Parat, die Welt zu erobern
23.08.2024 MuriAm Lehrlingsaward werden Lehrabgänger, Familien und Ausbildner gefeiert
Von einem Team von anfangs 3 Personen zu 220 Festangestellten und 350 Freelancern. André Richner zeigte den Weg von der Firma Richner Blachen bis zur heutigen Richnerstutz AG. Er motivierte ...
Am Lehrlingsaward werden Lehrabgänger, Familien und Ausbildner gefeiert
Von einem Team von anfangs 3 Personen zu 220 Festangestellten und 350 Freelancern. André Richner zeigte den Weg von der Firma Richner Blachen bis zur heutigen Richnerstutz AG. Er motivierte die Lehrabgänger aber vor allem, das zu tun, wofür ihr Herz schlägt.
Annemarie Keusch
Es ist anders. Vor ihm sitzen nicht Leute, die er von den Produkten der Richnerstutz AG überzeugen will. Es geht bei diesem Referat nicht darum, den Umsatz zu steigern. «Sondern darum, jungen Leuten etwas mit auf den Weg zu geben – und sie nicht zu langweilen», meinte André Richner. Der Verwaltungsratspräsident der Richnerstutz AG ist sich solche Auftritte gewohnt, aber eben vor anderem Publikum. «Ich habe mich selten auf ein Referat derart vorbereitet wie auf dieses», gesteht er. Auch er absolvierte einst eine Lehre, wie es die Lehrabgängerinnen und -abgänger im Festsaal taten. Sein Weg ging weiter, schon ein Jahr nach Lehrabschluss gründete er mit seinem Bruder und seinem Vater die Firma Richner Blachen, acht Jahre später übernahm er diese alleine. 2005 folgte der Zusammenschluss mit André Stutz – «der übrigens einst mit mir die KV-Lehre absolvierte» – zur Richnerstutz AG. In Sachen Werbe- und Kommunikationsmassnahmen im Aussenund Innenbereich ist die Firma schweizweit führend.
Was nach einer linearen Erfolgsgeschichte tönt, war keine. Richner übernahm das Geschäft damals alleine, nachdem sein Vater verunfallt war. Zwar wuchs das Unternehmen innerhalb eines Jahres von 3 auf 15 Mitarbeitende, aber es folgten schwierige Zeiten. «Der grösste Kunde ging konkurs und als die Bank auch noch das Kontokorrent strich, hatte ich Angst.» Einen Ausweg fand Richner immer. Auch vor vier Jahren. Der 1. März 2020 habe sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Der Tag, an dem auf bundesrätlichen Beschluss alle Veranstaltungen pandemiebedingt abgesagt werden mussten. Später wird Urs Beyeler, Präsident des organisierenden Gewerbevereins Muri und Umgebung, Richner fragen, woher er die Kraft nimmt, in solchen Momenten weiterzumachen. «Die Werbebranche ist sich grundsätzlich Krisen gewohnt, aber in diesem Moment war mir einfach sonnenklar, dass ich dafür verantwortlich bin, dass die Leute ihren Job nicht verlieren.»
Sein Talent: Er tut, was er liebt
Einst waren es drei Leute, jetzt sind es 220 Festangestellte und 350 Freelancer. Der Weg, den André Richner als Unternehmer zurückgelegt hat, ist erfolgreich. Dass alle Leute ein Talent haben, davon ist er überzeugt. «Aber ich kokettiere nicht. Mein Talent ist nicht besonders gross. Aber ich liebe, was ich tue.» Ohne Freude und Herzblut werde es schwierig. Ohne Leidenschaft, die ihn viele Gedanken an sein Unternehmen verlieren lässt. Ohne Überzeugung, die ihn eingeschlagene Wege weitergehen lässt, konsequent. Und ohne Bereitschaft, einen Gedanken mehr zu investieren, eben die Zusatzmeile zu gehen.
Er wünscht den jungen Berufsleuten, dass sie genau das finden, etwas, das sie erfüllt, wofür sie brennen und wofür sie mit Überzeugung auftreten. «Das muss nicht heissen, dass alle Unternehmer werden. Die Wege sind ganz unterschiedlich, aber sie sollten Spass und Freude machen», ist Richner überzeugt. Auf seinem Weg stelle er sich immer wieder die Frage, was ihn einzigartig mache. «Tun Sie das auch, es tut gut, zu reflektieren und sich selber ins Zentrum zu stellen.»
Zurückschauen, um Weg zu erkennen
Beste Wünsche für die Zukunft überbringt auch Urs Beyeler, Präsident des Gewerbevereins Muri und Umgebung. Des Vereins also, dessen Mitglieder aktuell rund 250 Lernende ausbilden und dem die Stärkung der Berufslehre enorm wichtig ist. «Auf dem Weg des Lebens sind Sie nun einen grossen Schritt weiter.» Die Schule, die Berufswahl, die Schnupperlehre, Bewerbungen, Absagen, Druck – dies alles sei bestimmt schon weit weg. «Trotzdem, es macht Sinn, auch mal zurückzuschauen, um zu sehen, was man alles geleistet hat.» Sich in einem Team eingliedern, Leistungen erbringen, mit dem ersten Lohn umgehen. «Sie haben sich während der Lehre alle enorm entwickelt. Mit Ihrem Wissen, Ihrem Können sind Sie nun bereit, die Welt zu erobern. Die Lehre als Fundament für die Zukunft ist gelegt.»
Ähnliche Worte wählte auch Urs Widmer, Geschäftsleiter des Aargauischen Gewerbeverbands. Für ihn ist klar, dass der duale Bildungsweg der Königsweg ist. «Darum beneidet man uns im Ausland. Das gute Abschneiden vieler Schweizer Lernender an internationalen Wettbewerben zeigt, dass wir mit diesem System an vorderster Front dabei sind.» Er lobte die jungen Berufsleute für deren Engagement, Interesse und Verantwortung. Die Betriebe für ihre Bereitschaft, in die Zukunft zu investieren. Und die Eltern dafür, dass sie ihre Kinder auf dem Weg der Lehre begleiten. Weniger Lob gabs für die Politiker. Stattdessen forderte Widmer: «Schafft endlich Rahmenbedingungen dafür, dass die Berufslehre attraktiv bleibt. Denn die Wirtschaft ist auf erfolgreichen Berufsnachwuchs angewiesen.»