20 Jahre sind für ihn genug
28.11.2025 Region Oberfreiamt, ButtwilPer Ende Jahr tritt der Buttwiler Gemeindeammann Stefan Gisler zurück
20 Jahre Gemeinderat, 16 davon als Ammann. Stefan Gisler hat Buttwil in den letzten Jahren stark mitgeprägt. Ein gutes Miteinander war ihm dabei immer wichtig – im Gremium und in der ...
Per Ende Jahr tritt der Buttwiler Gemeindeammann Stefan Gisler zurück
20 Jahre Gemeinderat, 16 davon als Ammann. Stefan Gisler hat Buttwil in den letzten Jahren stark mitgeprägt. Ein gutes Miteinander war ihm dabei immer wichtig – im Gremium und in der Verwaltung. Eine grosse Konstanz ist eine Folge davon. Nun tritt Gisler ab und zieht weg vom Dorf.
Annemarie Keusch
Keine einzige. Und das während 20 Jahren. Natürlich, Buttwil ist gewachsen, die Anforderungen nehmen nicht ab. Entsprechend arbeiten heute mehr Menschen auf der Verwaltung als noch vor zwei Jahrzehnten. Aber eine Kündigung gab es nie. Gemeindeschreiber René Fischer, Leiter Finanzen und Steuern Cornel Moser, Leiter Hausdienst Heinz Rosenberg und dazu kamen in dieser Zeit Gabriela Sennrich und Kathrin Zimmermann – das Kernteam ist über die gesamte Zeitdauer gleich geblieben. Auch der Gemeinderat sei immer stabil gewesen, mit Thomas Huwiler ist er gar die ganzen 20 Jahre über im Amt gewesen, nie gab es Rücktritte wegen Unstimmigkeiten. «Ja, darauf bin ich schon stolz», sagt Stefan Gisler. Jeden Freitag kommt er ins Gemeindehaus. Um Dokumente zu unterschreiben. «Aber genauso, um mit dem Team einen Kaffee zu trinken.» Das Miteinander, das war und ist dem scheidenden Gemeindeammann immer wichtig. Die Menschen sind darum auch der Grund, weshalb ihm der Abschied nicht leicht fällt.
Ein Kollege war es damals, der ihn fragte, ob er sich eine Kandidatur für den Gemeinderat vorstellen könnte. «Ich war vorher überhaupt nicht politisch und vor Amtsantritt auch nur einmal an einer Gemeindeversammlung», gesteht er. Das Neue, das habe ihn gereizt. Darum hat er zugesagt, nach Gesprächen mit einem weiteren Kollegen, der bereits im Gemeinderat sass, und mit der Familie. «Ich dachte, dass ich immer wieder aufhören könne, wenn es mir nicht zusagt.» Gemacht hat es Gisler nicht, 20 Jahre lang nicht.
Braucht breiten Rücken
Weil es ihm gefällt, weil es ihn erfüllt, weil er Buttwil und seine Einwohner mag. Gisler spricht von einem tollen Ausgleich zum beruflichen Alltag. Er hat eine Führungsposition bei HPE inne, einem globalen Technologieunternehmen mit Sitz in den USA. «Auch hier trage ich viel Verantwortung, jene im Dorf als Gemeindeammann ist aber eine ganz andere.» Wieder spricht Gisler vom Miteinander, vom Kollegialen. Er sagt aber auch, dass sich dies verändert habe – in der Gesellschaft, auch in Buttwil. «Die Leute fragen weniger», stellt er fest. Sie machen die Faust im Sack, reden hinter dem Rücken, statt direkt zu fragen, warum diese Strasse nun saniert werde und nicht jene. «Ja, der Respekt für die Behörden und ihre Arbeit hat abgenommen.» Man brauche einen breiten Rücken. «Den habe ich, sonst wäre ich nicht so lange im Amt geblieben.» Es ist einer der wenigen negativen Punkte, die er zurückblickend auf seine 20 Jahre im Gemeinderat nennt. Ein anderer wäre die Toleranz – gegenüber allen anderen. «Nachbarschaftsstreite wegen einer Hecke oder einem Gartenhag. Wir haben es so schön und machen uns das Leben gegenseitig so schwer.»
