespart.
Über die weitere Debatte und die gestellten Anträge, den eingesparten Gesamtbetrag sowie die Diskussion um den Steuerfuss berichten wir in der Ausgabe vom Freitag.