«Schönster Tag im Schwingerleben»
18.06.2024 Sport, SchwingenVier Kränze für das Freiamt
Ein kleines Dorf namens Sarmenstorf räumt am Nordwestschweizerischen gleich drei Kränze ab. Dazu wird Niklas Stocker (Boswil) zum Neukranzer.
Sarmenstorf ist ein sportliches Dorf. Und das wurde am ...
Vier Kränze für das Freiamt
Ein kleines Dorf namens Sarmenstorf räumt am Nordwestschweizerischen gleich drei Kränze ab. Dazu wird Niklas Stocker (Boswil) zum Neukranzer.
Sarmenstorf ist ein sportliches Dorf. Und das wurde am vergangenen Sonntag wieder untermauert. Die Eidgenossen-Brüder Andreas und Lukas Döbeli holen sich am 116. Nordwestschweizerischen Schwingfest in Lausen den Kranz. Dazu krönt sich auch Pascal Joho zum Teilverbandskranzer. «Das ist richtig geil für Sarmenstorf – und auch für den Schwingklub Freiamt», sagt Joho. In Abwesenheit des bisherigen Saison-Dominators Joel Strebel, der sich vor einer Woche das Kreuzband riss, sorgen die Freiämter Schwinger im Baselland dennoch für Furore. Denn nebst den drei Kränzen der Sarmenstorfer gelingt auch Niklas Stocker aus Boswil ein grosser Coup. Er wird nach starker Leistung ein Neukranzer. Der 19-jährige Metzger sagt: «Das kam unerwartet, aber ich bin natürlich überglücklich. Es ist der schönste Tag in meinem bisherigen Schwingerleben.» --spr
Die Freiämter holen vier Kränze am 116. Nordwestschweizerischen Schwingfest in Lausen
125 Schwinger, 3500 Zuschauer und sackstarke Freiämter. Der Schwingklub Freiamt war wohl noch nie so breit und stark aufgestellt wie aktuell. Und das, obwohl Dominator Joel Strebel verletzt fehlt. Er tauchte dafür bei der Kranzparty in Boswil auf und gratulierte.
Stefan Sprenger
Es sind viele schöne Geschichten, die in der Freiämter Schwingerwelt am Sonntag geschehen sind. Beispielsweise der Fakt, dass gleich drei Sarmenstorfer einen Kranz holen. Da jubelt selbst der Gemeinderat lautstark. Wobei im Falle von Vizeammann Magnus Döbeli dies nicht sonderlich überrascht. Der frühere Topschwinger und Vater von Andreas und Lukas durfte die beiden Kränze der Söhne bejubeln und war überglücklich am Nordwestschweizerischen. Doch dass sich Sarmenstorfs Gemeindeammann Meinrad Baur (aus dem Ausland) meldet und gratuliert, ist doch ein Anzeichen dafür, dass im Baselbiet etwas Aussergewöhnliches geschehen ist. «Einmalig. Sackstark. Sarmenstorf holt drei Kränze. Gratulation», sagt Baur. Zudem gratuliert er auch dem Neukranzer Niklas Stocker, der zwar in Boswil wohnt, allerdings spielte er (wie auch dessen Vater Urs) einst beim FC Sarmenstorf.
Jetzt weht ein anderer Wind
Bleiben wir gleich bei Niklas Stocker. Der 19-Jährige kam durch seinen Cousin zum Schwingsport. Und dieser Cousin ist Yanick Klausner, der in der Freiämter Schwingerwelt bestens bekannt ist. Der Boswiler Stocker trainiert hart, investiert viel für das Schwingen, geht zudem ins Schleifer-Training zu Tommy Herzog. Er sagt: «Ich ging ohne Erwartungen in diesen Tag. Ich habe schnell gemerkt, dass ich wach bin und es rundläuft. Ich habe dann Gang für Gang genommen.» Stocker verliert nur einmal, stellt zwei Gänge, gewinnt dreimal. Der fünfte Gang ist sein bester, da bezwingt er den Kranzer Adrian Bruder.
Stocker wird von null zum Teilverbandskranzer. Dasselbe ist letzte Saison Dominic Strebel (Kallern) gelungen. Am Nordwestschweizerischen muss Strebel vier Niederlagen hinnehmen. Auch Stocker weiss, dass er mit dem neuen Status als Teilverbandskranzer nun einen weitaus raueren Wind spüren wird. «Es wird hart. Aber was man hat, das hat man», sagt er. Niklas Stocker, dessen jüngerer Bruder Luca auch schwingt, geniesst den Augenblick. «Es ist der schönste Tag in meinem bisherigen Schwingerleben. Ich brauche wohl noch ein paar Tage, bis ich es realisiert habe.» Sicher ist: «Ich bleibe am Boden.» Ambitionen wird er auch weiterhin haben, denn er wird auch weiterhin viel investieren. «Ich will für mich das Maximum herausholen», so Stocker, der sich auf Rang 7d mit 56,25 Punkten den letzten Kranz am Nordwestschweizerischen sicherte.
