Theater für Alain Berset
03.08.2023 Unterlunkhofen, KelleramtHumoristisch-kritische 1.-August-Ansprache von Paul Steinmann in Unterlunkhofen
Er wurde in Villmergen geboren und beschäftigt sich zeitlebens mit dem Theater. Paul Steinmann schreibt nicht nur Theaterstücke. Aus seiner Feder stammen über 40 Kindersendungen ...
Humoristisch-kritische 1.-August-Ansprache von Paul Steinmann in Unterlunkhofen
Er wurde in Villmergen geboren und beschäftigt sich zeitlebens mit dem Theater. Paul Steinmann schreibt nicht nur Theaterstücke. Aus seiner Feder stammen über 40 Kindersendungen und zig Beiträge für die Samstagnachmittagssendung «Zweierlei» auf SRF 1. Am 1. August teilte er seine Gedanken mit der Bevölkerung von Lunkhofen.
«Ich hatte einen Traum.» Es sind die ersten Worte in Paul Steinmanns Rede. Bundesrat Alain Berset sei in seinem Traum erschienen und habe ihn gebeten, ihm zu seinem Abschied ein Theaterstück zum Thema «Die Schweiz» zu schreiben. «Ein Theaterstück im Auftrag des Bundespräsidenten, was für eine Ehre.» Es sollte eine moderne, gendergerechte und politisch korrekte Komödie werden im Stil einer Liebschaft zwischen einem Fahnenschwinger aus dem Freiamt und einer Hip-Hopperin aus der Westschweiz, die nach einer Zugfahrt ins Tessin in einer Dorfkirche in der rätoromanischen Schweiz heiraten. «Leider war Herr Berset nicht sehr glücklich mit dieser Idee. Also doch lieber eine Tragödie?»
Zum Beispiel Steinmanns eigene Tragödie als kleiner Schweizer, der die Probleme der grossen Welt nicht zum Verschwinden bringen kann? Ein Beispiel: «Wenn an einer UNO-Konferenz darüber gestritten wird, welche Waffensysteme wohin verkauft werden sollen, und man gleichzeitig sieht, was gerade in der Ukraine passiert, dann blicke ich wirklich nicht durch.» Gut, er sei weder Militärexperte noch Politiker, aber er wisse, dass Geschäfte gemacht werden, wenn es die Möglichkeit dazu gibt. Auch mit Waffen. «Und wenn es Waffen gibt, werden sie auch gebraucht. Eigentlich eine Tragödie. Aber was kann ich dagegen tun?»
Keine Tragödie, sondern ein Heimattheaterstück
Mit einem Seitenblick auf Herrn Berset habe er sich doch gegen eine Tragödie entschieden. «Es wäre zu traurig geworden oder zu böse.» Ein Stück mit dem Thema «Die Schweiz» kann für Paul Steinmann nur eines sein: ein Heimattheaterstück. In einem solchen Stück gehe es nicht um Politik, Weltgeschichte und Wirtschaftsfragen, sondern um Liebe, Neid, Stolz, Eifersucht und Geiz. «Es geht um uns und um unsere Heimat.» In diesem Moment sei er aus seinem Traum erwacht.
Nun sei er da gelandet, wo er mit seiner Rede hinwollte: zu Hause. Doch was ist Heimat? «Heimat ist für mich nicht unbedingt ein Ort, sondern eine Beziehung: Heimat sind Menschen, die mich verstehen und die ich verstehe», so Steinmann. Heimat sei Vertrautheit oder Vertrauen oder wenn man die Werbespots im Fernsehen oder Radio mitsingen könne. Er fügt zahlreiche andere Beispiele an, was für ihn Heimat bedeutet, und zaubert damit den Zuhörern ein Lächeln ins Gesicht oder erhält von ihnen ein zustimmendes Kopfnicken.
Einiges hat sich in 50 Jahren verändert
Paul Steinmann erzählt aber auch vom Geschichtsunterricht aus der fünften Klasse, damals in den 60er-Jahren. Dort lernte er die Geschichte der Schweiz kennen, die sich die Bevölkerung am 1. August immer wieder erzählt. Er nimmt Bezug auf das Frauenbild von damals und heute: «In den 50 Jahren hat sich einiges bewegt. Wir haben unterdessen gute Frauen im Parlament und in den Regierungen.» In seiner Klasse war damals auch ein erstes Ausländerkind: Marco Bugatti aus Italien. Mit einem Gedicht über Wilhelm Tell, das Marco Bugatti am Schlussexamen vorgetragen hatte, schliesst Steinmann seine Rede und sorgt beim Publikum für einige Lacher.
Das Publikum ist begeistert und bedankt sich mit einem tosenden Applaus für den Auftritt. Eine Frau ist derart begeistert, dass sie Paul Steinmann nach der Rede fragt. Auch Gemeindeammann Peter Hochuli schliesst sich der Begeisterung an und bedankt sich beim Redner mit einem Geschenk. Ein rundum gelungener Abend neigt sich gegen 22 Uhr mit dem Gang zum Höhenfeuer dem Ende entgegen. --gro