168 Mio. Franken
31.03.2023 WohlenDer neue Finanzplan 2024 bis 2033 der Gemeinde Wohlen wird präsentiert. Eine Zahl ist beeindruckend: Der Investitionsbedarf beträgt happige 168 Millionen Franken.
Nachholbedarf weiterhin riesig
Der Gemeinderat präsentiert den Finanzplan ...
Der neue Finanzplan 2024 bis 2033 der Gemeinde Wohlen wird präsentiert. Eine Zahl ist beeindruckend: Der Investitionsbedarf beträgt happige 168 Millionen Franken.
Nachholbedarf weiterhin riesig
Der Gemeinderat präsentiert den Finanzplan 2024 bis 2033: Neu mit 168 Millionen Investitionsbedarf
Der anhaltende Trend geht ungebremst weiter: Die Investitionen zeigen weiter nach oben. Der Schuldenberg wird grösser, der Steuerfuss soll ebenfalls steigen. Der neue Finanzplan zeigt auf, dass in Wohlen in den Bereichen Bildung und Verkehr nach wie vor ein bedeutender Nachholbedarf besteht.
Daniel Marti
«Eine vollständige und realistische Investitionsplanung ist die wichtigste Voraussetzung für einen aussagekräftigen Finanzplan», schreibt der Gemeinderat im vorliegenden über 30 Seiten umfassenden Dokument und Planungsinstrument. Die Investitionen sind laut Gemeinderat «zeitlich und sachlich aufeinander abzustimmen».
Jährlich 15,3 Millionen über elf Jahre
Und der neue Finanzplan 2024 bis 2033 zeigt einen wesentlichen Punkt auf, der bei den vergangenen Finanzplänen schon festgestellt werden konnte: Der Investitionsbedarf steigt weiter. Im abgebildeten Zeitraum, von 2023 bis 2033, wird eine Steigerung von 161 auf 168 Millionen Franken ausgewiesen. Davon haben 53,5 Millionen den Status «im Bau». Weitere 8,5 Millionen sind bereits beschlossen. Und 106 Millionen Franken sind dem Status «geplant» zugeordnet.
Werden die 168 Millionen durchschnittlich auf elf Jahre aufgeteilt, ergibt sich eine jährliche Investitionsquote von 15,3 Millionen Franken. Wobei die nächsten vier Jahre, 2023 bis 2026, viel kostenintensiver sein werden. Der Gemeinderat rechnet in dieser Phase mit einem jährlichen Durchschnitt von 28 Millionen Franken an Investitionen.
Die grossen Brocken im neuen Finanzplan betreffen – so wie in der Vergangenheit – zwei Bereiche: Für den Bereich Bildung sind Investitionen in der Höhe von 120 Millionen Franken vorgesehen, für den Bereich Verkehr sind es 33 Millionen Franken. Und der dritte Punkt: 7 Millionen für den Bereich Allgemeine Verwaltung.
Es zeigt sich, so der Gemeinderat, «dass bei den werterhaltenden Investitionen in die bestehende Infrastruktur ein bedeutender Nachholbedarf besteht». Mit Verschiebungen werden nur kurzfristige Entlastungen erreicht, «diese kommen aber später meist teurer zu stehen», argumentiert der Gemeinderat.
Bildung: Zusätzlicher Schulraum ist unumgänglich
Den grössten Raum bei den Investitionen nimmt die Bildungsinfrastruktur ein. Zurzeit ist die Realisierung des modernisierten Schulzentrums Halde im Mittelpunkt – mit 57 Millionen auch finanztechnisch. Das Zentrum Halde soll bis im August 2026 vollständig erneuert sein. Der nächste grosse Eckpfeiler ist auch beziffert: Die Sanierung des Schulzentrums Junkholz mit Sanierung der Dreifachturnhalle wird 27,2 Millionen Franken verschlingen. Das Schulhaus selbst soll von 2028 bis 2031 für 20Millionen saniert werden. Und die Erneuerung der Schulhäuser Bünzmatt I und II wird gesamthaft 8,2Millionen kosten.
