Spezielle Wende
08.11.2024 Politik, KolumneNachdem die Totalrevision zum Schulgesetz an der letzten Grossratssitzung nicht fertig beraten werden konnte, stand auch diesmal die Bildung im Fokus. Die erste Beratung der beiden Entwürfe zum neuen Volksschulgesetz und zum neuen Mittelschulgesetz musste fertig beschlossen werden. Bevor ...
Nachdem die Totalrevision zum Schulgesetz an der letzten Grossratssitzung nicht fertig beraten werden konnte, stand auch diesmal die Bildung im Fokus. Die erste Beratung der beiden Entwürfe zum neuen Volksschulgesetz und zum neuen Mittelschulgesetz musste fertig beschlossen werden. Bevor es zu den Hauptanträgen kam, wurde kontrovers debattiert. Erneut standen mehrere Prüfungsanträge zur Diskussion und phasenweise glich die Beratungssitzung im Grossen Rat einer Sitzung in der BKS-Kommission. Dabei wurde einem deutlich aufgezeigt, wie stark die Bildungspolitiker, in der Rolle von Schulleitern oder Lehrpersonen, in diesem Parlament vertreten sind. Ohne die grossen Würfe zu platzieren, wurde nach mehreren Stunden Beratung geschlossen den beiden Hauptanträgen mit 125:0 zugestimmt. Auf die zweite Beratung in Anwesenheit der neuen Regierungsrätin darf man gespannt in die Zukunft blicken.
Als kleiner Tiefpunkt in der ganzen Debatte darf erwähnt werden, dass der Grosse Rat zur Thematik Strafregister-Auszüge für Lehrpersonen von seiner einstigen Haltung wieder Abstand genommen hat. Die Motion hatte vor zwei Jahren gefordert, dass Lehrpersonen bei Stellenantritt und danach periodisch, zum Beispiel alle 5 bis 10 Jahre, einen Strafregisterauszug vorzulegen hätten. Dieser Vorstoss wurde damals von 92 Grossrätinnen und Grossräten, hauptsächlich aus den Parteien SVP, EVP, SP, Grüne und FDP, unterstützt. Zwei Jahre später wollte die Mehrheit im Grossen Rat nichts mehr davon wissen. Sie kippten diesen Passus wieder aus dem Gesetz und folgten dem Minderheitsantrag der FDP, welche dafür verantwortlich war. Der grösstmögliche Schutz und die Sicherheit für die Kinder standen nicht mehr im Vordergrund. Vielmehr wurden die gültige Strafprozessordnung, die Informationspflicht der Staatsanwaltschaften sowie der grosse administrative Aufwand für die Anstellungsbehörden in den Vordergrund gestellt. Speziell!
Zum Schmunzeln verhalf dafür das Votum von Grossrat Harry Lütolf, Mitte, als er bei seinem Prüfungsantrag im Namen seiner Partei und der SP sprach und dann postwendend von der Sprecherin der SP belehrt wurde, dass niemand, ohne gefragt zu werden, für die SP sprechen müsse.
Beim letzten Traktandum der 115. Ratssitzung wurde es emotional. In einer Motion der FDP wurde eine flächendeckende Einführung von Förderklassen im Kanton gefordert. Dem integrativen Unterricht sollte der Stecker gezogen werden. Wie zu erwarten, marschierten auch bei diesem Geschäft die Bildungspolitiker in grosser Anzahl ans Rednerpult und zum Erstaunen vieler wurden einige Mängel beim integrativen Unterricht angesprochen. Bei der Ursache und den Massnahmen gingen die Meinungen aber weit auseinander. Während Mitte-Links mehr Ressourcen und Mittel für den Unterricht forderte und dabei auf die hohen Kosten einer Einführung von Kleinklassen verwies, waren FDP und SVP der Meinung, der integrative Unterricht sei gescheitert und müsse beerdigt werden. Nach einer eigenartigen Argumentation des Regierungsrats, der sich im Grundsatz gegen die Abschaffung des integrativen Unterrichts aussprach und dennoch ein gewisses Verständnis für das Anliegen zeigte, stimmte die Mitte-links-Mehrheit im Parlament gegen die Überweisung.