Ein Loca scheut den Regen nicht
28.08.2018 Wohlen
2000 Besucher, ein tolles neuntes Zamba Loca – aber es resultiert ein Defizit
Schlechte Wetterprognosen bedeuten weniger Gäste. Das war auch am Zamba Loca so. Trotzdem zieht das OK ein positives Fazit. Ausser den Finanzen stimmte ...
2000 Besucher, ein tolles neuntes Zamba Loca – aber es resultiert ein Defizit
Schlechte Wetterprognosen bedeuten weniger Gäste. Das war auch am Zamba Loca so. Trotzdem zieht das OK ein positives Fazit. Ausser den Finanzen stimmte alles.
Annemarie Keusch
Es hatte so gut angefangen. 300 Leute kamen am Donnerstag auf das Festgelände am Wohler Waldrand. 300 Leute wollten die Reunion der Rockabilly-Band «Shaking Shoes» aus Wohlen sehen. Geregnet hat es erst, als alle schon da waren. «Ein richtig guter Start war das», sagt auch Lukas Renckly vom OK.
Nur ging es nicht im gleichen Stil weiter. Am Freitag 900 Besucher, am Samstag 800 ergeben gesamthaft 2000 Festivalgäste. Zu wenig für positive Zahlen. «Wie hoch das Defizit sein wird, wissen wir noch nicht», sagt Renckly. Negativ sei die Stimmung im OK deswegen aber nicht. «Diejenigen, die kamen, sorgten für ein tolles Festival. Auch von den Abläufen her sind wir total zufrieden. Alles, was wir planen konnten, hat geklappt.»
Beschallung korrigiert
Geklappt hat es auch insofern, dass Lärmreklamationen ausblieben, soweit das OK weiss. «Im Vergleich zum Vorjahr haben wir mehr in das Soundsystem investiert, was die Fixkosten weiter in die Höhe trieb», erklärt Renckly. Ein Tontechniker sei während des Festivals nur dafür zuständig gewesen, die Boxen auf ihre Lautstärke zu überprüfen und notfalls zu korrigieren. Gemerkt haben die Gäste davon nichts.
Sie konnten ein Festival geniessen, das musikalisch die ganze Bandbreite bot – und dies nicht nur auf der Hauptbühne. «Dirty Sound Magnet» war musikalisch Rencklys Highlight. Das Zamba Loca bot viele weitere.
Keine Macht den kalten Füssen
Ein Blick hinter die Bühne nach dem Auftritt von Tobias Carshey am Zamba Loca
Das Zamba Loca glänzte auch dieses Jahr mit abwechslungsreichem Line-up – und bringt mit Tobias Carshey eine Schweizer Grösse mit Freiämter Bezug nach Wohlen. Das Wetter hielt ihn nicht von einem kühlen Auftritt ab.
In dicke Wanderschuhe, lange Jeanshosen und Lederjacke eingepackt, macht er sich im Zirkuszelt neben der Hauptbühne breit. «Die Zehen sind langsam wieder aufgetaut», sagt Tobias Carshey und lacht. «Die Schuhe helfen. Die haben da oben gefehlt.»
Wenige Minuten zuvor stand Carshey da oben, auf der Hauptbühne am Open Air Zamba Loca. Gekleidet in nichts ausser einem hellblauen Krankenhaushemd, den Infusionsständer nebendran. Er habe sich vor dem Auftritt noch überlegt, ob er bei knapp 15 Grad und Regen sein Ding wirklich durchziehen wolle. «Aber es gehört zu meiner Show und zu meinem Album. Ich bin den ganzen Sommer lang so aufgetreten. Also auch in Wohlen.» Die Show und seine Kleiderwahl sind Symbol für sein neues Album «Semicolon», zu Deutsch Strichpunkt, das ein Zeichen der Solidarität ist für Menschen mit Selbstmordgedanken, Depressionen und seelischen Problemen. Der Künstler selbst stand bereits öffentlich dazu, dass auch er unter depressiven Verstimmungen leidet.
Von St. Gallen bis Wohlen
Also steht er da, friert und beginnt seine Show. Bloss wenige Menschen stehen vor der Hauptbühne im Regen und lauschen der sanften Stimme des Singer-Songwriters, der den ganzen Sommer auf Schweizer Bühnen stand. «Für mich spielt es keine Rolle, ob mir 1000 oder 50 Menschen zuhören. Ich spiele meine Musik gerne und bin glücklich über jeden, dem sie gefällt.»
Carsheys Auftritt am Zamba Loca ist sein Sommer-Abschluss mit Band. Von Juni bis August tourte er durch die Schweizer Festival-Landschaft. Vom Open Air St. Gallen bis zum Zamba Loca. Dabei stoppte er vor drei Wochen sogar in Bremgarten und gab sein Können am «Festival i de Marktgass» zum Besten. «Bremgarten ist wundervoll», schwärmt der Zürcher, der ursprünglich aus Hünenberg kommt. «Und auch das Spezielle hier am Zamba Loca gefällt mir. Es ist nicht 08/15, es hat Charme.»
Freiämter schweizweit unterwegs
Unkompliziert sei es hier am Festival. So wie auch der 35-Jährige sich gibt. Backstage schauen immer wieder andere Künstler und Helfer des Zamba Loca vorbei, schütteln ihm die Hand: «Hey, du bist doch Tobias? Geile Show war das, Respekt.» Carshey, bescheiden, schüttelt Hände und dankt. Irgendwann setzt sich auch Nici Struchen in den Backstage-Bereich. Er ist Bremgarter und der Schlagzeuger von Carshey. Diesen Freiämter Bezug hat Carshey schon länger. Er spielte in der Band Al Pride, in der der Bremgarter Struchen heimisch ist.
