Bärenstarker Mann
29.06.2018 WohlenDer Wohler Pascal Jenny feiert sein 10-Jahre-Jubiläum als Tourismusdirektor in Arosa
«Mister Arosa» – Diese Bezeichnung ist für Pascal Jenny mehr als passend. 100 Jahre nachdem sein Ur-Urgrossvater erster Kurdirektor der ...
Der Wohler Pascal Jenny feiert sein 10-Jahre-Jubiläum als Tourismusdirektor in Arosa
«Mister Arosa» – Diese Bezeichnung ist für Pascal Jenny mehr als passend. 100 Jahre nachdem sein Ur-Urgrossvater erster Kurdirektor der Bündner Berggemeinde war, sorgt Ur-Urenkel Pascal Jenny seit zehn Jahren mit seinen Ideen und seiner Schaffenskraft für Furore. Jüngstes Beispiel: Das Arosa-Bärenland.
Stefan Sprenger
Wenn man von Pascal Jenny spricht, dann braucht es die Superlativen. «Er ist ein Super-Typ, ein enormer Schaffer und er hat extremen Durchhaltewillen», sagt sein Chef, Christian Menet, Präsident von Arosa Tourismus.
Der Wohler Pascal Jenny, er hat überall in Arosa seine Finger im Spiel: Humorfestival, Classic Car, Gigathlon, Bündner Schwingfest, Tour de-Suisse-Etappe, Schneefussball-WM, Handball-Unternehmerforum – und das jüngste Beispiel, das Bärenland in Arosa.
Gut für die Tiere, gut für den Tourismus
Er ist der Initiant dieses Millionenprojekts. Bären, die aus misslichen Situationen befreit wurden, kriegen auf der Mittelstation in Arosa ein neues Zuhause. Gut für die Tiere, gut für den Tourismus. 2010 hatte er die Idee dieses Bärenlandes. Trotz Rückschlägen blieb er hartnäckig. «Ich blieb dran, denn es ist eine tolle Sache», sagt der 44-jährige Jenny. Im Herbst 2016 sagte das Stimmvolk von Arosa deutlich «Ja» zu diesem nachhaltigen Projekt, das mindestens vier Arbeitsstellen schafft. In wenigen Wochen wird der erste Bär einziehen in das rund vier Fussballfelder grosse Gehege. Die Eröffnung ist am 3. August. Die Freiämter Bundesrätin Doris Leuthard wird da sein. Jenny muss lachen. Denn beim Bärenland – wie auch in ganz Arosa – gibt es einige Verbindungen ins Freiamt. «Ich bin mit meiner Heimat sehr verbunden. Es hat immer mehr Gäste aus dem Freiamt hier in Arosa.»
Der frühere Captain der Schweizer Handball-Nati ist an vielen Fronten anzutreffen. Beispielsweise ist er im Zentralvorstand des Schweizerischen Handballverbandes und Mitglied im Exekutivrat von «Swiss Olympic». Wie bringt er das alles unter einen Hut? Jenny sitzt gemütlich im Hotel «Blatter’s Bellavista» in Arosa auf dem Stuhl und antwortet: «Es ist ein starker, innerer Antrieb». Dies hat ihn auch dazu bewogen, das Millionenprojekt des Bärenlandes durchzuziehen.
Ein Jenny für alle «Felle»
Pascal Jenny aus Wohlen ist der Initiant des Bärenlandes in Arosa – und ein Universaltalent
Das erste Schweizer Bärenschutzzentrum in Arosa öffnet im August. Der «Vater» dieses Projekts ist der Wohler Pascal Jenny. Es ist ein weiterer Meilenstein in der Liebesgeschichte zwischen Arosa und Pascal Jenny, die nun schon zehn Jahre anhält.
Stefan Sprenger
Im Hintergrund strahlt die eindrückliche Bergwelt von Arosa. Die Sonne scheint. Pascal Jenny lächelt und sagt: «Wunderschön, nicht?» Er sitzt im Hotel «Blatter’s Bellavista» in Arosa. Er empfängt diese Zeitung zum Gespräch. Es geht hauptsächlich um das «Arosa Bärenland». Das 6,5-Millionen-Franken-Projekt, das von Jenny lanciert wurde. Doch wenn man mit Pascal Jenny spricht, ist die Gefahr gross, das man viele andere Themen bespricht. Denn er ist ein Tausendsassa, ein Multitalent und einer, der nie ruhig sitzen kann. Nicht umsonst wählte das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» den Wohler als eine der 100 wichtigsten Persönlichkeiten der Schweizer Wirtschaft.
Ur-Urgrossvater August Jenny war schon in Arosa
Für ihn sei es «jugendlicher Spass». Und er habe sein Hobby zum Beruf gemacht. Er sei «ehrgeizig wie im Handball», erklärt er. Dort schaffte er es auf 348 Partien in der höchsten Schweizer Liga, er wurde Captain der Schweizer Nationalmannschaft und absolvierte 74 Länderspiele. Sein Ehrgeiz ist gross, sein Hang zum Perfektionismus riesig und seine Belastbarkeit ist beinahe unendlich. Der Sport sei für ihn eine Lebensschule gewesen. «Vieles, was ich im Sport gelernt habe, brauche ich nun im Job», sagt Jenny.
