Tausend Jahre erleben
28.11.2025 MuriMit einer Ausstellung auf dem Klosterareal soll 2027 Jung und Alt in die Klostergeschichte eintauchen
Die Geschichte am eigenen Leib erfahren – das will die Ausstellung «Potztausend – Erlebnis Zeit». In Erwachsenen und in Kindern Faszination und ...
Mit einer Ausstellung auf dem Klosterareal soll 2027 Jung und Alt in die Klostergeschichte eintauchen
Die Geschichte am eigenen Leib erfahren – das will die Ausstellung «Potztausend – Erlebnis Zeit». In Erwachsenen und in Kindern Faszination und Begeisterung für das Kloster und dessen Vielfalt an Themen wecken. Hinter dem Projekt stehen mit Christoph Zurfluh und Nicole Laubacher zwei Murianer.
Annemarie Keusch
Es ist eine dieser köstlichen Geschichten. Und eine, die kaum jemand mehr kennt. Muri war einst ein Pilgerort? Ein Wasserkurort? Ohne Mineralquelle. Aber mit guter Überzeugung. 30 Jahre lang pilgerten Tausende Menschen nach Muri, um vom Wasser des Heiligen Leontius zu trinken und solches mit nach Hause zu nehmen. Am Lonzi-Brunnen also. «Hinkend ins Hotel, ohne Beschwerden wieder raus. Die Murianer wussten sich zu vermarkten, und auch der Dorfarzt spielte mit», erzählt Historiker Christoph Zurfluh. Heute weiss man, dass Leontius Reliquien wertlos sind, dass das Wasser des Lonzi-Brunnens nicht anders, geschweige denn heilend ist. Trotzdem, hier wird eine der Stationen sein – samt Wasser-Degustation natürlich. «Es ist ein Beispiel dafür, wie wir die Geschichte erlebbar machen und wie wir fast vergessene, auch lustige Geschichten erzählen wollen.»
«Potztausend – Erlebnis Zeit». Noch ist es der Arbeitstitel. Dahinter stehen Christoph Zurfluh und Nicole Laubacher. Ein Historiker und eine Grafikerin. Beim Freilicht-Theater «Amerika» war er der Autor, sie Co-Produktionsleiterin. «Wir freuen uns sehr, den Klosterhof ein zweites Mal zu bespielen.» Natürlich auf ganz andere Art.
Grosse Zahl greifbar machen
Tobias Holzer ist Projektleiter des Gedenkjahres 2027, wenn das Kloster Muri sein 1000-Jahr-Jubiläum feiert. Er betont: «Die Ausstellung ist eines unserer wichtigsten Teilprojekte. Es soll die Geschichte auf eine andere Ebene bringen.» Keine klassische Ausstellung, wie es in den Murianer Museen schon auf ganz vielfältige Weise geboten wird. «Ergänzend», sagt Holzer.
Darum überzeugte ihn das Konzept von Laubacher und Zurfluh derart. Weil es sich nicht auf einen Raum beschränkt, sondern weil es das gesamte Klosterareal bespielt. «Es ist uns wichtig, diese Grösse erfahrbar zu machen», sagt Laubacher.
Überhaupt, am Anfang ihres Konzepts stand die Zahl 1000. «Nicht greifbar, nicht vorstellbar. Diese Zahl wollen wir zum Erlebnis machen.» Der Titel «Potztausend» ist ein Beispiel dafür. Dass rund tausend Schritte notwendig sein werden, um die zehn Stationen zu erleben, ein weiteres. Tausend Themen rund um die lange Geschichte des Klosters gäbe es alleweil. Laubacher und Zurfluh beschränken sich auf zehn Überbegriffe. Zehn Stationen werden verteilt sein auf dem Klosterareal – verbunden durch Fussabdrücke, die den Weg zeigen. Der offizielle Start ist beim Pavillon auf dem Klosterhof, einsteigen kann man aber überall. «Niederschwellig soll es sein, das ist uns wichtig.»
Eine Art Stolpersteine zum Erleben und Schmunzeln
Ein Teil dieser Niederschwelligkeit zeichnet sich auch dadurch aus, dass die einzelnen Station nicht mit langen Texten überladen sein werden. Wer will, kann jeweils einen QR-Code scannen und mehr erfahren. Vielleicht ein Mönch, vielleicht auch einmal der Klostergärtner werden per Videoguide erzählen. «Ähnlich einer szenischen Führung, einfach via Smartphone», sagt Nicole Laubacher. Direkt angesprochen werden so nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder. Extra für sie entwickeln Zurfluh und Laubacher pro Posten eine zweite Erzählung. «Das Bewusstsein für das Kloster soll ganz stark auch bei Kindern geschaffen werden», findet auch Tobias Holzer.
Zudem werden auf dem Weg eine Art Stolpersteine verteilt. Mal sind es lustige Geschichten, die erzählt werden. «Wir machen uns dabei über nichts lustig, aber zum Schmunzeln soll die Ausstellung auch sein», sagt Christoph Zurfluh. Ganz oft sind es aber Möglichkeiten, damit die Besucherinnen und Besucher die ganz unterschiedlichen Aspekte der langen Klostergeschichte selbst erleben. Im Höfligarten der Pflegi, wo Apotheke und Gesundheit behandelt werden, die Heilkräuter riechen, sie anfassen. An der Station der Bücher und der Bibliothek die alte Schrift versuchen zu lesen. Auch Installationen wird es geben. Etwa beteiligt sich die gesamte Schule am Themenbereich Kunst und Kultur. «Eine ganz tolle Sache», ist Christoph Zurfluh überzeugt. Alle mit der Ausstellung versuchen anzusprechen, ist das eine. Sie miteinzubinden, ein Teil davon werden zu lassen, das andere. «Was genau entsteht, ist noch unklar. Aber es ist toll, das so viele Kinder und Jugendliche mitmachen werden.»
Eröffnung am 13. März 2027
Bibliothek, Schule, Apotheke. Es sind nur Beispiele für das, was es in Muri dank dem Kloster früher überhaupt gab. «Das wollen wir zeigen, weil es vielen Menschen schlicht nicht mehr bewusst ist.» Auch die Verbindung zu den Habsburgern. «Dass ihnen einst quasi ganz Europa gehörte, ist kaum mehr präsent», weiss Nicole Laubacher.
Seit rund einem Jahr steht das Konzept für die Ausstellung, jetzt geht es an die Details. Daran, zu prüfen, was überhaupt wie realisiert werden kann. Daran, mit den jeweiligen Grundeigentümern darüber zu sprechen, was wo installiert und aufgestellt werden darf. Und es geht darum, die Inhalte zu definieren. Zeit bleibt genug, am 13. März 2027 ist die Eröffnung mit dem Pavillon und dem Kloster-Radio auf dem Klosterhof. «Wir freuen uns riesig, Teil davon zu sein», sind sich Nicole Laubacher und Christoph Zurfluh einig.


