Wie der Dirigent eines Orchesters
22.09.2023 Jonen, KelleramtStefan Späni ist der neue Leiter der Schule Jonen und der Kreisschule Kelleramt
Als Nordisch-Kombinierer nahm er an den Olympischen Spielen teil. Nun ist die Schule seit einigen Jahren die berufliche Heimat von Stefan Späni. Als Schulleiter ist es ihm wichtig, ...
Stefan Späni ist der neue Leiter der Schule Jonen und der Kreisschule Kelleramt
Als Nordisch-Kombinierer nahm er an den Olympischen Spielen teil. Nun ist die Schule seit einigen Jahren die berufliche Heimat von Stefan Späni. Als Schulleiter ist es ihm wichtig, den Kindern und Jugendlichen das bestmögliche Rüstzeug für das Erwachsenenleben mitzugeben. Zudem will er den Austausch mit den Eltern fördern.
Annemarie Keusch
Nein, als Lehrer stand Stefan Späni nie in einem Klassenzimmer. «Das ist kein Nachteil», sagt der neue Leiter der Schule Jonen und der Kreisschule Kelleramt selbstbewusst. Er sei wie der Dirigent eines Orchesters. «Ich muss nicht jedes Instrument spielen können, aber wissen, wie alle miteinander tönen sollten.» Späni weiss, dass er dabei davon abhängig ist, dass alle mitspielen. Entsprechend wichtig ist ihm ein funktionierendes Team, eines, das miteinander vorwärtsgeht, eines, das einander hilft, eines das miteinander in den Austausch tritt, eines, in dem sich niemand scheut, bei anderen Hilfe zu holen. «Ein solches Team habe ich hier angetroffen», schwärmt Späni.
Überhaupt, er habe eine funktionierende, kompetente Schule angetroffen. «Mein Vorgänger hat sehr gute Arbeit geleistet», betont er. Dass die Mitarbeitenden mitdenken, anpacken, sich nicht vor Belastung scheuen, habe ihm den Start sehr einfach gemacht. Und das, obwohl Stefan Späni Jonen und seine Schule vorher kaum kannte. Späni hat seine Jugend in Davos verbracht, lebt mittlerweile mit seiner Familie – seiner Frau und den 12-jährigen Zwillingen – in Brugg. Schulleiter war er bereits, in Ehrendingen. «Eine tolle Schule. Nur gelang der Übergang nach der Abschaffung der Schulpflege nicht. Die Vorstellungen waren zu unterschiedlich.» Späni zog die Konsequenzen und erinnerte sich an Jonen. «Mit meinem Göttikind, das in Ottenbach lebt, war ich auch schon hier auf dem Spielplatz und habe natürlich die moderne Schulanlage gesehen. Dass eine kleine Gemeinde derart in die Bildung investiert, ist ein deutliches, ein gutes Zeichen.»
Ideale Voraussetzungen schaffen
Seit dem neuen Schuljahr nun ist Jonen die berufliche Heimat von Stefan Späni. Und er hat klare Vorstellungen, denen er folgen und die er umsetzen will. «Ich will, dass die Jugendlichen rückblickend sagen, dass sie eine gute Schulzeit genossen, dass sie bereit sind fürs Berufsleben und dass ihnen die Voraussetzungen geschaffen wurden, um das Maximum herauszuholen.»
Ein ganz wichtiger Aspekt ist seiner Meinung nach die Einbindung der Eltern. «Der Lehrplan 21 ist seit fast drei Jahren Tatsache. Aber selbst für Lehrpersonen ist es immer noch eine Herausforderung, den Unterricht komplett nach dem neuen Lehrplan zu planen und durchzuführen. Es braucht Zeit, denn die Methodik unterscheidet sich stark vom alten Lehrplan. Umso wichtiger ist es, diesen den Eltern zu vermitteln, sie zu informieren, sie mitzunehmen», sagt Späni und spricht beispielsweise die formative Beurteilung an. «Dass eine subjektive Einschätzung der Lehrperson etwa beim Übertritt auch eine Rolle spielt und nicht nur die nackten Noten, das verstehen nicht alle. Also braucht es viele Gespräche, um transparent zu werden.» Für Späni ist klar, dass die Schule den Erklärbedarf abdecken muss. «Für viele Eltern ist es nicht verständlich, dass ihre Kinder keine Hausaufgaben zu lösen haben und immer mehr Wert auf Eigenverantwortung gelegt wird.» Da will er den Hebel ansetzen, sich austauschen, informieren, Brücken bauen, Missverständnisse ausräumen.