Seit dem 1. Juli 2008 wirkt er als Tourismusdirektor von Arosa. Besonderes Detail: In der Bündner Berggemeinde war von 1903 bis 1910 schon sein Ur-Urgrossvater August Jenny als allererster Kurdirektor tätig gewesen. In den vergangenen zehn Jahren hat Jenny viel bewegt und einige Events vorangetrieben. Beispielsweise die Schneefussball-WM, das Classic-Car-Bergrennen, das Humorfestival, einen Gigathlon-Anlass, das Handball-Unternehmer-Forum – und so weiter. 2016 wurde die von Jenny geprägte «Eventstrategie» von Arosa Tourismus in der Kategorie «Innovation» mit dem Schweizer Tourismuspreis «Milestone» ausgezeichnet.
Nur fünf Stunden Schlaf
Aktuelles Beispiel für die Anlass-Flut: Vor zwei Wochen gab es ein Mega-Wochenende in Arosa: Am Freitag war die Tour de Suisse zu Gast, am Samstag und Sonntag fand das Bündner-Glarner Kantonalschwingfest statt. «Man muss eben was machen», lacht Jenny. Und er macht immer was. Er habe sich über die Jahre angeeignet, nur mit fünf Stunden Schlaf auszukommen. Denn neben der Arbeit hat er auch noch eine Frau und drei Kinder.
Er will mit «seinem» Arosa herausstechen, sich abheben – einzigartig sein. Besonders im Sommer, denn dann hat der Wintersportort wenig Gäste. Die Konkurrenz ist gross, die Euro-Krise von 2008 hallt nach. «Wir sind gezwungen zu Aktivitäten». Dies hat man vor zehn Jahren so entschieden, als er neuer Tourismusdirektor wurde. Vor zehn Jahren hatte man in Arosa noch ein klassisches Tourismusbüro, mittlerweile ist es eine Art Eventagentur mit total 35 Arbeitsplätzen.
Christian Menet ist Jennys Chef. Der Präsident von Arosa Tourismus und Besitzer des Hotel Prätschli in Arosa bestätigt, dass seit der Euro-Krise 2008 zum Beispiel rund 50 Prozent der Touristen aus Deutschland ausgeblieben sind. «Pascal Jenny konnte durch seine hervorragende Arbeit diese Touristenflaute, die im ganzen Land herrschte, zum Beispiel mit einer Zunahme bei den Schweizer Gästen etwas abfedern», so Menet. Arosa sei durch Jenny und dessen Events bekannter geworden.
Bärenland ist sein Baby
Weiter sagt Menet über den Wohler Jenny: «Er ist ein super Typ, hat immer gute Ideen. Dass er schon seit zehn Jahren hier ist, sagt eigentlich alles. Ein Tourismusdirektor ist eher selten so lange am selben Ort. Jenny ist ein Schaffer und hat einen unglaublichen Durchhaltewillen.» Er nimmt jede Hürde, weil er es will. So hat er es auch beim Bärenland gemacht.
Die Bedienung im «Blatter’s Bellavista» bringt Pascal Jenny noch einen Espresso. Die Dauer des Interviews beträgt mittlerweile 50 Minuten. Tourismusdirektor Jenny, der im Zentralvorstand des Schweizerischen Handballverbandes sitzt und zudem im Exekutivrat von «Swiss Olympic» hat viel Spannendes zu erzählen. Über das Bärenland wurde noch nicht gesprochen. Dann folgt die Frage, wie er auf die Idee gekommen ist, dass man in Arosa Bären ein neues Zuhause geben kann. Und nun sprudelt es aus ihm heraus Noch mehr als zuvor. Man spürt: Das Bärenland ist sein Baby, sein Stolz.
Ein Heim für misshandelte Tiere
2010 sei erstmals die Idee aufgekommen. Arosa wollte den Bären des Bärengrabens in Bern Asyl geben. «Es war nur ein erster Gedanke.» Dann gab es eine Millionenspende für ein mögliches Bären-Projekt. Nun war es Zeit für ernsthafte Gedanken. 2012 wurde ein erster Vorschlag von der Bürgergemeinde Arosa abgelehnt. Das Bärenland war damals ausserhalb der touristisch genutzten Zone geplant. Jenny gab nicht auf. Weitere Standorte wurden geprüft. Und man wurde fündig bei der Mittelstation der Weisshorn-Gondelbahn.
Gemeinsam mit der Tierschutzorganisation «Vier Pfoten» scheute Jenny keine Mühe, um die Bären nach Arosa zu holen. Im November 2016 folgte eine weitere Abstimmung. 80 Prozent der Bevölkerung von Arosa sagte Ja. Jenny, der Mann für alle «Felle», hat es geschafft und das erste Schweizer Bärenschutzzentrum realisiert.