Viel lieber aber fokussiert sich Gisler auf das Positive. «Schliesslich gibt es davon auch viel mehr.» Natürlich nennt er Begegnungen mit Menschen. Etwa an der jährlichen Seniorenreise. Sein Quiz ist mittlerweile fast schon Tradition. Zum Abschluss erfuhren die Teilnehmenden viel Spannendes aus seiner Zeit im Gemeinderat: 450 Gemeinderatssitzungen, 38 Gemeindeversammlungen, nur zwei Anpassungen beim Steuerfuss. Gisler, der seit 30 Jahren mit seiner Frau verheiratet ist, mag Konstanz.
Hochwasser anfangs grosses Thema
Aber es sind auch politische Geschäfte, die Buttwil in diesen zwei Jahrzehnten prägten. Allen voran die Schulraumerweiterung, die zwei Millionen Franken kostete. Mehr als zehn Jahre sind seither vergangen. Gisler weiss, dass der Schulraum in vielen Gemeinden aktuell eine Herausforderung darstellt. «Vor allem die Kosten. Wir sind mit weniger ausgekommen und ich bin überzeugt, wir würden auch heute manch andere Gemeinde unterbieten.» Weil man in Buttwil die Investitionen pragmatisch anschaue, akribisch plane. Seit Jahren ist der Steuerfuss auf 102 Prozent. «Schritt für Schritt investieren, damit kein Stau entsteht», ist Gislers Erfolgsrezept.
Als neu gewählter Gemeinderat kümmerte sich Stefan Gisler anfangs um die Ressorts Jagd, Fischerei, Entsorgung, Natur- und Landwirtschaft. «Vor allem die Bäche beschäftigen mich, weil es immer wieder zu Überschwemmungen kam. Zum Glück hat sich das mittlerweile verbessert.» Vier Jahre später wurde er Ammann. «Der abtretende Gemeindeammann lud mich zum Essen ein und fragte, ob ich seine Nachfolge antrete.» Lange musste Gisler nicht überlegen. «Ich entscheide oft aus dem Bauch heraus.» Bereut hat er es nie. Fortan betreute er das Ressort Finanzen. Durch sein Betriebswirtschafts- und Informatik-Studium brachte er viel Vorwissen mit. Und Interesse sowieso.
Nicht einfach, Leute an «Gmeind» zu bringen
Trotz aller Konstanten hat Gisler in den 20 Jahren auch Veränderungen miterlebt. «Natürlich die Digitalisierung.» Von zu Hause die Unterlagen studieren und unterzeichnen – das ist längst möglich. Er stellt aber auch fest, dass die Unterschiede zwischen Einheimischen und Neuzuzügern grösser werden. «Wir könnten die Stühle an der ‹Gmeind› fast anschreiben. Neue Gesichter kommen selten. Das ist schade.» Und dann ist da noch die Sache mit dem Respekt, der gegenüber Behördenmitgliedern nicht grösser wird. «Erst, wenn man Teil davon ist, sieht man, wie komplex und vielseitig die Verwaltungs- und Behördenarbeit ist», ist er überzeugt. Es nicht allen recht machen zu können, das sei normal, das störe ihn auch nicht. «Wütend werde ich nur, wenn es ins Persönliche geht.»
Nun neigt sich Stefan Gislers Amtszeit dem Ende zu. «Ich gehe nicht, weil mir die Lust vergangen ist.» Schon bei der letzten Wiederwahl vor vier Jahren kündigte er an, dass dies seine letzte Legislatur sein würde. Ob er sich freut? «Das ist vielleicht das falsche Wort.» Aber 20 Jahre seien genug. «Neue Ideen schaden nie.» Mehr Freizeit, weniger Verantwortung, darauf freue er sich. Wobei er sich sicherlich weiterhin engagieren werde. «In welcher Form weiss ich noch nicht. Ich schaue mal, ob Anfragen kommen», meint Gisler schmunzelnd. Und wo das sein wird, auch das ist offen. Denn Gisler zieht weg aus Buttwil. «Wir wissen noch nicht wann und wohin.» Aus gesundheitlichen Gründen darf Gisler nicht Autofahren und ist auf ein gutes ÖV-Netzwerk angewiesen. Das ist einer der Gründe für den Wegzug.
«Ich habe mich stets für gute ÖV-Verbindungen eingesetzt, leider ohne Erfolg.» Ein Dorf, das diesbezüglich besser vernetzt sei, das ist für ihn in Zukunft wichtig. Mit Buttwil wird er aber immer verbunden bleiben: wegen des Lindenbergs, wo er oft joggend, bikend oder mit dem Hund unterwegs ist. Und wegen der Familie, Freunden und Bekannten.

