Stichentscheid vor dem Abschied
05.12.2023 Tägerig, Region UnterfreiamtAn der «Gmeind» in Tägerig wurde Ammann Beat Nietlispach verabschiedet
Nach 14 Jahren im Gemeinderat und mehr als sechs Jahren als Gemeindeammann wurde Beat Nietlispach bei der «Gmeind» feierlich verabschiedet. Zuvor musste er noch eine turbulente ...
An der «Gmeind» in Tägerig wurde Ammann Beat Nietlispach verabschiedet
Nach 14 Jahren im Gemeinderat und mehr als sechs Jahren als Gemeindeammann wurde Beat Nietlispach bei der «Gmeind» feierlich verabschiedet. Zuvor musste er noch eine turbulente Versammlung leiten.
Beat Nietlispach hatte im Juli seinen Rücktritt auf Ende Jahr bekannt gegeben. Die Laudatio hielt Nietlispachs Amtsnachfolger und bisheriger Vize Thomas Widmer. «Danke für Zeit, für Energie, für Kraft, für Witz, für Ausdauer und politisches Interesse, die du zum Wohl unseres Dorfs investiert hast», sagte er. «Es war eine tolle Zeit. Ich durfte mit tollen Leuten das Dorf gestalten», erwiderte der sichtlich gerührte Nietlispach.
An der Versammlung selbst ging es nicht ganz so harmonisch zu und her. Als es um die Sanierung des Grütwegs ging, schlugen die Wellen in der vollbesetzten Mehrzweckhalle in Tägerig hoch. Das entsprechende Traktandum war in drei Kredite aufgeteilt: 290 000 Franken für Strassenbau, 40 000 Franken für Beleuchtung sowie 195 000 Franken für die Wasserversorgung. So weit, so unstrittig. Doch im Zuge der notwendigen Belagssanierung sollte nach dem Wunsch des Gemeinderats auch die Strassenbreite auf bis zu 6,60 Meter vergrössert und zur Verkehrsberuhigung an zwei Stellen wiederum durch Einbuchtungen mit Pollern auf 3,20 Meter verengt werden. Darüber hinaus sollten zwei seitliche Parkplätze sowie ein «Aargauer Trottoir» markiert werden.
Anstösser sind unzufrieden
Die Anstösser, denen die Verkehrsberuhigungselemente eigentlich zugute kommen sollten, waren alles andere als beruhigt: «Ich glaube den Worten des Gemeinderats nicht mehr», sagte Christian Bertschinger, Präsident der Finanzkommission und Anwohner am Grütweg. Er wies darauf hin, dass der Gestaltungsplan für das Quartier Floss- und Stockacher noch nicht rechtsgültig beschlossen sei. Dieser sieht unter anderem eine mögliche Anbindung des Quartiers über den Grütweg vor. Er befürchte wesentlich mehr Verkehr am Grütweg, so Bertschinger. Er beantrage daher die Rückweisung des Geschäfts an den Gemeinderat.
«Fakt ist, es wird mehr Verkehr geben», entgegnete Gemeindeammann Beat Nietlispach auf die kritischen Voten. Es sei aber im Gestaltungsplan klar niedergeschrieben, dass maximal 30 Prozent des Mehrverkehrs über die Strasse gehen dürften, ansonsten müsse die Gemeinde Massnahmen zur Verkehrsberuhigung ergreifen. Ob die Erschliessung des neuen Quartiers letztlich über den Grütweg erfolge, sei zudem Bestandteil der laufenden Einspracheverhandlungen, die bereits in wenigen Tagen stattfänden.
In der Folge kam es zu hitzigen Debatten über die Massnahmen. Eine Anwohnerin kritisierte, dass die Anstösser nicht von Anfang an in die Planung miteinbezogen worden seien. Es sei keine «Sanierung», sondern ein «Ausbau», bemerkte ein weiterer Stimmberechtigter. «Das ist eine riesige Verkehrsf läche, das macht man heute nicht mehr», erklärte er. Andere sahen dies anders, es habe mehrfach Probleme gegeben, wenn der Müllwagen oder die Grüngutabfuhr wegen parkierender Fahrzeuge nicht mehr durchgekommen seien. Auch sei die Sicherheit heute nicht genügend.
Showdown mit Stichentscheid
Dann galt es ernst. Gemeindeammann Beat Nietlispach liess zunächst über den Rückweisungsantrag von Christian Bertschinger abstimmen. Das überraschende Ergebnis: ein Patt von 37 Ja- zu 37 Neinstimmen. «Ich bedauere das sehr», sagte Nietlispach und wies den Antrag per Stichentscheid ab.
Die Quittung folgte dann in der separaten Abstimmung: Zwar wurde den Krediten für Beleuchtung und Wasserversorgung klar zugestimmt. Der Strassensanierung erteilte der Souverän mit 43 Nein- zu 35 Jastimmen aber eine knappe Abfuhr. Nun muss der Gemeinderat mit dem beteiligten Ingenieurbüro über die Bücher. Ein Referendum scheint ebenfalls nicht ausgeschlossen.
So engagiert die Diskussion geführt wurde, am Ende herrschte dann wieder Harmonie im Saal, als Gemeindeammann Beat Nietlispach unter grossem Applaus aus dem Amt verabschiedet wurde. --rb