Dadurch sitzt Struchen nun am Schlagzeug bei Carshey. «Ein Glück, dass ich ihn gefunden habe», so der Sänger. Und für Struchen? «Ein Glück, dass ich dabei sein darf», sagt er und lacht. «Ich kenne das Zamba Loca natürlich seit Geburtsstunde und es war mir eine Ehre, diese Tour hier in Wohlen mit Tobias und Band abzuschliessen.»
Perfekter Mix
Auch für die Zamba-Loca-Crew war Carshey ein Glücksfall. «Wir sind sehr froh, ihn hier zu haben. Er ist ein umgänglicher Typ», so OK-Mitlied Lukas Renckly. «Ein krönender Abschluss für seine Tournee, würde ich sagen.» Überhaupt ist Renckly glücklich mit dem Line-up. Grosse Varietät war vorhanden. «Wir haben es sehr gut hingekriegt, denke ich. Für jeden war etwas dabei, so wie es am Zamba Loca sein soll.» Zum zweiten Mal in der Geschichte des Festivals gab es Hip-Hop zu geniessen. Mit der Mundwerk-Crew haben die Locas voll ins Schwarze getroffen. Am Freitagabend zogen die Münchner die Meute voll in ihren Bann.
Auch E-Light zeigten am Freitagabend als Auftakt, wieso sie im Finale des BandX-Contest Nordwest stehen. «Wir haben jedes Jahr eine Zusammenarbeit mit BandX», so Renckly. Das OK des Zamba Loca sucht sich dann jeweils einen Finalisten aus, der in Wohlen auftreten darf. Am Donnerstag, dem Eröffnungstag, packten die altehrwürdigen Lokalmatadoren «Shaking Shoes» ihren Rock ’n’ Roll aus und verzauberten bei ihrem einmaligen Comeback das Wohler Publikum. «Genau das wollten wir», sagt Renckly. «Der erste Abend stand ganz im Zeichen von Wohlen.» --mwi
Wie ein Festival in sich
Die 10-Minuten-Bühne ist seit Beginn ein fester Teil des Zamba Loca
Vom Geschichten-Erzählen bis zu Arien von Mozart interpretieren – auf der kleinen Bühne ist am Zamba Loca alles möglich. «Hier müssen sich die Künstlerinnen und Künstler für nichts schämen», sagt Jonas Arnet, der die 10-Minuten-Bühne mitbetreute.
Annemarie Keusch
Sie sitzen im Schneidersitz auf weichen Kissen. Vor ihnen verschiedene Instrumente – Klangschalen, Didgeridoos, Trommeln. Weite farbige Hosen, aufwendig geschminkte Augen, lange Haare. Und sie nehmen die Zuhörenden mit auf eine Klangreise. Eine Klangreise, die zehn Minuten dauert und für Begeisterung bei den einen, für Schmunzeln bei den anderen sorgt. «Amritananda» nennen sich die beiden. Mit zwei Leiterwagen voller Gepäck passierten sie den Zamba-Loca-Eingang. «Alles für zehn Minuten Auftritt», sagen sie und lachen.
Sie sind eine von zwölf Gruppen, die dieses Jahr auf der 10-Minuten-Bühne auftraten und ihr Talent zum Besten gaben. Dardan Bujupaj, Simon Huber und Jonas Arnet haben diesen Programmteil des Wohler Open Airs koordiniert, organisiert und während den Auftritten die Musik abgemischt. Von 12- bis 48-Jährigen – allen bot die kleine Nebenbühne einen Ort, wo sie auftreten, ausprobieren und sich unterhalten konnten.
Stimmung innert weniger Minuten aufgekocht
«Die 10-Minuten-Bühne sorgt für eine riesige Abwechslung», hebt Jonas Arnet hervor. Er weiss, dass einige Besucher auch nur der kleinen Bühne wegen kommen. «Hier haben Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit auszuprobieren, ob ihr Gesang, ihr Gitarrenspiel oder was auch immer beim Publikum ankommt. Das wird geschätzt, vor allem auch, weil die Auftritte immer wieder für Überraschungen sorgen», führt Arnet aus.
Eine dieser Überraschungen erlebten die Besucher bei der Darbietung der Band «Los Promillos» aus Aarau. Mit viel Humor änderten sie die Songtexte bekannter Lieder ab in Songs über Aarau und Wohlen, das Zamba Loca und das Brügglifeld. «Wie sie innert weniger Minuten für veritable Party-Stimmung sorgten, war eindrücklich», sagt auch Jonas Arnet. Die Stimmung sei nach dem «Los Promillos»-Auftritt regelrecht aufgekocht gewesen.
Für alles Platz
Stimmungsmässig in die andere Richtung, aber auch in bester Erinnerung bleibt Arnet der Auftritt der jungen Murianerin Lara Fernandez. «Besonders die Geigerin vermochte zu überzeugen», sagt Arnet. Natürlich, es habe auch qualitativ schlechtere Darbietungen gegeben. «Aber dafür ist die 10-Minuten-Bühne da. Hier braucht sich niemand für etwas zu schämen. Und Mut brauchten alle, von der Rock-Pop-Band «Missing Whiskey» über den Singer-Songwriter Remy oder die Gebärden-Hip-Hopper von «MiXit». Und Mut brauchte auch CVP-Politiker Harry Lütolf. Zwar nicht zehn Minuten lang, aber trotzdem mit vollem Einsatz, interpretierte er eine Zauberflöten-Arie von Wolfgang Amadeus Mozart.
Die Bandbreite der Aufzählungen ist sinnbildlich für das Zamba Loca. Seien es die ganz unterschiedlichen Besucher, sei es die ganz individuelle Dekoration oder seien es die ganz verschiedenen Auftritte auf der 10-Minuten-Bühne. Am Zamba Loca hats für alles Platz.












