Wieder auf dem Trainerstuhl
18.06.2024 Sport, FussballCiriaco Sforza wird Trainer des FC Schaffhausen – und erlebt bei der Schweizer Nati eine kuriose Szene
Für den FC Schaffhausen ist er die Wunschlösung: Ciriaco Sforza übernimmt den Verein aus der Challenge League. Nach der Entlassung beim FC Basel im ...
Ciriaco Sforza wird Trainer des FC Schaffhausen – und erlebt bei der Schweizer Nati eine kuriose Szene
Für den FC Schaffhausen ist er die Wunschlösung: Ciriaco Sforza übernimmt den Verein aus der Challenge League. Nach der Entlassung beim FC Basel im April 2021 hat der Wohler einen neuen Job an der Seitenlinie. Und erlebt wenige Stunden nach diesen News eine kuriose Geschichte an der Fussball-EM.
Stefan Sprenger
Da ist er wieder. Ciriaco Sforza, zurück im Profifussball, zurück auf dem Trainerstuhl. Natürlich hatte der 54-Jährige nach seiner Entlassung beim FC Basel im April 2021 Angebote von Vereinen, aber es hat nicht gepasst. Nun war Sforza Wunschkandidat beim FC Schaffhausen. Der dortige CEO Jimmy Berisha und Sportchef Marc Hodel führten Gespräche mit dem früheren Nati-Spieler Sforza. Und am Mittwoch verkündete der FC Schaffhausen dann die Nachricht, dass Sforza das Team übernimmt.
Schaffhausens Sportchef Marc Hodel wird in der Mitteilung des Vereins wie folgt zitiert: «Mit der Verpflichtung von Ciriaco Sforza konnten wir einen erfahrenen Trainer engagieren, der ideal zur neuen Ausrichtung der sportlichen Strategie des Vereins passt. Seine Sichtweise deckt sich mit der unseren. Er hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er junge Spieler weiterentwickeln und gleichzeitig als Mannschaft erfolgreich sein kann.»
Budgetreduktion beim FC Schaffhausen
Hodel wurde erst vor wenigen Wochen der neue Sportchef. Dies, nachdem der frühere Bundesliga- und Nati-Spieler Admir Mehmedi diesen Posten abgegeben hatte. Der Grund: «Die von der Geschäftsleitung vorgegebene Budgetreduktion konnte Mehmedi nicht mit seinen eigenen Ansprüchen für die kommende Saison vereinbaren und bat daher um eine einvernehmliche Vertragsauflösung», wie der FC Schaffhausen schrieb. Die Munotstädter haben zahlreiche Sanierungsmassnahmen getätigt – darunter auch die Budgetreduktion. Dies sei «unumgänglich für eine langfristige Gesundung des FC Schaffhausen», schreibt der Club auf der Homepage. Aufgrund dieser Sparmassnahmen werden viele junge Spieler beim FC Schaffhausen eine Chance erhalten. Sforza hat bereits beim FC Wil (2019 bis 2020) gezeigt, dass er hervorragende Arbeit mit Nachwuchsspielern leistet (siehe Kasten rechts).
Sforza, der seit 2006 als Trainer amtet, war bei diversen Vereinen tätig. FC Luzern, FC Wil, FC Thun, FC Basel und beim FC Wohlen, wo er 2014/15 für die beste Saison der Vereinsgeschichte sorgte, als die Freiämter beinahe in die Super League aufgestiegen sind. Assistenztrainer von Sforza wird Philipp Heinzer. Der 46-Jährige war im Nachwuchsleistungsfussball beim FC St. Gallen, FC Zürich, FC Aarau und den Grasshoppers tätig – und sammelte in Österreich (Wacker Innsbruck) auch schon Erfahrungen. Das Duo Sforza/Heinzer soll nun dafür sorgen, dass der FC Schaffhausen eine bessere Saison hinlegt als zuletzt (9. Rang in der abgelaufenen Spielzeit).
Reklamation wegen Sforza
Sforza, WM-Teilnehmer 1994, Champions-League-Sieger mit Bayern München und einst Captain der Schweizer Nati, war dann, wenige Stunden nachdem der FC Schaffhausen seine Verpflichtung bekannt gegeben hatte, bereits im Stadion. Allerdings nicht in Schaffhausen, sondern in Köln. Sforza war beim EM-Auftaktspiel der Schweizer Nati gegen Ungarn live dabei, als Co-Kommentator für «MagentaTV», die dieses Spiel exklusiv in Deutschland ausstrahlen durften.
