Herkulesaufgabe gemeistert
11.09.2018 WohlenQuer durch Russland mit dem Velo: Philipp Schmid aus Wohlen ist in Wladiwostok angekommen
Es ist eine grandiose Energieleistung. Mit dem Rad quer durch den riesigen Staat Russland. Philipp Schmid und seine Begleiter waren 81 Tage im Sattel. Nun, nach den Strapazen ...
Quer durch Russland mit dem Velo: Philipp Schmid aus Wohlen ist in Wladiwostok angekommen
Es ist eine grandiose Energieleistung. Mit dem Rad quer durch den riesigen Staat Russland. Philipp Schmid und seine Begleiter waren 81 Tage im Sattel. Nun, nach den Strapazen herrscht grosse Genugtuung und eine unendliche Begeisterung.
Daniel Marti
«Das wird ein Erlebnis fürs Leben», sagte Philipp Schmid vor dem Start. Und er hat versprochen, jeden Kilometer geniessen zu wollen. Irgendwie ist alles so eingetroffen auf der Tour quer durch Russland. Der Start erfolgte am 10. Juni in St. Petersburg, das Ziel war Wladiwostok am 8. September. Insgesamt wurden von der Schweizer Radtruppe bei dieser Premiere 9500 Kilometer zurückgelegt. Sie verbrachten 81 Tage auf dem Fahrrad, meisterten zudem 57 000 Höhenmeter und radelten durch 19 Oblaste (Regionen wie Kantone) sowie Zeitzonen. Eine Herkulesaufgabe wurde mit Bravour gemeistert.
«Sehr emotionaler Moment»
Philipp Schmid, der Wohler, hat die herausfordernde Reise auf zwei Rädern tatsächlich geschafft. Voller Zufriedenheit. Am vergangenen Samstag stand der Höhepunkt an: die Einfahrt im östlichen Zipfel von Russland, in Wladiwostok. Beim Nikolaj-Triumphbogen wurde die «Zieleinfahrt» gefeiert. Wie zuvor in vielen Ortschaften gab sich auch in Wladiwostok der Tourismus-Verantwortliche die Ehre, «und Kinder haben für uns bei der Ankunft gesungen. Es war ein sehr emotionaler Moment», schreibt Schmid. Mit Champagner hat die Schweizer Radgruppe «auf unsere XXXL-Velotour angestossen». Für Philipp Schmid und das Team von «Hürzeler Bicycle Holidays» war die Trans Russland ein unvergessliches Abenteuer. Eines mit unzähligen Erlebnissen. Entstanden sei eine «unendliche Begeisterung für dieses riesige Land und seine Leute». Die Gastfreundlichkeit der Russen war riesig. Und Philipp Schmid sagt ganz einfach: «Wir fühlten uns in diesem Land total willkommen.»
Umarmungen beim Triumphbogen
Philipp Schmid hat Russland mit dem Rad durchquert: von St. Petersburg nach Wladiwostok
Der Wohler Philipp Schmid hat die Trans-Russland gemeistert. Am vergangenen Samstag, pünktlich um 12 Uhr Lokalzeit, ist die Gruppe in Wladiwostok beim Nikolaj-Triumphbogen eingetroffen. «Es war ein bewegender Moment für alle Teilnehmer», schreibt Schmid. 9500 Kilometer und 58 000 Höhenmeter sind abgespult.
«19 Oblaste sind durchfahren und unzählige herzliche Begegnungen mit Russen sowie Empfänge in kleineren und grösseren Ortschaften bleiben in unvergesslicher Erinnerung. Beim Nikolaj-Triumphbogen wurde uns ein herzlicher Empfang bereitet. Nach dem Absteigen vom Velo haben wir uns alle zuerst umarmt und uns gegenseitig gratuliert.» Dies sind die Eindrücke, die Philipp Schmid zuerst schildert. Beim Nikolaj-Triumphbogen wurden die unermüdlichen Radfahrer vom Verantwortlichen für Tourismus des Oblasts begrüsst. Wie immer war dies – mit Brot und Salz zum Zeichen des Willkomms – sehr sympathisch.
Der Weg zum Ziel
«Fast zweieinhalb Monate lang sind wir seit dem Start in Sankt Petersburg Kurs Ost gefahren», blickt Schmid zurück. Im Osten Sibiriens, auf der Strecke zwischen Chita und Belogorsk «mussten beziehungsweise durften wir die härtesten Tagesetappen bewältigen. Die tägliche Distanz betrug stets rund 130 Kilometer, jedoch ist das Gelände in der Grenzregion zu China sehr hügelig. So kamen täglich immer weit über 1000 Höhenmeter hinzu.» Nördlich der chinesischen Grenze wurden die Radfahrer bereits im August vom Herbst begrüsst. Goldgelbe Birken, Morgennebel und kühle Temperaturen sind die Vorboten des langen Winters in dieser Region. «Trotzdem war uns Petrus stets gut gesinnt und wir durften uns, abgesehen von einigen Gewittertagen, immer an gutem Wetter erfreuen.» Sibirien und der ferne Osten Russlands sind einsame, kaum besiedelte Regionen. «So haben wir während vielen Wochen nie ein Flugzeug am Himmel gesehen. Während mehrerer Tagesetappen von 130 Kilometern sind wir jeweils an keinem einzigen Gebäude vorbeigekommen.