Rund drei Hektaren (zirka vier Fussballfelder) gross ist das Bärenland. Ab Sommer 2018 werden bis zu fünf – aus misslichsten Verhältnissen gerettete – Bären zum Beispiel aus Frankreich, Italien und Spanien ein neues und artgerechtes Zuhause erhalten.
Gondelbahn fährt über das Gehege
Die mitreissende und emotionale Geschichte dieser misshandelten Tiere wird im Bärenland erzählt. Es gibt eine Plattform, von der man die Tiere beobachten kann – und die Gondelbahn fährt direkt über das Gehege. Finanziert wird das 6,5-Millionen-Franken-Projekt von «Vier Pfoten», zwei weiteren Stiftungen, welchen das Tierwohl am Herzen liegt, dem Kanton (1,2 Millionen) und weiteren Kleinspendern. Der Unterhalt, der zwischen 0,5 und 0,75 Millionen Franken pro Jahr kostet, ist durch drei Einnahmequellen gesichert: «Eintritt, Sponsoren und Spender», sagt Jenny.
Es werden mindestens vier Arbeitsstellen geschaffen (drei Tierpfleger und eine Leitungsperson). Mitte Juli wird der erste Bär einziehen. Am 3. August eröffnet die Freiämter Bundesrätin Doris Leuthard die Anlage. «Es ist eine Win-win-win-win-Situation», sagt Jenny. Der Tierschutz «Vier Pfoten» freut sich, die Tiere haben ein neues Daheim und es ist für die Touristen eine Attraktion. Dies kommt wiederum Arosa zugute.
Atmosphäre wie nach einem Handballspiel
Als Tourist ist man in der Bündner Gemeinde ohnehin verwöhnt, wenn es um die Tierwelt geht. In Arosa gibt es viele Eichhörnchen, Adler und Steinböcken – und nun auch noch Bären.
Ähnlich wie beim Humorfestival wirkten auch beim Bärenland diverse Wohler Unternehmen mit. Die Werbeagentur «Küttel Laubacher» half mit, «Wagner Schriften» beklebte die Gondelbahnen bärengerecht. Er habe Vertrauen in die Geschäfte aus Wohlen.
Das Bärenland ist ein weiterer Meilenstein in der besonderen Liebesgeschichte zwischen Pascal Jenny und Arosa. Er habe noch viel vor. In seinem «grandiosen Team» herrsche eine Atmosphäre wie nach einem Handballspiel. Die Atmosphäre nach einem Sieg wohlgemerkt. Jenny und Arosa, das passt. Deswegen sagt sein Chef Christian Menet auch: «Pascal Jenny darf ruhig weitere zehn Jahre hier bleiben.»
Pascal Jenny über...
– Wohler in Arosa: «Arosa hat viele Gäste aus dem Aargau, besonders aus dem Freiamt. Bei den Wohlern und Villmergern hat Arosa eine grosse Tradition. Wieso genau weiss ich nicht. Aber es freut mich sehr. Im Dezember kommt beispielsweise jedes Jahr eine Gruppe von rund 30 Wohler Handballern nach Arosa ans Humorfestival.»
– Schneefussball-WM: «Als ich mit der Idee erstmals bei meinem Chef Christian Menet auftauchte, meinte er nur: «Es ist etwas vom Blödesten, was ich je gehört habe, aber mach mal.» Heute wissen wir, es hat geklappt und ist ein Erfolg. Ich bin sehr stolz darauf. Und irgendwann möchte ich eines meiner grössten Vorbilder an die Schneefussball-WM nach Arosa holen: Diego Armando Maradona (Anmerkung der Redaktion: Bei jedem Handballspiel trug Jenny ein Trikot von Maradona unter dem Matchtrikot, auch weil Jenny Verwandte in Argentinien hat).»
– Abgelehnte Olympia-Kandidatur in Sion: «Ich glaube, es wurde abgelehnt wegen dem schlechten Image des IOC. Die ganze Korruption ist schlecht für Olympia. Wir vom Exekutivrat von ‹Swiss Olympic› versuchen, dieses Image aufzubessern, damit wir in der Schweiz baldmöglichst wieder Grossanlässe haben. Es würde unserem Sportland guttun.»
– Entwicklung des Schweizer Handballs: «Die Schweizer Männer scheiterten knapp gegen Norwegen an der Qualifikation für die EM. Doch man hat gesehen, dass der Weg stimmt. Die Jungen kommen auf. Es braucht Geduld. Gleiches gilt auch für die Frauen. Wir vom Zentralvorstand des Schweizerischen Handballverbandes sind sehr zuversichtlich, was die Zukunft des Handballs angeht.»
– Verbindung von Arosa nach Lenzerheide: «Wir mussten über die Grenzen hinaus denken. Die Verbindung zwischen Arosa und Lenzerheide ist angelaufen. Ob es funktioniert und nachhaltig ist, wird sich in Zukunft zeigen. Momentan schwirrt in meinem Kopf ein weiteres Projekt umher. Ich möchte gerne «eine Brücke» von Arosa nach Davos schlagen. Wir machen uns in einem kleinen Team Gedanken, was sinnvoll sein könnte. Denn Zusammen ist man stärker.»



