Zeit der Hurricanes
16.08.2025 Kelleramt, KolumneBRIEF AUS FLORIDA
Joe Huber, Fort Myers.
Seit Anfang Juni ist bei uns Regenzeit und diese dauert bis zirka Mitte Oktober. Darunter ist nicht zu verstehen, dass es tagelang verhangen ist und regnet. Es sind fast ...
BRIEF AUS FLORIDA
Joe Huber, Fort Myers.
Seit Anfang Juni ist bei uns Regenzeit und diese dauert bis zirka Mitte Oktober. Darunter ist nicht zu verstehen, dass es tagelang verhangen ist und regnet. Es sind fast tägliche Gewitter, die innert kurzer Zeit grosse Mengen von Regen runterprasseln lassen, und danach scheint wieder die Sonne. Teil dieser Regenzeit sind dann so quasi als Höhepunkt und Schlussbouquet im September/Oktober die Hurricanes.
Wir sind nun seit acht Jahren hier und haben bereits vier solcher erlebt. Letztes Jahr waren es gleich zwei innerhalb von ein paar Tagen. Beide verpassten wir, denn wir waren glücklicherweise in der Schweiz, und unser Nachbar berichtete laufend über die aktuelle Lage, bis dann die erlösende Nachricht kam, dass alles vorbei sei und das Haus auch diesmal absolut keinen Schaden erlitten habe. Das hatte aber auf unserer Seite einiges an Nerven und «Überstunden» abverlangt, denn wegen des Zeitunterschieds fanden diese Geschehnisse halt manchmal um 4 Uhr morgens Schweizer Zeit statt, und das Verfolgen der Live-Bilder auf dem Handy liess sich nicht mit dem Gewissen vereinbaren, sich einfach so sorgenlos aufs Ohr zu legen.
Den Regen während der Sommermonate brauchen wir hier allerdings jeweils sehr dringend, denn dieser fällt ab November bis April äusserst spärlich. Da kann es gut sein, dass während fünf bis sechs Wochen kein einziger Tropfen des kostbaren Nass vom Himmel fällt.
Die Hurricanes allerdings brauchen wir natürlich überhaupt nicht. Alle namhaften Meteorologen sagen aber voraus, dass diese künftig häufiger und auch wuchtiger auftreten werden, und das hat zum Teil mit dem erwärmten Atlantik zu tun. Das wiederum ist eine Folge der allgemein wärmeren Temperaturen, kein Wunder, denn bei uns ist es ab Anfang Mai bis Ende September jeden Tag durchschnittlich 32 Grad warm. Die meisten dieser Hurricanes bilden sich an der Westküste von Afrika, anfangs als relativ harmlose tropische Wellen, und wandern dann eben über den Atlantischen Ozean gegen Amerika.
Das warme Meerwasser und die Winde sind dabei die beste Nahrung und tragen dazu bei, dass daraus ein tropisches Tiefdruckgebiet entsteht, und das Endresultat sind eben diese Monsterstürme, die bei ihrer «Ankunft» gut und gerne 250 km/h auf dem Tacho haben.
Obwohl wir bis jetzt – Gott sei Dank – noch nie den geringsten Schaden hatten, hat sich die Prämie für die Hausversicherung in diesen acht Jahren verdreifacht. Man muss froh sein, so eine Versicherung überhaupt noch zu kriegen, denn viele der kleinen Versicherungsgesellschaften gingen pleite und die grossen haben sich aus Florida abgemeldet und kündigten die Policen oder liessen, im besten Falle, die bisherigen Kunden bestehen, aber schliessen keine neuen Verträge mehr ab.
Die politischen Hurricanes in Washington nehmen ebenfalls an Heftigkeit zu. Und solange die niemand stoppt, wird am Ende auch ein Riesenschaden angerichtet sein. Für diesen gibt es auch keine Versicherung.
Der in Jonen aufgewachsene Joe Huber wohnt seit 1986 in den USA. Lange Zeit in New York, nun in Fort Myers, Florida. Regelmässig berichtet er von seinem Leben und hält seine Gedanken als Auslandschweizer fest.