Und der Gemeinderat hält Folgendes fest: «Die Prognosen zeigen klar auf, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler in den nächsten Jahren stetig steigen wird. Deshalb ist die Bereitstellung von zusätzlichem Schulraum für Kindergärten und die Volksschule unumgänglich.» Der Gemeinderat rechnet wegen der Dringlichkeit mit Provisorien als Übergangslösungen. Eine Klarheit betreffend Umfang der Projekte gibt es noch nicht. Aber der Gemeinderat hat schon mal 30 Millionen Franken in den Finanzplan aufgenommen. Je 10 Millionen Franken in den Jahren 2026, 2029 und 2032.
Der Gemeinderat äussert sich auch zur Kindergartenstrategie: Zur Steigerung der Effizienz besteht die Absicht, Gebäude mit mehreren Kindergärten zu erstellen. Weiter sollen «bestehende, teure Mietlösungen durch eigene Bauten ersetzt werden».
5,26 Millionen Franken für Aufwertung Zentralstrasse
Zum Verkehr. Die Kantonsstrassenprojekte unterliegen der Federführung des Kantons. Diese kann die Gemeinde in der Regel nur abnicken. Ab 2024 wird die Freiämterstrasse/ Friedhofstrasse saniert. Weiter steht das Projekt Zentralstrasse bald in den Startlöchern. Die Aufwertung der Zentralstrasse kostet laut Finanzplan 5,26 Millionen Franken, sie soll in den Jahren 2026 bis 2028 realisiert werden. Ebenfalls die Sanierung des Knotens Jurastrasse/Anglikerstrasse/Niederwilerstrasse steht an. Dies kostet 1,57 Millionen Franken. Die Gemeinde Wohlen hat sich jeweils an den Kosten der Kantonsstrassen zu beteiligen – und zwar mit 35Prozent.
Absicht: Erweiterung des Gemeindehauses
Bei diversen Gemeindestrassen muss der Zustand auch dringend verbessert werden. Dies sind Sorenbühlweg, Untere Farnbühlstrasse Mitte, Bahnhofstrasse, Hochwachtstrasse, Industriestrasse, Aeschstrasse Ost. Weiter wird die Entwicklung des Bahnhofs fortgesetzt. Die Endstation der Aargau Verkehr AG soll bekanntlich neu im Bahnhof platziert werden – aber erst muss der Freiverlad weichen.
Aktuell ist die Platznot im Gemeindehaus – auch nach dem Auszug der Regionalpolizei (siehe diese Ausgabe). «Die Abdeckung des Raumbedarfs kann nur mit der Erweiterung des Gemeindehauses oder durch die Auslagerung von Arbeitsplätzen gedeckt werden», schreibt der Gemeinderat. Mietlösungen seien zudem meist zu teuer. Es besteht deshalb die Absicht, das Gemeindehaus zu erweitern. Die Gemeindebibliothek am Bankweg 2 sei zu klein, um für genügend Ersatz zu sorgen. Und sie ist in die Jahre gekommen. Beide, Gemeindehaus und Bankweg 2, benötigen eine grosszyklische Erneuerung. Im Finanzplan sind für die Gemeindehauserweiterung 4,3 Millionen Franken vorgesehen, und zwar für die Jahre 2026 und 2027. Für die Sanierung der Liegenschaft Bankweg 2 braucht es 2 Millionen – aber erst ab dem Jahr 2034.
Geduld und Bescheideneit
Geduld brauchen auch die Vereine im Sportzentrum Niedermatten. Die Sanierungen des Fussballrasens und der Tennisplätze wurden um Jahre verschoben. Die Tennisplätze wären ursprünglich im kommenden Winter eingeplant gewesen – nun soll es für beide Anlagen in den Jahren 2028 und 2029 erste Sanierungen geben.