Der Oblast heisst Amur, wo der sibirische Tiger beheimatet ist. «Diesen haben wir jedoch nicht zu Gesicht bekommen.»
Rote Nelken für die Gefallenen der Weltkriege
Der zweitletzte Etappenhalt fand in Belogorsk statt. Dies ist eine Stadt mit 68 000 Einwohnern. «Es ist nicht wirklich eine Stadt, die man gesehen haben muss», schreibt Schmid. «Jedoch bleibt uns in unvergesslicher Erinnerung, wie wir äusserst herzlich empfangen wurden. Wunderschöne Parks mit Eisdielen und Restaurants und auch ein Riesenrad bieten den Einwohnern eine hohe Lebensqualität.»
Weiter führte die Tour durch den jüdischen Oblast, die sogenannte jüdisch autonome Zone. «Bei der Einfahrt wurden unsere Uhren ein weiteres und letztes Mal um eine Stunde vorgestellt. Somit haben wir sieben Zeitzonen durchfahren und sind der Schweiz um acht Stunden voraus.» Bei der Durchfahrt des Oblast-Hauptortes Birobidschan war die Radgruppe erstaunt, wie wenig Bezug zu Israel oder dem Judentum zu erkennen ist. Es leben heute nicht mehr Juden hier als im Durchschnitt in ganz Russland.
Ein anderer Ort auf der Route heisst Smidovich. Ein ebenfalls unvergesslicher Empfang. «Uns wurde allen eine rote Nelke übergeben, die wir gemeinsam am Denkmal der Gefallenen der Weltkriege feierlich niederlegten.» Es steht fast in jeder russischen Ortschaft ein Denkmal des Zweiten Weltkrieges. «Mit Wort, Musik und Kerzenlicht haben wir jeweils die Weltgeschichte aus einer anderen Perspektive erlebt.»
Begegnung mit dem Sieger eines Extremrennens
Bemerkenswert war auch die Begegnung mit einem Extremsportler, der den Schweizern mit dem Rennrad entgegengefahren ist. Der diesjährige Sieger des Radrennens Moskau–Wladiwostok, des «Red Bull Trans Siberian Extreme», der Deutsche Pierre Bischoff, fährt mit seinem Velo die Strecke zurück nach Hause in Deutschland.
Bischoff hatte auch schon das «Race across America» gewonnen. «Er wusste von unserer Route und wir von seiner, und so tauchte er plötzlich am Abend bei unserer Wagenburg auf», so Schmid. «Er erzählte von seinem Rennen. Es war ein spannender und interessanter Abend unter Sportsfreunden und unter Gleichgesinnten.»
Der Ehrgeiz führte die Truppe nach Wladiwostok
Die letzten Tagesetappen fuhr die Schweizer Gruppe dann die chinesische Grenze entlang. Chabarovsk ist die letzte grosse Stadt vor dem Ziel Wladiwostok. Chabarovsk war zu Sowietzeiten nie eine gesperrte Stadt. «Die Stadt ist sehr sauber, hat eine wunderschöne Promenade den Amur-Fluss entlang.» Auf der letzten Etappe von 740 Kilometern machte dann aber Petrus den Radfahrern das Leben schwer. Zwei Tage heftiger Regen, oft starker Gegenwind. Das konnte die gute Moral auch nicht mehr trüben. «Am Schluss hilft uns der Ehrgeiz, das nahe Ziel Wladiwostok zu erreichen.» --dm
Grossartiges geleistet
Insgesamt hat Philipp Schmid mit seinem Team in Russland 9500 Kilometer von West nach Ost per Velo zurückgelegt. «Unvergessliche Eindrücke und Erlebnisse dürfen wir von diesem gastfreundlichen, riesigen Land mit nach Hause nehmen», bilanziert er.
Aber nicht nur die sportliche Leistung gilt es herauszustreichen. Sondern auch die gesamte Organisation. Deshalb gehört laut Schmid ein grosser Dank dem Organisationsteam rund um Marcel Iseli und Nadine Rommler von «Hürzeler Bicycle Holidays». Wie auch Dimitri Krasnov, dem radsportbegeisterten russischen Unternehmer, der durch seine Kontakte mit Russland Tourismus für den Polizeischutz und so manchen herzlichen Empfang gesorgt hatte. «Ohne ihn hätte diese Reise kaum so durchgeführt werden können.»
Bester Komfort
Die ganze Organisationsmannschaft habe eine grossartige Leistung vollbracht. Ebenso das Team von Artists Delight, das mit den beiten Transportbussen für den «bestmöglichen Komfort während der Tour gesorgt hat. Alle haben Grossartiges geleistet», betont Philipp Schmid. --dm




