Zweifellos verzweifelt
07.07.2023 Radsport, Weitere Sportarten, SportDer Joner Urs Huber in der grössten Krise seiner Karriere
Seit bald 20 Jahren ist Urs Huber an der Weltspitze im Marathonmountainbike. Er war sich das Gewinnen gewohnt. Doch jetzt ist alles anders: «Ich kann machen, was ich will, es geht einfach nicht ...
Der Joner Urs Huber in der grössten Krise seiner Karriere
Seit bald 20 Jahren ist Urs Huber an der Weltspitze im Marathonmountainbike. Er war sich das Gewinnen gewohnt. Doch jetzt ist alles anders: «Ich kann machen, was ich will, es geht einfach nicht vorwärts», sagt er.
Stefan Sprenger
Er wirkt ein wenig verzweifelt. Selbst hat er keine Zweifel, wenn er sagt: «Ich befinde mich in der schwierigsten Phase meiner Karriere.» Nachdem er zu Beginn dieses Jahres zwei Mal an Corona erkrankt war, hat er enorm zu beissen. «Es ist unglaublich hart, jeden Morgen aufzustehen, seriös zu trainieren, mein Bestes zu geben – aber nichts in Form von Resultaten zurückzubekommen.»
Es wäre doch so märchenhaft
12. August 1985. Hanni und Walti Huber sind überglücklich. Ihr Sohn Urs ist gerade im Spital Muri zur Welt gekommen. Der kleine Junge wächst auf dem Bauernhof auf. Als er in die 1. Klasse kommt, geht er jeweils zu Fuss den über 2 Kilometer langen Schulweg. In der 2. Klasse kriegt er ein Velo. Und alles verändert sich. Er joggt, er spielt Fussball, doch die wirkliche Leidenschaft für Urs Huber wird das Velofahren.
Schon in der Schulzeit war er immer der Schnellste. 2001 macht er sein erstes Rennen, 2003 seine erste komplette Saison. Es folgen die ersten Siege. Und eine Erfolgsgeschichte beginnt. Siege. Siege. Siege. Urs Huber gewinnt alle renommierten Rennen der Marathonmountainbike-Szene. Jahrelang ist er Dominator. Probleme? Fehlanzeige. Er ist kaum verletzt, ist bei einem der weltbesten Teams (Bulls aus Deutschland) unter Vertrag. Der Profivertrag läuft noch bis 2025. Danach will er den Bauernhof der Eltern übernehmen.
Es wäre alles so märchenhaft. Sein Werdegang, seine Karriere. Doch so kurz vor dem Endspurt in seiner Laufbahn (er wird 2025 aufhören) muss er arg untendurch und steckt in der Krise.
2. Rang, aber mit 40 Minuten Rückstand
Mitte Juni startet er am Hero-Rennen in den Dolomiten. Normalerweise eines seiner Lieblingsrennen. Doch nicht 2023. Huber landet auf dem 16. Rang. Er ist so enttäuscht, dass er nicht mal einen Rennbericht schreibt (was er sonst immer tut). Huber seilte sich zum nächsten Wettkampf in der Hoffnung, dass alles besser wird. Das MB-Race in Frankreich schien zum richtigen Zeitpunkt zu kommen. «Die 140 Kilometer mit brutalen 7000 Höhenmetern liegen mir normalerweise bestens», sagt er. Doch nicht 2023. Der Freiämter schafft es zwar auf den 2. Rang. Grosses Aber: «Dies mit unglaublichen 40 Minuten Rückstand. Somit ist eigentlich auch schon alles dazu gesagt.» Huber kommt in dieser Saison nicht in die Pedale wie üblich. Es läuft in diesem Jahr meist so: «Bestens vorbereitet und motiviert reise ich an das Rennen. Zuversichtlich, dass nun endlich der Knoten platzt, stehe ich am Start. Doch leider muss ich jeweils nach kurzer Zeit feststellen, dass ich ein weiteres Mal keine Chance habe.» Für den ehrgeizigen Urs Huber ist dies nur schwierig zu akzeptieren. Aber er muss.
«Es bleibt mir nichts anderes übrig, als wieder ein Rennen abzuhaken und weiterzumachen in der Hoffnung, dass es bald wieder anders aussieht.» Ihm bleiben noch zwei Monate, um irgendwie die Kurve zu kriegen. Im August folgen die Höhepunkte, die richtig strenge Zeit. Ischgl Ironbike, Nationalpark-Marathon, Grand Raid. Und der Höhepunkt: Die Schweizer Meisterschaften im Marathonmountainbike in Grindelwald. «Die Strecke liegt mir», sagt Huber, der mit acht Erfolgen der Rekordsieger dieses Rennens ist. Hoffentlich ein gutes Zeichen für den Freiämter, der – egal wie diese Saison ausgeht – als einer der grössten Marathonmountainbiker in die Geschichte dieses Sports eingehen wird.