Thomas Stöckli, Redaktor.
Gross war das Staunen, als vor wenigen Wochen an einem Freitagmittag die Abholungs-Einladung der Post im Briefkasten lag: Ein Brief per Einschreiben aus dem Vatikan? Wenn das der Fantasie nicht Engelsflügel ...
Thomas Stöckli, Redaktor.
Gross war das Staunen, als vor wenigen Wochen an einem Freitagmittag die Abholungs-Einladung der Post im Briefkasten lag: Ein Brief per Einschreiben aus dem Vatikan? Wenn das der Fantasie nicht Engelsflügel verleiht …
Für die Erfüllung meines Kindheits-Berufstraums hätte das Zitat von Johannes XXIII. (1881–1963) gesprochen. «Papst kann jeder werden», hat der gesagt. Und angefügt: «Der beste Beweis dafür bin ich selbst.» Dass es bei mir (noch) nicht geklappt hat, wissen Sie sicher. Robert Francis Prevost hat das Rennen gemacht. Seine ersten Worte als Papst Leo XIV. an die Menschen auf dem Petersplatz – «Der Friede sei mit Euch allen» – kann ich voll unterschreiben. Nicht spektakulär, aber sympathisch. Und mehr als das profane «Buona sera», mit dem Vorgänger Franziskus loslegte. Der hatte sein Pulver schon vor dem grossen Auftritt verschossen: «Möge Gott euch vergeben für das, was ihr getan habt», soll er zu den Kardinälen gesagt haben, als sie ihn zum Nachfolger Petri gewählt hatten.
Mal vorausgesetzt, der Fachkräftemangel hätte sich bis ganz nach oben ausgebreitet und der ominöse Brief aus dem Vatikan wäre tatsächlich vom Headhunter der Kurie gekommen. Soll man den Job überhaupt annehmen? Ein Umzug nach Rom liesse sich da ja kaum vermeiden. Und mein soziales Netz hier im Freiamt möchte ich ungern gegen das Kardinalskollegium eintauschen. Die Uniform der Schweizergardisten finde ich zwar cool, aber ständig davon umgeben sein? Und da wäre dann ja auch noch die Sache mit dem Zölibat ...
Zeit für diese Gedanken und ähnliche bleibt reichlich. Der Brief liegt erst am Folgetag zur Abholung bereit. Am Samstagmorgen geht es also zur örtlichen Postagentur. Erst hat die Volg-Mitarbeiterin einen anderen Brief in der Hand. Dann fällt das Versehen auf und sie reicht mir den richtigen. Meinen Brief. Den aus dem Vatikan. Der Inhalt könnte kaum enttäuschender sein: Statt Absolution zu erteilen, werde ich sie weiter erbitten müssen. Ganz Konkret für eine Tempoüberschreitung in den Familienferien in Italien. Ein Unternehmen, das mit dem Vatikanischen Postdienst verbunden ist, treibt nämlich Bussgelder im Ausland ein. 30 Euro für 8 Stundenkilometer.