Und der Gemeinderat gibt auch offen zu, dass der Bereich Kultur, Freizeit und Sport einen «bescheidenen Platz einnimmt». Es ist im neuen Finanzplan über zehn Jahre ein Investitionsvolumen von 4,7 Millionen Franken vorgesehen. Im Vergleich zu anderen Bereichen ist das tatsächlich sehr gering, oder nicht einmal drei Prozent des gesamten Investitionsbedarfs von satten 168 Millionen Franken.
Steuerfuss soll 5 Prozent rauf
Auch die Schulden werden Rekordstand erreichen
Nachdem der Gemeinderat im aktuellen Jahr auf eine Erhöhung verzichtet hat, soll es umso schneller nach oben gehen. Für nächstes Jahr ist ein Steuerfuss von 118 Prozent vorgesehen.
Seit Jahren fordert der Gemeinderat einen höheren Steuerfuss. Doch im Parlament fand er bisher kaum eine Mehrheit dafür. Und zuletzt nahm der Gemeinderat selber davon Abstand. Auf die für das Jahr 2023 angekündigte Erhöhung auf 115 Prozent verzichtete er angesichts der unsicheren Situation von sich aus.
Im letzten Finanzplan ging man noch davon aus, dass der Steuerfuss in den Jahren 2023 bis 2025 bei 115 Prozent liegt und auf das Jahr 2026 auf 120 Prozent ansteigt. Nach dem Vezicht auf eine Erhöhung für dieses Jahr besteht nun Nachholbedarf. So soll der Steuerfuss in den beiden kommenden Jahren auf 118 Prozent steigen und dann wie geplant im Jahr 2026 auf 120 Prozent. Dort soll er dann vorerst bleiben – bis ins Jahr 2032 ist keine Senkung vorgesehen.
Für den Gemeinderat ist denn auch klar: «Aufgrund der Entwicklung der Planzahlen ist die Steuererhöhung nicht aufzuschieben. Damit das Fremdkapital angemessen zurückbezahlt werden kann, sind weitere Steuerfusserhöhungen unumgänglich.» Dies umso mehr, als die genauen Auswirkungen der Steuergesetzrevision ab dem 1. Januar 2022 schwer abzuschätzen sind. Auch Prognosen zur Konjunkturentwicklung sind aufgrund der aktuellen Weltlage schwierig. Für den Gemeinderat heisst dies, dass er lieber vorsichtig agieren und den Steuerertrag nicht zu optimistisch festlegen will. Obwohl der Steuerertrag in den letzten drei Jahren stets über dem Voranschlag lag, will man daran festhalten. «Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges, der Inflation, von Rezessionsängsten, der Zinsentwicklung, der Coronapandemie und der Energielage haben Einfluss auf den Finanzhaushalt der Gemeinde», schreibt er.
Schulden von 142 Millionen?
Trotz des höheren Steuerfusses werden die Schulden weiterhin stark ansteigen. Im letztjährigen Finanzplan wurde die Höchstmarke mit 134 Millionen Franken für das Jahr 2029 errechnet. Im neuen Finanzplan steigen die Schulden bis ins Jahr 2032 gar auf 142 Millionen Franken. Trifft das zu, liegen die Schulden bei 7040 Franken pro Einwohner. Laut Kanton sollte dieser Wert nicht über 2500 Franken liegen – in Wohlen wäre er fast dreimal höher.
Die Entwicklung der Schulden im abgebildeten Zeitraum ist auch für den Gemeinderat «sehr besorgniserregend». Das Risiko einer künftigen Erhöhung der Schuldzinsen sei latent. Dies werde erhebliche Auswirkungen auf den Gemeindesteuerfuss generieren. Für ihn stellt sich die Frage, was höher zu gewichten sei: die Bedürfnisse gemäss Investitionsplanung oder die Frage der Finanzierbarkeit. «Diesem wegweisenden Prozess will sich der Gemeinderat in nächster Zeit intensiv annehmen», heisst es dazu im Finanzplan. --chh