Andreas Döbeli war lange vorne dabei
Nahe am Maximum lief Andreas Döbeli phasenweise. Der Eidgenosse aus Sarmenstorf war lange ganz vorne mit dabei. Döbeli hatte ein starkes Notenblatt mit drei Eidgenossen. Einen stellt er (Kilian von Weissenfluh), einen gewinnt er (Benjamin Gaspany) und einen verliert er (Marcel Bieri). Die restlichen drei Gänge gewinnt er alle. Er sei «grundsätzlich zufrieden», wie Döbeli erklärt. Ausser mit dem vierten Gang gegen den späteren Festsieger Marcel Bieri aus der Innerschweiz (der bis vor wenigen Jahren in Rudolfstetten als Lehrer unterrichtete). «Ich habe meine Taktik verlassen und verloren. Ich war zu wenig konsequent, das wurde bestraft. Am Ende verpasse ich deshalb auch den Schlussgang. Im Nachhinein hätte ich da lieber einen Gestellten angepeilt, als auf Sieg zu schwingen.» Mit 57 Punkten auf Rang 4d holt er sich souverän den Kranz – und war dennoch nur drittbester Sarmenstorfer.
Lukas Döbeli hat Verletzung überwunden
Denn zwei andere aus dem Sportlerdorf Sarmenstorf sind in der Endabrechnung noch besser. Einer davon ist sein Bruder Lukas. Die aktuelle Saison verläuft für den Eidgenossen nicht wirklich nach Wunsch. Erst eine Kniebeutel-Entzündung, dann am Guggibad-Schwinget ein Muskelbündelabriss im Oberschenkel. Bis vor zwei Wochen konnte er nur bedingt trainieren. Doch nun scheint er wieder fit zu sein. «Ich war bereit», sagt Lukas Döbeli. Im Gegensatz zu seinem Bruder Andreas hat er nur einen Eidgenossen auf dem Notenblatt – und verliert gegen ihn (Adrian Odermatt). Doch nebst dieser Niederlage und einem Gestellten (gegen Mario Schneider) holt er sich vier Siege mit der Maximalnote 10. Nicht selbstverständlich nach solch einer Verletzungsgeschichte. «Ich bin zu 80 Prozent zufrieden. Gegen Odermatt darf ich nicht verlieren, da bin ich zu viel Risiko eingegangen. Allgemein hätte ich etwas aktiver und ideenreicher sein können», sagt Döbeli selbstkritisch. Für ein Comeback war dieser Kranzgewinn mit 57,25 Punkten auf Rang 3b aber schon mal ziemlich stark. Sein Bruder Andreas ordnet ein: «Lukas machte einen Schritt nach vorne, einen Schritt zu alter Stärke.»
Ein Dank an den Bruder
Ein mittelgrosses Phänomen in dieser Saison ist Pascal Joho. Am Solothurner, am Aargauer und jetzt am Nordwestschweizerischen Schwingfest holt er jeweils einen Kranz. Mittlerweile steht er bei vier Kränzen in seiner jungen Karriere. Faszinierend, wenn man bedenkt, dass der 19-Jährige bis vor wenigen Wochen kaum trainieren konnte aufgrund seiner Militärabwesenheit. Doch dieser Umstand hat ihn eher beflügelt als gehemmt. So sagt Joho: «Ich bin sehr zufrieden, es war ein super Tag. Ich bin überglücklich.» Joho holt vier Siege, verliert gegen Eidgenosse Kilian von Weissenfluh. Und gegen Michael Ledermann, ebenfalls Eidgenosse, gelingt ihm mit dem Gestellten ein Coup. «Nach diesem Duell war ich etwas kaputt», sagt er lachend. «Ich konnte es aber dennoch durchziehen und den Kranz holen.» Er holt sich 57,25 Punkte, landet gleich hinter Lukas Döbeli auf Rang 3c.
Joho – ein brennender Fan des FC Sarmenstorf – sagt: «Für unser Dorf ist das natürlich richtig geil. Auf der Rangliste sieht es auch dementsprechend toll aus. Unter den ersten sieben Schwingern sind drei Sarmenstorfer.» Das ist wohl einmalig stark.
Einen besonderen Dank möchte Pascal Joho noch absenden. Und zwar an seinen verletzten Bruder Philip. «Er wollte am Sonntag für seine Semesterprüfungen seines Jurastudiums lernen. Doch er konnte am Morgen nicht still sitzen und ist schliesslich nach Lausen ans Schwingfest gefahren, um mich zu unterstützen, das hat mich riesig gefreut.»
Und dann kam Joel Strebel
Für Neukranzer Stocker geht als Teilverbandskranzer das Schwingerleben nun so richtig los. Doch erst wurde am Sonntag in Boswil gefeiert. Sein Onkel betreibt ein «Stübli» während der Fussball-EM. Dort traf sich die Freiämter Schwingerwelt auf ein Bier. Und auch Joel Strebel, der Saison-Dominator, der sich letzte Woche das Kreuzband riss, kam vorbei, um zu gratulieren. «Das hat mich sehr gefreut», sagt Stocker. «Das haben wir alle sehr geschätzt», sagt Lukas Döbeli. «Das beweist unseren Zusammenhalt», sagt Andreas Döbeli. Und dieser Teamgeist ist wohl auch ein Geheimrezept für den aktuellen Erfolg des Schwingklubs Freiamt.