Und dabei sorgte Sforza für eine besondere Szene. Als Co-Kommentator im Stadion fieberte er sehr stark mit der Nati mit. Während der ersten Halbzeit hielt es ihn kaum auf dem Sitz. Dieses Mitfiebern und die vielen Emotionen sorgten aber nicht nur für Begeisterung. Wie «watson.de» berichtet, erzählte Magenta-Kommentator Christian Strassburger zu Beginn der zweiten Halbzeit, dass französische Journalisten-Kollegen in der Pause zu ihm und Sforza kamen. Sie hatten eine klare Forderung: Hinsetzen. «Sie kamen zu uns und haben uns gebeten, dass wir uns hinsetzen, weil Ciriaco Sforza so ein breites Kreuz hat», sagte Kommentator Strassburger mit einem Lachen. «Das tut mir auch ganz gut», witzelte Sforza, der auch bei «blue Sport» in der Schweiz als TV-Experte tätig ist. Bleibt er trotz Engagement bei Schaffhausen als TV-Experte tätig? Was sagt Sforza zu seinem neuen Job – oder zur Schweizer Nati an der EM? Gerne hätte ihm die Redaktion diese Fragen gestellt, jedoch war Sforza für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Das Fussball-Freiamt ist auf Ciriaco Sforza – den grössten Fussballexport der Region aller Zeiten – stolz und hofft auf ein erfolgreiches Kapitel beim FC Schaffhausen.
Sforza und EM-Torschütze Duah
Die Schweizer Nationalmannschaft startet mit einem 3:1-Sieg gegen Ungarn in die Europameisterschaft. Der Torschütze zum 1:0 heisst Kwadwo Duah. Und dies war eine riesige Überraschung. Schon die Nomination in das EM-Kader war überraschend. Dass er gegen Ungarn von Beginn weg spielt, umso mehr. Und dann erzielt der Stürmer auch noch das 1:0 – und das in seinem zweiten Länderspiel. Der 27-Jährige, der bei Ludogorets Rasgrad in Bulgarien spielt, bekam den Vorzug vor namhafter Konkurrenz wie Breel Embolo (AS Monaco), Noah Okafor (AC Mailand) oder Top-Torjäger Zeki Amdouni (FC Burnley). Auch dies sorgte für Aufsehen im Vorfeld des Spiels.
Nach dem Spiel waren die Zweifel verflogen, Duah rechtfertigte seinen Einsatz mit dem Tor und einer starken Leistung. Und er erklärte nach dem Spiel im Interview, wieso der Wohler Ciriaco Sforza eine sehr wichtige Person in seinem Leben ist. Duah spielt als Kind bei Quartierclubs in Bern, mit 10 Jahren geht er zu den Young Boys, spielt dort bereits mit 16 Jahren bei der U21. Der Durchbruch bei YB will aber nicht gelingen. In Bern bleibt er ohne Chance. Als er im Sommer 2019 in der Challenge League beim FC Wil spielt, ist dies nach Xamax, Servette und Winterthur bereits der vierte Leihclub für Kwadwo Duah.
Beim FC Wil heisst der Trainer damals Ciriaco Sforza. Es war das grosse Glück von Kwadwo Duah. Nach seinem Tor an der Europameisterschaft erzählt er – angesprochen auf seine Zeit beim FC Wil und Trainer Sforza – folgende Worte im Interview mit «blue Sport»: «Ich hatte eine sehr schwierige Phase bei YB. Ciriaco Sforza hat mir die Freude am Fussball zurückgegeben. Er ist eine sehr wichtige Person für mich und meine Karriere.»
Der Beitrag auf «bluewin.ch» läuft unter dem Titel: «Darum kommen ihm beim Namen Sforza die Tränen.» Denn Duah wird beim Interview plötzlich emotional und hat Tränen in den Augen: «Ciriaco Sforza hat wirklich einen sehr, sehr grossen Anteil an meinem Spiel.» Sforza ist beim Auftritt von Duah in Köln und dem 3:1-Sieg der Schweiz live dabei. Auf «blue Sport» sagt Sforza: «Ich habe mich riesig für ihn gefreut. Er ist ein feiner Typ. Damals beim FC Wil haben mir viele von seiner Verpflichtung abgeraten. Aber ich wusste, dass er grosse Qualitäten hat. Es ist schön, dass er die Chance gekriegt hat, sich auf dieser Bühne zu zeigen.» --red