Gelerntes im Alltag anwenden
Gleichzeitig ist es Späni wichtig zu betonen, dass die Eltern im Lehrplan 21 auch eine Rolle spielen. «Auch sie können einen Beitrag leisten zur Kompetenzbildung ihrer Kinder», sagt er. Mit ihnen basteln oder kochen, wenn keine Hausaufgaben anstehen. «So lernen sie im praktischen Alltag, wie viel Gramme im Kilogramm sind. Genau darum geht es. So findet das Wissen den Weg ins Langzeitgedächtnis.»
Die Umsetzung des Lehrplans 21 sei auch innerhalb des Lehrerteams ein Thema, die Integration von jungen Lehrerinnen und Lehrern ebenso. «Ich habe anhand meiner ersten Erfahrungen keine Angst, dass das hier zum Problem wird.» Herausforderungen sieht er trotzdem, etwa im integrativen Schulsystem. «Dieses finde ich äusserst gut, aber es stösst an seine Grenzen. Die Schere wird immer grösser. Und dabei darf man nicht vergessen, dass man jene speziell fördern muss, die Hilfe brauchen, aber auch jene, die besonders gut sind. Allen gerecht zu werden, das wird zunehmend schwierig.»
Als Sportler mehr Niederlagen als Erfolge erlebt
Es sind aber auch solche Herausforderungen, die den Berufsalltag in der Schule für Stefan Späni spannend machen. Und es war jenes Spannungsfeld der verschiedenen Ansprüche, das ihn überhaupt in dieses Umfeld wechseln liess. Denn ursprünglich war Späni Spitzensportler, kam 15-jährig in die Nationalmannschaft der Nordischen Kombination, war neun Monate jährlich unterwegs. «In meiner Karriere habe ich mit mehr Niederlagen umgehen müssen als mit Erfolgen, das formt den Charakter», sagt er. Durchhaltewillen, Hartnäckigkeit, Interesse – was er als Spitzensportler brauchte, seien auch in der Schule gefragte Eigenschaften, sowohl bei Lehrpersonen als auch bei Schülerinnen und Schülern.
Später war Späni Nationaltrainer, studierte Sport und Psychologie, arbeitete mit Spitzensportlern zusammen, aber auch bei einer Grossbank. Er hat mit Menschen gearbeitet, gesehen, welche Fähigkeiten es braucht, um im Leben zu bestehen. Und genau das will er, dass diese Fähigkeiten an den Schulen vermittelt werden. «Es geht nicht nur darum, dass 5 plus 5 10 ergibt, sondern dass Elemente wie Flexibilität oder Empathie wichtig sind, dass man auch schwierige Zeiten aushalten kann.» Das habe er als Sportler gelernt.
Steine selber aus dem Weg räumen
Dass sie das Leben selber in die Hand nehmen, sie gefordert und gefördert, aber nicht überfordert werden, sie die Steine, die sich ihnen in den Weg legen, selber zur Seite räumen – das wünscht er sich für junge Menschen, die die Schule verlassen. «Wir können ihnen das Rüstzeug dazu geben, ihnen gerecht werden. Besonders auch beim Übertritt in die Oberstufe, wo ich mir wünschen würde, dass auch die Eltern keinen Druck ausüben.» Schliesslich habe man mit dem dualen Bildungssystem auch mit einem Sek- oder Realabschluss eine ganze Fülle an Möglichkeiten.
Stefan Späni ist Schulleiter, hält die Fäden in der Hand, versucht diese im Spannungsfeld nicht zu verknoten oder einen davon loszulassen. «Es ist herausfordernd, aber es macht Spass.» Und als ehemaliger Leistungssportler sind für ihn Herausforderungen nichts Neues. Zumal der Sport in Spänis Leben weiterhin eine wichtige Rolle spielt. Er ist Tennislehrer, hat eine Zeit lang auch solche ausgebildet, im Winter ist er Skilehrer, im Sommer Kite-Instruktor. «Mittlerweile ist der Wassersport meine grosse Leidenschaft», sagt er. Im Herbst verbringt er die Ferien als Instruktor auf einem Katamaran. Auch sportlich wagt der 57-Jährige also immer Neues. «Das macht mir Spass.»
Gleiches sagt er über seine neue Arbeit in Jonen. Und hier plant er, nicht noch weitere Erfahrungen an neuen Orten zu machen. «Ich kann mir gut vorstellen und würde mir wünschen, hier bis zu meiner Pension zu bleiben. Ich fühle mich wohl hier an der Schule, auch in der Kreisschule, in Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, einfach rundum.»