Technischer Defekt ist bestätigt
27.07.2018 BremgartenFreibad Isenlauf: Nach toxischem Zwischenfall und Evakuierung herrscht Normalität
Seine Stimme klingt noch rau, ab und zu hustet er trocken. Im Kopf spüre er noch leichten Druck, ansonsten fühle er sich gut. Betriebsleiter Roger Marti erzählt vom ...
Freibad Isenlauf: Nach toxischem Zwischenfall und Evakuierung herrscht Normalität
Seine Stimme klingt noch rau, ab und zu hustet er trocken. Im Kopf spüre er noch leichten Druck, ansonsten fühle er sich gut. Betriebsleiter Roger Marti erzählt vom Zwischenfall, der zur Evakuierung von rund 700 Badigästen führte.
Lis Glavas
Als ehemaliger Angehöriger der Feuerwehr Langenthal und Mitglied einer Chemiewehr hat er toxische Zwischenfälle miterlebt. Aber noch nie hat er in seiner 30-jährigen Laufbahn als Badmeister eine Evakuierung erleben müssen. «Eine solche Situation wünsche ich keinem Badmeister», sagt er. «In einer Stresssituation sind innert kürzester Zeit die richtigen Entscheide zu treffen.» Seine gesundheitliche Verfassung schränkte diese Zeit am letzten Dienstag zusätzlich ein. Er hatte eine Portion toxischer Substanz eingeatmet und mit sich zu kämpfen, bis er unter der Gasmaske wieder einigermassen Luft bekam. Er und sein Stellvertreter Renato Lorenzi rissen alle Stecker raus und schotteten den Technikraum ab.
Evakuierung lief ruhig ab
«Eigentlich sollte der Kapitän als Letzter von Bord gehen», fügt er leise an. Doch er habe gewusst, dass das «Rösslispiel» in Gang gesetzt worden sei und sich von seiner Partnerin ins Spital Baden bringen lassen. Die Richtigkeit dieser Entscheidung dürfte niemand in Zweifel ziehen. Sein Stellvertreter Renato Lorenzi hatte die Feuerwehr alarmiert. Das «Rösslispiel» steht für die Zusammenarbeit von Feuerwehr und Polizei mit der Chemiewehr der Firma ES Dottikon und der kantonalen Chemiewehrberatungsstelle.
Die vom «Rösslispiel» beschlossene vorsorgliche Evakuierung der rund 700 Badigäste auf die Sportanlagen beim Schulhaus Isenlauf lief ruhig ab. Das bestätigten sowohl Feuerwehrkommandant Thomas Burger als auch der vor Ort anwesende Stadtammann Raymond Tellenbach. Viele mussten in ihren Badesachen nach Hause gehen. Mit Renato Lorenzi wurden zehn sich unwohl fühlende Personen den Ambulanzen übergeben, darunter zwei Angehörige der Feuerwehr. «Symptome sind in einer solchen Situation schwer einzuschätzen», erklärte Thomas Burger. «Hitze und Stresssituation können zum Unwohlsein beitragen. Selbstverständlich war das medizinisch abzuklären.» Alle konnten gleichentags nach Hause gehen. Roger Marti verliess das Spital 24 Stunden nach dem Ereignis. Die Untersuchungen inklusive Röntgenbilder ergaben keinen Verdacht auf eine ernsthafte Erkrankung. Nachmittags ging er bereits wieder in die Badi. «Ich wollte bei meinen Leuten sein. Zur Badeaufsicht bin ich noch nicht fähig. Mitte nächster Woche werde ich mich diesbezüglich testen.»
Der Einsatz der Sicherheitskräfte sei um 19.30 Uhr beendet worden, erklärte Thomas Burger. «Ein Sicherheitsdienst wurde wegen den zurückgebliebenen Sachen organisiert.» Die Badigäste konnten ihre Sachen am anderen Tag abholen. Rund 40 Feuerwehrleute waren im Einsatz, von der Chemiewehr ES Dottikon geschätzte 20 Leute und mehrere Ambulanzteams.
Hergang und Ursachensuche
Bei der Kontrolle im Technikraum hatte Roger Marti einen «Schluck» der giftigen Substanz abbekommen, die dem Tank mit der chlorierten Lösung entwich. «Wir mischen Schwefelsäure, 50 Prozent, und Javel, 13 bis 14 Prozent, mit Wasser. Diese Lösung mischen wir dem Vorlauf für die Badewasserzirkulation bei. Mehrmals täglich kontrollieren Renato Lorenzi und ich, ob alles in Ordnung ist, messen den pH-Wert und tauschen leere Substanzbehälter gegen volle aus.» Bei einem Kontrollgang sah er, dass sich im Tank mit der Lösung eine grün-gelbe Flüssigkeit gebildet hatte, was der Farbe einer Chlorgaswolke entspricht. Er ging näher. Zu nahe. Rund zwei Meter vor dem Tank atmete er die Substanz ein. Er wich zurück und zog die Gasmaske an.
Am Mittwochmorgen wurde von der Wassertechnikfirma – wie von Roger Marti angenommen – ein technischer Defekt bestätigt. «Die Wasserzufuhr funktionierte nicht, was eine chemische Reaktion auslöste.» Das wird weitere Abklärungen zur Folge haben.
Ein grosses Kompliment macht Roger Marti seinem Team, das grossartig reagiert und funktioniert habe. «Wir werden die Ereignisse rekapitulieren und gemeinsam unsere Schlüsse daraus ziehen.» Aus einem solchen Vorfall kann man immer lernen. «Dankbar bin ich auch den Sicherheitskräften, die offenbar hervorragend gearbeitet haben.»
Freude hat das Team an seinen treuen Gästen. Nachdem die Badi gestern Mittwoch ab 12 Uhr wieder geöffnet war, wurden bis am Abend rund 500 Gäste gezählt. «Und heute sieht es so aus, als erreichten wir den momentanen Tagesdurchschnitt von 800 bis 1000 Leuten.»