Nicht zu schade zum Fötzelen
28.11.2025 Niederwil, Region UnterfreiamtVizeammann Cornelia Stutz tritt nach 12 Jahren aus dem Gemeinderat zurück
Eigentlich wollte sie wieder in den Beruf einsteigen. Doch es kam anders. Statt für eine Bank engagierte sich Cornelia Stutz für die Gemeinde. Sie hat den Entscheid nie bereut. ...
Vizeammann Cornelia Stutz tritt nach 12 Jahren aus dem Gemeinderat zurück
Eigentlich wollte sie wieder in den Beruf einsteigen. Doch es kam anders. Statt für eine Bank engagierte sich Cornelia Stutz für die Gemeinde. Sie hat den Entscheid nie bereut. «Aber jetzt ist der richtige Moment, um zu gehen», sagt sie.
Chregi Hansen
Ende Jahr ist Schluss. Cornelia Stutz geht mit einem weinenden und einem lachenden Auge. «Ich werde es schon vermissen, nicht mehr alle Hintergründe zu einem Geschäft zu wissen. Ein Projekt von A bis Z zu kennen, das fand ich spannend», sagt sie.
Andererseits spürt sie eine gewisse Müdigkeit. Der Ressortwechsel vor vier Jahren – weg vom Sozialen und hin zur Schule – hat sie mehr gefordert als gedacht. «Aber wir wollten dieses Ressort nicht gleichzeitig mit der Abschaffung der Schulpflege einem der beiden Neuen im Gemeinderat zumuten. Zu viel war noch unklar», schaut sie zurück. Darum habe sie dem Wechsel zugestimmt. Und das hatte Folgen. «Ich bin eine, die es immer ganz genau wissen will. Die alle Akten und Unterlagen genau durchliest. Das braucht eben Zeit», sagt sie. Allgemein wurden in den letzten Jahren die Akten für den Gemeinderat umfangreicher. Von daher ist sie froh, ist Ende Jahr Schluss.
Die letzten zwei Geschäfte vertreten
Cornelia Stutz hat ihren Rücktritt auf Ende Amtsperiode frühzeitig bekannt gegeben. «Das war mir wichtig», sagt sie. An der kommenden «Gmeind» wird die Frau Vizeammann ihre letzten zwei Auftritte haben. Zum einen geht es um den Abbruch des Kindergartens «Riedmatt» sowie die Umgebungsgestaltung des Kindergartens Althau. Zum anderen vertritt sie als Abtretende die Vorlage zur Festlegung der Entschädigungen der Mitglieder des Gemeinderates. Der Aufwand für ein solches Amt sei hoch, weiss sie aus Erfahrung. Und soll darum auch honoriert werden. Aber das Amt bringe auch viel Positives mit sich. «Natürlich ist immer mehr von oben herab vorgegeben. Aber die Gemeinden haben noch Spielräume. Und diese gilt es zu nutzen, Und das tun wir in Niederwil», so die 60-Jährige.
Sie jedenfalls geht mit einem guten Gefühl. 2013 wurde sie erstmals gewählt. Dabei hatte sie für sich andere Ziele. «Meine Kinder waren schon grösser, und eigentlich wollte ich wieder in den Beruf einsteigen. Aber als Bankfachfrau war es schwierig, eine Anstellung mit einem kleinen Pensum zu finden. Da kam die Anfrage für eine Kandidatur gerade richtig», schaut Stutz zurück. Sie sagte auch darum zu, weil sie gut vernetzt war im Dorf und die Ideen der Menschen in den Rat transportieren wollte. Cornelia Stutz war Mitglied der Kirchenpflege, des Kirchenchors, der Landfrauen und der Frauengemeinschaft. «Von daher wusste ich, was die Menschen bewegt. Ihnen wollte ich eine Stimme geben.»
Das war nach der Wahl nur bedingt möglich, wie sie schnell gemerkt hat. «Die grosse Herausforderung der Politik liegt darin, den Bürgern zu erklären, warum gewisse Dinge eben so sind, wie sie sind», stellt sie fest. Schnelle Lösungen sind nur selten möglich, meistens sind die Probleme vielschichtig und es sind viele Rahmenbedingungen zu beachten. Auch der finanzielle Spielraum ist kleiner geworden. Umso wichtiger sei es, transparent zu sein und mit offenen Karten zu spielen. Aber auch andere Meinungen zuzulassen. «Ich habe beispielsweise grosses Verständnis, dass einige Vereine für eine andere Lösung beim Kultursaal gekämpft haben. Und es ist gut, dass wir darüber abstimmen konnten. Jetzt wissen wir, was die Mehrheit wünscht», macht Cornelia Stutz ein Beispiel.
