Sie hat es wieder getan
21.11.2023 Sport, KampfsportVom Bett aufs Podest
Karate: Angela Felber wird Vize-Weltmeisterin
Im letzten Jahr holte sie Bronze an der WM. Damals war es eine kleine Sensation und der grösste Erfolg für den Karateclub Anglikon, wo Angela Felber seit Jahren trainiert. Jetzt ...
Vom Bett aufs Podest
Karate: Angela Felber wird Vize-Weltmeisterin
Im letzten Jahr holte sie Bronze an der WM. Damals war es eine kleine Sensation und der grösste Erfolg für den Karateclub Anglikon, wo Angela Felber seit Jahren trainiert. Jetzt schafft sie den noch grösseren Coup. An der Weltmeisterschaft in Holland schafft es die Sarmenstorferin (die in Wohlen wohnt) in den Final und gewinnt am Ende die Silbermedaille. Besonders: Noch letzte Woche lag sie mit einer starken Angina krank im Bett, musste Antibiotika schlucken. Die Vorbereitung war also alles andere als optimal. «Dass ich nun Vize-Weltmeisterin bin, ist doch ziemlich surreal», sagt Felber, die von ihrem Verein am Flughafen in Kloten gebührend empfangen wurde und es jetzt ruhig angehen wird. --spr
Das schaffte keine Schweizerin vor ihr – Angela Felber schon wieder auf dem Weltmeisterschafts-Podest
Letzte Woche krank im Bett, jetzt Vizeweltmeisterin im Vollkontakt. Angela Felber vom Karate-Club Anglikon beschert ihrem Verein den grössten Erfolg der Vereinsgeschichte. Die Sarmenstorferin (die in Wohlen wohnt) ist die erste Schweizerin, die es zwei Mal auf ein Podest an einer Karate-WM schafft. «Unglaublich», meint sie.
Stefan Sprenger
Am Flughafen wird sie mit Kuhglocken, Schweizer Fahnen und viel Applaus empfangen. Angela Felber dachte eigentlich, dass nur ihre Eltern kommen. Doch der Karate-Club Anglikon fährt mit Präsident Peter Hubschmid und vielen Clubmitgliedern (samt Anhang) in Kloten ein und feiert seine Vizeweltmeisterin. «Das war unerwartet. Aber enorm schön», sagt die 27-Jährige.
Unerwartet und enorm schön war auch ihr Auftritt in Arnheim, Holland. Sie ist nur mit wenig Erwartungen an die Vollkontakt-Weltmeisterschaft des KWF-Verbandes gereist. Der Grund: «Vor ein paar Tagen lag ich mit Angina im Bett, musste Antibiotika nehmen. Die Vorbereitung war somit alles andere als optimal.» Aus der Not versucht sie das Beste zu machen. Heinz Muntwyler, Vizepräsident des KC Anglikon, meint: «Erstaunlich. Vor der WM war sie krank im Bett. Die Hoffnungen waren dann nicht sehr gross. Aber Angela ist eine Kämpferin und das hat sie eindrucksvoll gezeigt.» Ihr Motto hat sie vorgelebt: «Never give up.» Niemals aufgeben.
Im Final gegen erfahrene Kanadierin
Angela Felber meint: «Nach dieser Vorgeschichte konnte ich eigentlich nur gewinnen.» Was im Nachhinein clever war: Die Freiämterin kurierte ihre Krankheit vollends aus, bevor sie sich wieder dem Sport widmete.
An dieser Weltmeisterschaft, wo die besten Vollkontakt-Kämpfer der Welt dabei sind, legt Felber sehr stark los. Im Achtel- und im Viertelfinal besiegt sie ihre Gegnerinnen aus Holland und Polen bereits vorzeitig. Weil sie so dominant auftritt, sind diese Duelle bereits nach zwei Minuten entschieden. Auch den Halbfinal gegen eine Belgierin gewinnt sie souverän.
Im Final wartet mit Julie Lamarre aus Kanada eine enorm erfahrene Kämpferin. «Ich wollte Gold», sagt Felber. Sie habe sich gut gefühlt, doch gegen die starke Beinarbeit der Gegnerin erst gegen Ende des Kampfes ein gutes Mittel gefunden. «Ich zeigte einen guten Kampf, aber meine Gegnerin war besser. Das ist für mich völlig okay so. Ich lerne daraus», sagt Felber, die nicht enttäuscht ist, dass sie Gold verloren hat, sondern sich riesig über die Silbermedaille freut. Im letzten Jahr holte sie an der WM des IFK-Verbandes die Bronzemedaille. Damals war das eine kleine Sensation. Das ist es jetzt auch: Noch keine Schweizerin schaffte es, zwei Mal an einer WM auf dem Podest zu stehen. «Erst Bronze. Jetzt Silber. Es ist nochmals ein anderes Gefühl. Mega cool. Irgendwie surreal. Unglaublich. Ich brauche ein paar Tage, um das zu verarbeiten.»
Silber am Samstag. Empfang am Sonntag. Am Montag arbeitete sie schon wieder. Felber, die gemeinsam mit dem Spitzenschwinger Pirmin Reichmuth in Cham eine Physiotherapiepraxis betreibt, erledigt Büroarbeit von zu Hause aus. Die Sarmenstorferin, die seit zwei Jahren in Wohlen wohnt, erzählt dabei viele Randgeschichten dieser WM. Beispielsweise, dass Simone Muntwyler – Clubkollegin und Tochter von Heinz Muntwyler – mit dem Auto extra nach Holland reist, um sie zu unterstützen. «Sie ist verrückt», sagt Felber lachend.
«Sie ist verrückt» und «nur noch am Erbrechen»
Doch der Support ihres Anhangs war enorm wichtig. «Auf dem beleuchteten Tatami vor den vielen Zuschauern habe ich meine Leute immer gehört, wie sie mich anfeuerten. Das hat unglaublich motiviert.» Felber erzählt auch, dass die Innerschweizerin Sina Burri, die ebenfalls beim KC Anglikon trainiert, weniger Glück hatte an der WM. «Sie hat etwas Schlechtes gegessen zum Frühstück. Nach einer starken ersten Runde und einer kämpferisch starken Leistung war sie nur noch am Erbrechen.» Sie flog in der 2. Runde raus. Felber sagt: «Ich habe mein Essen von zu Hause mitgenommen. Im Nachhinein der richtige Entscheid.»
«Cool bleiben»
Felber wurde in diesem Jahr Schweizer Meisterin, gewann ein Turnier in Belgien und erreichte an der Europameisterschaft den 3. Rang. Diese Silbermedaille an der WM «ist das Grösste, was ich bisher erreicht habe». Das wurde am Samstag in Holland bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. Am Sonntag nahm sie es gemütlicher und feierte bei ihren Eltern mit einem guten Essen. Sportlich setzt sie die Latte nochmals höher. Und wer weiss, vielleicht wird es irgendwann Gold. «Cool bleiben», sagt Felber. Im Dezember fährt sie runter und pausiert, bevor es im neuen Jahr wieder losgeht. Im Mai wird der Karate-Club Anglikon die Vollkontakt-SM in der neuen Hofmattenturnhalle durchführen. «Das wird grossartig», meint Felber. Sie wird dabei das Aushängeschild sein.