Das Ja zur Asylunterkunft erfüllt sie mit Stolz
Dass es manchmal mehrere Anläufe braucht für eine gute Lösung, hat sie gleich zweifach erfahren. Erst bei der Suche nach einer neuen Asylunterkunft. «Dass es mir im zweiten Anlauf gelungen ist, die Bürger vom Bau einer eigenen Unterkunft zu überzeugen, darauf bin ich heute noch stolz», sagt sie. Und der Neubau habe sich für die Gemeinde als Glücksfall entpuppt. Auch beim Kindergarten brauchte es zwei Anläufe. Über das erste Projekt konnte wegen Corona nur an der Urne entschieden werden. «Da fehlte die Möglichkeit der Diskussion mit den Stimmbürgern», bedauert Stutz. Die zweite Variante mit dem Anbau an den bestehenden Kindergarten Althau und mit dem Bau der zusätzlichen FC-Garderoben fand dann die Unterstützung des Volks. Diesen Herbst konnte Cornelia Stutz das neue Bauwerk einweihen. «Das war ein schönes Gefühl. Denn bei der Asylunterkunft war nach dem bewilligten Kredit Martina Balmer für den Bau und die Einrichtung verantwortlich», erzählt sie schmunzelnd.
Spannende Begegnungen
Es sind aber weniger die Bauprojekte, die ihr in Erinnerung bleiben, sondern die vielen Begegnungen. Acht Jahre lang hatte sie das Ressort Soziales unter sich. Sie hat die meisten der Sozialhilfebezüger persönlich kennengelernt. Sie ging mit einigen von ihnen gemeinsam zum Fötzelen – eine Auflage, welche die Gemeinde den Bezügern gemacht hat. «Das waren spannende Momente. Man wusste nicht immer, was einen erwartet», schaut sie zurück. Durch die Gespräche hätten sich aber manchmal auch Türen aufgetan, konnten Betroffenen Jobs vermittelt werden. «Solche Begleitungen gehörten eigentlich nicht zu meinen Aufgaben. Aber ich habe es gern gemacht. Und die Sozialen Dienste hatten für so was leider keine Zeit.»
Niederwil sei ein aktives Dorf, sagt Cornelia Stutz, die vor 25 Jahren mit ihrem Mann in dessen Heimatdorf gezogen ist. Es gebe viele engagierte Vereine und Menschen, das gefällt ihr. Das zeigt sich auch in der Politik, die Geschäfte des Gemeinderates werden kritisch unter die Lupe genommen, an der «Gmeind» wird oft intensiv diskutiert. Aber das sei doch positiv, findet die abtretende Gemeinderätin. «Es zeigt, dass sich die Menschen für ihr Dorf einsetzen.» Wichtig ist ihr, dass man trotz aller unterschiedlichen Ansichten anständig miteinander umgeht. Und das sei bei ihr in den zwölf vergangenen Jahren mit einer Ausnahme immer der Fall gewesen. Auch im Rat selber war man nicht immer der gleichen Meinung. Und ging trotzdem nach jeder Sitzung noch zusammen in eine Beiz. Sehr zur Freude von Cornelia Stutz. «Das ermöglicht, die Sache positiv abzuschliessen. So musste man nicht mit einem schlechten Gefühl nach Hause», sagt sie.
Vieles ist in all den Jahren liegen geblieben
Niederwil sei gut aufgestellt für die Zukunft, ist die Gemeinderätin überzeugt. Die Gemeinde schaut für die Infrastruktur und die Menschen. Eine Herausforderung sei es, die vielen Neuzuzüger im Dorf zu integrieren. «Es läuft viel im Dorf. An den Anlässen nehmen oft die sowieso bereits aktiven Einwohner teil», stellt Stutz fest. Sie spricht aus Erfahrung, ist sie doch auch Präsidentin der Kulturkommission und an vielen Veranstaltungen an vorderster Front dabei. So kürzlich am Adventsmärt, für sie ein Herzensprojekt. «Es ist schön, wie viele Menschen hier jeweils zusammenkommen und sich austauschen.» Das Amt als Präsidentin wird sie auch weiterhin ausüben. Auch im KESD wird sie bis zur Abgeordnetenversammlung im Juni noch als Abgeordnete bleiben. Und dann an ihren Nachfolger übergeben.
Cornelia Stutz freut sich auf mehr freie Zeit. Sie ist vor Kurzem Grossmutter geworden und wird regelmässig ihr Enkelkind hüten. Und zu Hause sei in den letzten 12 Jahren einiges liegen geblieben. Dies will sie nun ordnen und aufräumen. Etwa die vielen Fotos auf dem Computer – daraus will sie einige schöne Fotobücher gestalten. «Das habe ich mir immer wieder vorgenommen. Aber dann kam stets etwas anderes dazwischen», lacht sie. Jetzt aber gibt es keine Ausrede mehr. «Es war eine schöne, interessante und lehrreiche Zeit. Aber jetzt ist der richtige Moment zu gehen», sagt sie zum Schluss.

